"Konzernatlas 2017" warnt vor massiver Konzentration im Agrarsektor
Vier Konzerne stehen für 70 Prozent des Welthandels mit
Agrarrohstoffen - Drei Konzerne für Hälfte der Landtechnik -
Bald nur mehr drei für 60 Prozent des Saatguts und Pestizide
Sechs deutsche Umwelt-und Entwicklungsorganisationen
haben einen "Konzernatlas 2017" erstellt. Sie warnen darin vor einer
massiven Konzentration der Firmen im weltweiten Agrarsektor. Damit
bündle sich die Macht über Saatgut, Pestizide, Maschinen, Dünger und
Lebensmittelhandel bei einer Handvoll Firmen.
Vier Großkonzerne kontrollieren rund 70 Prozent des Welthandels
mit Agrarrohstoffen. Drei Konzerne dominieren 50 Prozent des
Weltmarkts für Landtechnik. Werden zwei jüngst angemeldete Fusionen
genehmigt, dann würden drei Konzerne mehr als 60 Prozent des
globalen Marktes für kommerzielles Saatgut und für Pestizide
beherrschen, schreiben die Autoren des Konzernatlas 2017.
Ähnliche Konzentrationen gebe es im Lebensmittelhandel - in
Deutschland etwa wickeln vier Ketten 85 Prozent des
Lebensmittelhandels ab; in Österreich haben mit Spar (Eurospar,
Interspar), Rewe (Billa, Merkur, Penny) und Hofer überhaupt nur drei
Händler eine ähnlich große Marktmacht.
In den vergangenen zwei Jahren (2015 und 2016) hätten fünf der
zwölf kapitalintensivsten Übernahmen börsennotierter Konzerne im
Agrar- und Ernährungsbereich stattgefunden. 2015 waren Fusionen von
Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelindustrie 347 Milliarden
Dollar (330 Mrd. Euro) wert - das war fünf Mal höher als der
Fusionswert in der Pharma- oder im Ölsektor.
Ein besonderer Brocken ist die angekündigte Übernahme des
Saatgut- und Gentechnikkonzerns Monsanto durch die deutsche Bayer.
Dadurch werde ein Agrarkonzern entstehen, "der ein Drittel des
weltweiten Marktes für kommerzielles Saatgut und ein Viertel des
Marktes für Pestizide dominieren und so die Art und Weise bestimmen
wird, wie auf den Äckern gewirtschaftet wird", warnt Hubert Weiger,
Vorsitzender der Organisation "Bund". Monsanto sei als Firma kaum
präsent, weil es unter verschiedensten Marken verkaufe. "Es besitzt
das Gros aller Gentech-Pflanzen, verkauft aber auch viele
konventionelle Saaten und hier insbesondere Gemüsesaatgut", heißt es
im Konzernatlas.
Werden die Fusionen erlaubt, "kommen Bayer-Monsanto, DuPont-Dow
und ChemChina-Syngenta ihrem Ziel näher: jeweils die
marktbeherrschende Stellung bei Saatgut und Pestiziden zu erreichen,
also Produkte, Preise und Qualitäten zu diktieren. Alle drei Gruppen
verfolgen die Strategie, andere Anbieter zu verdrängen und den
Wettbewerb so weit wie möglich auszuschalten, zur Not durch den
Aufkauf der Konkurrenz", so der Konzernatlas.
Der Konzernatlas zeigt auch Einzelbeispiele anderer dominanter
Unternehmen auf. Der singapurische Konzern Wilmar bewirtschafte
weltweit über 200.000 Hektar an Ölpalmen und kontrolliere auch einen
Teil der Verarbeitung. Wilmar sei der größte Hersteller von Speiseöl
weltweit und gehöre mehrheitlich dem Milliardär Robert Kuok. In
Indonesien gehören der Familie Widjaja über den Konzern Sinar Mas
mehr als 100.000 Hektar. In der Ukraine, dem drittgrößten
Maisexportland, kontrollieren zehn Konzerne 2,8 Millionen Hektar und
damit die Hälfte der Agrarfläche des Landes. Die Kernel-Gruppe,
finanziert durch westeuropäisches Finanzkapital, bebaue etwa 400.000
Hektar Land. Kernel sei der größte Getreideproduzent der Ukraine und
die Nummer drei in Russland.
Bei der Landmaschinen und Agrartechnik mit einem weltweiten
Volumen von zuletzt (2015) 112 Mrd. Dollar kontrollieren drei Firmen
die Hälfte des Umsatzes. Diese seien aber schwer zu erkennen, weil
sie durch den Ankauf verschiedenster Firmen gewachsen seien und die
alten Marken meist weiterführen, heißt es im Konzernatlas. Nummer
eins sei der US-Konzern Deere, dahinter CNH Industrial mit Sitz in
den Niederlanden, die zu Fiat gehören und zwölf Marken umfassen,
darunter Steyr aber auch Case, New Holland, Magirus und Iveco.
Nummer drei ist er US-Konzern AGCO. Die beginnende Digitalisierung
in der Landwirtschaft werde die Konzentration noch beschleunigen, da
sich die teure Technologie nur für große Firmen lohnt.
Bei Mineraldünger hat sich der Einsatz seit 1961 versechsfacht,
2013 machte der Absatz 175 Milliarden US-Dollar aus. Die größten
Player Agrium aus Kanada, Yara aus Norwegen und die Mosaic Company
aus den USA beherrschen zusammen 21 Prozent des globalen
Düngemittelmarktes. Sie betreiben eigene Minen und Fabriken. Wobei
der Düngerverbrauch je nach Land sehr unterschiedlich ausfällt: Je
Hektar sind es in China 557 kg, in Indien 158 kg, in Deutschland 204
kg und in den USA 140 kg.
( S E R V I C E: Die Herausgeber des Konzernatlas 2017 sind:
Heinrich-Böll-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Bund für Umwelt und
Naturschutz Deutschland (BUND), Oxfam Deutschland, Germanwatch und
Le Monde Diplomatique. Der Bericht ist zu finden unter:
http://www.bund.net/konzernatlas )
(Schluss) tsk/phs
ISIN DE000BAY0017
WEB http://www.monsanto.com/
http://www.bayer.de/