Linz/BAWAG-Prozess - Gemeinderat mehrheitlich für Vergleich
Stadt zahlt 12 Mio. Euro - Kein Kommentar von der BAWAG
Der Linzer Gemeinderat hat Donnerstagnachmittag
mehrheitlich den mit der BAWAG vergangene Woche vereinbarten
Vergleich bezüglich der Causa Swap 4175 beschlossen. Die Stadt wird
12 Mio. Euro zahlen. Damit der seit gut elf Jahren andauernde
Rechtsstreit tatsächlich beigelegt werden kann, benötigt es auch von
der BAWAG formell eine Gremiumsentscheidung. Die BAWAG wollte dies
auf Nachfrage der APA "nicht kommentieren", hieß es am Donnerstag
kurz.
Konkret sieht der gerichtliche Vergleich vor, dass die Stadt 8
Mio. Euro bis 28. Februar 2023 und 4 Mio. Euro bis 31. Jänner 2024
zahlt. Zudem verzichten beide Seiten auf weitere wechselseitige
Forderungen. Ihre bisher entstandenen Kosten tragen beide Seiten
selbst.
Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) zeigte sich in der
Gemeinderatssitzung neuerlich erleichtert, dass das über der Stadt
hängende "Damoklesschwert" mit einem drohenden Schaden von gut 417
Mio. Euro, den die BAWAG eingeklagt hat, beseitigt werden könne.
Daher freute er sich, dass mit dem Gemeinderatsbeschluss "wir
unseren Teil dazu beitragen können, dass am Handelsgericht Wien der
Rechtsstreit beigelegt werden kann". Der Vergleich sei das
"geringere Risiko" für die Stadt.
Vizebürgermeister Martin Hajart (ÖVP) begründete die Zustimmung
der Schwarzen im Stadtsenat und im Gemeinderat damit, dass man
"lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende" wolle.
Für ihn sei jedoch das "Damoklesschwert zum Dolch" geworden. Aus
einem drohenden Schaden von 417 Mio. Euro sei ein tatsächlicher
Gesamtschaden von doch 43 Mio. Euro entstanden. Denn zu dem
12-Millionen-Euro-Vergleich kämen noch "24 Mio. Euro Verluste und 7
Mio. Euro Gerichtskosten", rechnete er vor.
"Rechtsberater haben uns klar dazu geraten, den Vergleich
anzunehmen", meinte Stadträtin Eva Schobesberger, warum sie im
Stadtsenat und die Grüne Fraktion im Gemeinderat für die Annahme des
Vergleichs waren. Der juristischen Empfehlung nicht zu folgen wäre
aus ihrer Sicht "verantwortungslos" gewesen. Auch die NEOS vertraten
diese Ansicht. Ebenfalls für den Vergleich votierte die MFG.
Die FPÖ verweigerte hingegen wie auch schon im Stadtsenat ihr Ja
und enthielt sich im Gemeinderat der Abstimmung. Laut Stadtrat
Michael Raml komme besagtes "Damoklesschwert zwar nicht mit der
vollen Wucht, aber äußerst, äußerst schmerzhaft auf die Linzer
herab". Er sehe in dem "vorgelegten Vergleich eine vertane Chance,
dieses Geld für die Linzer zurückzuholen", da der Prozess
voraussichtlich zugunsten der Stadt ausgegangen wäre. Außer den
Freiheitlichen enthielten sich noch KPÖ, Linz+ und Wandel.
Im Jahr 2007 hatte der damalige Linzer Finanzdirektor das
Swapgeschäft - eine Art Kurs-Zins-Wette - zur Absicherung einer
auslaufenden Kreditlinie über 195 Mio. Schweizer Franken (195 Mio.
Euro) mit der BAWAG abgeschlossen. Durch den Kursanstieg des Franken
wuchs der Wert des Swaps 4175 auf mehrere hundert Millionen Euro,
die zusätzlich zur Kreditschuld zu zahlen wären. Die Stadt Linz
stellte im Jahr 2011 die fälligen Raten für den Swap ein, seitdem
läuft der Rechtsstreit zwischen der Stadt Linz und der Bank.
Die Stadt klagte die BAWAG am 2. November 2011 auf Rückzahlung
der aus ihrer Sicht geleisteten Überzahlungen von 30,6 Mio.
Schweizer Franken, weil das Geschäft ungültig gewesen sei. Die BAWAG
wehrte sich neun Tage später mit einer Gegenklage, in der sie 417,7
Mio. Euro von der Stadt forderte. Ein mittlerweile rechtskräftiges
Zwischenurteil befand, dass der Vertrag rechtsunwirksam
zustandegekommen sei, da keine aufsichtsbehördliche Genehmigung
vorlag. Die Stadt Linz hatte damit einen wichtigen Etappensieg
errungen. Die Bank forderte allerdings noch Schadenersatz für den
entstandenen "Vertrauensschaden", weil sie darauf vertraut hatte,
dass der Finanzdirektor das Recht hatte, das Geschäft abzuschließen.
ker/kre
ISIN AT0000BAWAG2
WEB http://www.bawagpsk.com
ISIN AT0000969985
WEB http://www.ats.net