VIG: Vollkommen autonomes Fahren wohl erst in 20 Jahren
Versicherungen müssen aber jetzt schon über neue Konzepte
nachdenken - Autos mit technischer Unterstützung sicherer,
aber Einzelschäden teurer - Wandel von Kfz- zu
Mobilitätsversicherung
,Bis Herr und Frau Österreicher im eigenen Auto
Zeitung lesend fahren können, wird es wohl noch zwei Jahrzehnte
dauern. Nicht nur die Autos müssen dafür neu aufgestellt sein, auch
Versicherungen, Gesetzgeber und ganz besonders das Straßennetz
selber werden davor einem großen Wandel unterliegen, erwartet Doris
Wendler, Vorständin der Wiener Städtischen Versicherung.
Der Umbau des Straßennetzes, damit Kameras der autonomen
Fahrzeuge alles gut erkennen können, sei wahrscheinlich die größte
Herausforderung, meint Wendler. Wie können Radler am Radweg gut
erkannt werden, was tun bei Schneefall, der die Leitlinien
überdeckt, wie mit einem GPS-Ausfall umgehen - das seien noch
spannende Fragen. Auch einzelne Tests, etwa mit dem für 2018
geplanten autonomen Bus in Seestadt-Aspern, seien noch keine breite
Anwendung. In Seestadt seien die Straßen breit und gut strukturiert,
das Gebiet klar definiert. Übrigens sei dieser autonome Bus bei der
VIG innerhalb der üblichen Haftpflichtversicherung versichert.
Vorerst bietet aber auch der "Mischverkehr", wo ein Teil der
Fahrzeuge den Lenker in Einzelbereichen unterstützt, genug
Herausforderungen. Grundsätzlich verursachen Lenker mit technischer
Unterstützung weniger Unfälle. Die Schäden sind aber höher, weil die
Fahrzeuge und deren beschädigte Teile teurer sind. Im Schnitt werden
die einzelnen Schadensfälle pro Jahr im Kaskobereich um 100 Euro
teurer - derzeit sei man bei 1.500 Euro je Fall. In Summe merke die
Versicherung keinen Rückgang der Auszahlungen aus Kfz-Schäden, sagt
Wendler. Sie erwartet für die nächsten Jahre daher trotz zunehmender
technischer Unterstützung keinen Rückgang der Kfz-Prämien.
Langfristig, bei vollautonomem Fahren, sei eine Verbilligung aber
schon zu erwarten.
Für die Versicherer ist die Haftungsfrage logischerweise ein
großes Thema. Wer künftig bei technischen Defekten oder einem
Cyber-Angriff haftet, sei noch offen. Heute ist ein Parkschaden, der
von der autonomen Parkhilfe verursacht wurde, in der Haftpflicht
abgedeckt. Über künftige große Herausforderungen müsse aber noch
diskutiert werden. Das gelte ganz besonders für die
Cyber-Sicherheit, die noch viele Fragen offen lasse - nicht nur in
Autos, sondern im ganzen Haushalt. Ab wann gelte eine Haustüre als
versperrt, wer sei in einem Smart-Home dafür verantwortlich, das
Licht abzudrehen, wie könne man einen Einbruch nachweisen? Das seien
aber vor allem im Hintergrund Diskussionspunkte zwischen
Versicherern und Herstellern.
Wendler erwartet im Verkehrsbereich eine grundsätzliche
Veränderung im Versicherungsdenken. Junge Menschen seien oft, vor
allem in Städten, nicht mehr an einem eigenen Auto interessiert. Sie
würden sich aber durchaus für ihre verschiedenen Fortbewegungsmittel
von Car-Sharing über Bahn und Bus bis zum Fahrrad versichern wollen.
"Ich sehe einen Wandel von der Kfz- zur Mobilitätsversicherung
kommen", so Wendler. Derzeit müsse man sich so ein Angebot aus
verschiedenen Produkten "zusammenstoppeln". "Die Kunden werden uns
dazu bringen, dass ihre Mobilität versichert ist und nicht ihr
Fahrzeug." So ein Produkt werde "Step by step in den nächsten
Jahren" kommen, erwartet Wendler, die seit 1. Jänner das Ressort
Schaden-/Unfallversicherung in der Wiener Städtischen Versicherung
verantwortet.
(Schluss) tsk/kan
ISIN AT0000908504
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