Nähe zur EU zieht Auslandsfirmen an den Westbalkan
Wiiw-Studie: Vor allem China, Japan und Südkorea investieren
in der Region - Investitionen in grüne Technologien werden
attraktiver
Internationale Unternehmen zieht es verstärkt an den
Westbalkan, besonders seit der Coronapandemie, die teils monatelange
Lieferkettenstörungen mit sich gebracht hat. Aufgrund der Nähe zur
EU und der qualifizierten Arbeitskräfte in den Ländern verlagern vor
allem Firmen aus China, Japan und Südkorea Produktionsstätten oder
andere Unternehmensaktivitäten in die Region. Auch Investitionen in
grüne Technologien und erneuerbare Energien werden attraktiver.
Das geht aus einer Studie des Wiener Instituts für Internationale
Wirtschaftsvergleiche (wiiw) in Zusammenarbeit mit den
Handelskammern der Westbalkanstaaten hervor. Das so genannte
"Nearshoring" findet vor allem in Bosnien-Herzegowina, Kosovo und
Nordmazedonien statt, wo die Zuflüsse ausländischer
Direktinvestitionen zwischen 2020 und 2023 deutlich über dem
langfristigen Durchschnitt lagen. Bei Nearshoring geht es um die
Verlagerung oder den Aufbau von Produktionsstätten in der EU oder
nahe gelegenen Regionen, um näher an den europäischen Absatzmärkten
zu sein.
Eine Befragung von 65 ausländischen Firmen, die im Westbalkan
investiert haben, ergab, dass die günstige geografische Lage,
qualifizierte Arbeitskräfte und niedrige Löhne die Hauptgründe für
ihre Investitionen sind. Allerdings wurden schlechte
Regierungsführung, Korruption, mangelnde Rechtsstaatlichkeit,
schwache Institutionen und unzureichende Infrastruktur als negative
Faktoren genannt. Trotz dieser Herausforderungen waren 72 Prozent
der Unternehmen mit ihrer Entscheidung zufrieden.
Ein weiterer Schwerpunkt der Studie lag auf der Anziehung von
Investitionen in grüne Technologien und erneuerbare Energien. Große
Projekte in diesem Bereich sind in Albanien, Bosnien-Herzegowina,
Montenegro, Nordmazedonien und Serbien zu verzeichnen. Zwei Drittel
der befragten ausländischen Unternehmen sehen den Westbalkan als
attraktiven Standort für grüne Investitionen, wobei viele von ihnen
ihre Investitionen erhöhen würden, wenn es Fortschritte bei der
Dekarbonisierung gäbe.
Eine Umfrage unter 382 lokalen Unternehmen zeigte, dass zwei
Drittel der Firmen mit Strategien zur CO2-Reduktion vertraut sind
und dies als wirtschaftliche Chance betrachten, die ihre
Exportchancen in die EU verbessern könnte. Allerdings sind sich die
Unternehmen einig, dass finanzielle Unterstützung notwendig ist, um
diese Ziele zu erreichen. "Wenn es lokalen Zulieferern gelingt, bei
der Ökologisierung Fortschritte zu machen, bietet ihnen das aus
unserer Sicht große Chancen, sich in internationale Lieferketten
einzuklinken und so zu wachsen", sagte Branimir Jovanović, Ökonom am
wiiw.
Jovanović betont, dass die Regierungen der Westbalkanstaaten
einheimische Firmen bei der grünen Transformation unterstützen und
die Zusammenarbeit mit ausländischen Unternehmen vertiefen sollten.
Besonders österreichische Firmen, die bei Umwelttechnologien stark
sind, könnten dabei eine wichtige Rolle spielen.
prtf/bel/ivn
ISIN
WEB http://www.wiiw.ac.at/
ISIN FR0000120321
WEB Paris