CEO Mayer: Dekarbonisierung kostet AMAG hunderte Millionen
Erdgas muss durch Wasserstoff ersetzt werden, dafür braucht
man neue Anlagen und Infrastruktur - Besser Lohnnebenkosten
senken als KöSt - Auftragsbücher sind übervoll, AMAG sucht 90
Leute
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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Ausführliche Fassung, ab dem 6. Absatz neu.
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Die für Österreich angepeilte
Klimaneutralität bis 2040 wird den börsennotierten
oberösterreichischen Aluminiumkonzern AMAG einen mittleren
dreistelligen Millionenbetrag kosten. Die AMAG müsse dafür das
bisher in der Produktion eingesetzte Erdgas durch Wasserstoff
ersetzen, erklärte AMAG-Chef Gerald Mayer am Mittwoch im Klub der
Wirtschaftspublizisten. Dafür sei noch viel Forschung und
Entwicklung nötig und hohe Investitionen in Anlagen und
Infrastruktur im Unternehmen.
Die AMAG könne die Umstellung bei entsprechenden
Rahmenbedingungen, für die die Politik sorgen müsse, schaffen, sagte
Mayer. "Wir sind zum einen überzeugt, dass es notwendig ist. Ob das
bis 2040 realistisch ist, ganz generell für Österreich und die
Industrie, bin ich schon skeptischer."
Die AMAG (Austria Metall AG) brauche in Österreich jährlich rund
750 GWh an Energie, zwei Drittel davon aus Erdgas, ein Drittel
Strom, erklärte Mayer. Das Erdgas könne man aus
produktionstechnischen Gründen nur zum Teil durch Strom ersetzen,
deshalb werde man sehr wahrscheinlich Wasserstoff verwenden müssen.
Dafür brauche man neue Anlagen, die es nach aktuellem Stand der
Technik zum Teil noch gar nicht gebe.
Auch müsse man für den Einsatz von Wasserstoff die dafür
notwendige Infrastruktur im Werk schaffen: Man brauche etwa die
dreifache Menge an Wasserstoff, um die gleiche Energie zu bekommen
wie aus Erdgas. Dafür brauche man entsprechende Rohre und auch
Platz, auch für Transformatoren, wenn man statt Erdgas mehr Strom
einsetze.
Die Umstellung auf Wasserstoff bei der Produktion bringe ein
weiteres Problem mit sich, weil Wasserstoff mit Aluminium reagiere
und Poren und Einschlüsse entstünden. Man werde dafür eine Lösung
finden, aber man brauche dafür Zeit. Die Energieeffizienz habe man
schon aus Kostengründen in den vergangenen Jahren stark verbessert
und spare dadurch rund 30 GWh pro Jahr ein, das entspreche etwa
4.000 Haushalten. Weitere Einsparungen seien sehr schwierig.
Aufgabe der Politik sei es dafür zu sorgen, dass lokal
ausreichend "grüne" Energie zum richtigen Zeitpunkt und zu einem
wettbewerbsfähigen Preis zur Verfügung stehe, sagte Mayer. Auch das
für Österreich formulierte Ziel, bis 2030 Strom bilanziell zu 100
Prozent aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen, sieht der AMAG-Chef
skeptisch. Vor zwei Wochen habe man selbst die größte
Photovoltaik-Aufdach-Anlage Österreichs präsentiert. "Wir haben auf
den Dächern unserer neuen Walzwerke eine ca. 55.000 Quadratmeter
große PV-Anlage installiert. Um das Ziel von 11 TWh PV-Leistung zu
erreichen, müsste man in Österreich jeden zweiten Tag so eine Anlage
eröffnen, wie wir es gemacht haben." Die AMAG will die Kapazität
ihrer PV-Anlagen verdoppeln.
Die AMAG mit Sitz in Ranshofen hat in Österreich zwei Gießereien
- eine für Gusslegierungen mit einer Jahresproduktion von 90.000
Tonnen, eine zweite erzeugt das Vormaterial für das eigene Walzwerk,
das vor Corona 230.000 Tonnen pro Jahr erzeugt hat. In Kanada sind
die Oberösterreicher mit 20 Prozent an einer Elektrolyse beteiligt,
von deren Produktion 120.000 Tonnen pro Jahr auf die AMAG entfallen.
Die coronabedingten Auftragseinbrüche hat die AMAG dank
Kurzarbeit gut überstanden und inzwischen auch hinter sich gelassen.
"Der Bedarf zieht jetzt überall an. Normalerweise haben wir bei uns
im Walzwerk einen vernünftigen Auftragsstand, der gesund ist und
gut, zwischen zweieinhalb und drei Monaten. Wir sind binnen
kürzester Zeit auf fünf, sechs Monate angestiegen, wo wir dann schon
gebremst haben und gesagt haben: Weiter nach vorn wollen wir nicht
mehr, weil das bringt Risken mit sich, etwa steigende Kosten." Jetzt
müsse man die Kapazität nach oben anpassen. Derzeit suche man 90
Leute insbesondere für den Schichtbetrieb. "Das ist ganz schwierig,
weil Vollbeschäftigung herrscht in unserer Gegend."
Weitere Herausforderungen seien derzeit die Energie- und
Logistikpreise und die Verfügbarkeit von Schiffsraum und Containern.
"Eine völlig andere Situation, das kennen wir so eigentlich gar
nicht." Der Gaspreis sei derzeit siebenmal so hoch wie im
Durchschnitt 2020. Allerdings falle die Masse des Energieverbrauchs
der AMAG in Kanada an, wo Strom billiger sei als in Europa.
Der Rohstoffnachschub sei für die AMAG kein Problem. "Als
Recyclingunternehmen beziehen wir die Masse unseres Vormaterials aus
einem Umkreis von 500 Kilometern und weniger aus Fernost." Recycling
habe außerdem den Vorteil, dass man für die Erzeugung von
Recycling-basiertem Metall nur fünf bis zehn Prozent der Energie
brauche, die für Primäraluminium nötig ist.
Bei der angekündigten Steuerreform wünscht sich der AMAG-Chef vor
allem eine Senkung der Lohnnebenkosten, das wäre noch besser als
eine niedrigere Körperschaftsteuer, so Mayer.
Investitionsförderungen würden der AMAG weniger helfen. "Wir haben
in den letzten Jahren eine Milliarde Euro investiert. Für die
nächsten Jahre sehe ich nicht, dass wir wieder eine Milliarde
investieren."
ivn/kan
ISIN AT00000AMAG3
WEB http://www.amag.at
ISIN AT0000937503
WEB http://www.voestalpine.com