Unternehmensberater: Aufsichtsräte sind in Österreich unterbezahlt
Vergütungen der Aufsichtsratschefs von ATX-Unternehmen um ein
Drittel niedriger als bei vergleichbaren deutschen Unternehmen
- Frauenanteil in Aufsichtsräten beträgt im Schnitt 31 Prozent
- GRAFIK
Während die Vorstandschefs der im Wiener Leitindex
ATX börsennotierten Unternehmen inzwischen fast so viel verdienen
wie die Spitzenmanager des vergleichbaren deutschen MDAX/SDAX, liegt
die Entlohnung der Aufsichtsräte noch immer weit unter dem
internationalen Niveau. "Man muss in Österreich fast ein Einkommen
und Vermögen mitbringen, um Aufsichtsratschef zu werden", sagt
Michael Kramarsch, Partner der Unternehmensberatung hkp-Group.
Mit durchschnittlich 107.000 Euro im Jahr liegt das
Vergütungsniveau der österreichischen AR-Chefs um ein Drittel unter
jenem der etwa gleich großen Unternehmen, die im deutschen MDAX/SDAX
gelistet sind.
Berücksichtigt wurden in der Berechnung nur die
Aufsichtsratsvorsitzenden, die ganzjährig im Amt waren - im Jahr
2019 waren das 13 AR-Chefs, 2020 waren es 16. "Durch diese
unterschiedliche Grundgesamtheit steigt der Vergütungsdurchschnitt
um 22 Prozent", erklärte Kramarsch. "Betrachtet man nur den
Ausschnitt der Aufsichtsratschefs, die 2019 und 2020 im Amt waren,
dann sind die Vergütungen um 5,6 Prozent zurückgegangen."
In die hkp-Analyse wurden alle Unternehmen einbezogen, die zum
Stichtag 31.12.2020 im ATX gelistet waren. Ausgewertet wurden die
entsprechenden Geschäfts- bzw. Vergütungsberichte, die sich auf das
Geschäftsjahr beziehen, das 2020 endet. Betrachtet wurden fixe
Vergütungen, variable Vergütungen in Abhängigkeit vom
Unternehmenserfolg, Vergütungen für die Tätigkeit in Ausschüssen und
Sitzungsgelder. Dabei sind die Vergütungen der Aufsichtsräte viel
weniger erfolgsorientiert als jene der Vorstände: Nur drei
Unternehmen weisen derzeit variable Aufsichtsratsvergütungen aus.
Schoeller-Bleckmann hat laut hkp bereits beschlossen, seine
Aufsichtsräte zukünftig nur noch fix zu vergüten.
Die Höhe der Vergütungen entspreche nicht der Qualität der Leute,
sagte Kramarsch im Gespräch mit der APA. "Der Aufsichtsrat in
Österreich ist unterbezahlt für den Aufwand und für das Kaliber der
Menschen, die man dafür braucht, und auch in Relation zum Vorstand."
International sehen lassen kann sich Österreich aber mit der
aktuellen Frauenquote von durchschnittlich 31 Prozent und vier
weiblich besetzten Vorsitzen in Aufsichtsräten, nämlich bei der
Immofinanz (Bettina Breiteneder), der Österreichischen Post und der
Telekom Austria (Edith Hlawati) sowie bei der s Immo (Karin Rest).
"Im DAX ist es eine, nämlich Frau Simone Bagel-Trah von Henkel, und
der gehört auch noch ein wesentlicher Anteil des Unternehmens."
Unter den Spitzenreitern beim Frauenanteil in den Aufsichtsräten
des ATX seien mit Anteilen von 40 bis 50 Prozent auch Unternehmen,
für die die 30-Prozent-Quote des Aktiengesetzes nicht bindend ist.
Seit 2018 gilt laut Paragraph 86 Aktiengesetz für börsenotierte
Unternehmen ein Frauenanteil im Aufsichtsrat von mindestens 30
Prozent. Ausgenommen sind Unternehmen mit weniger als 1.000
Mitarbeitern, einem Anteil an Frauen unter den Mitarbeitern von
unter 20 Prozent und weniger als sechs Mitgliedern (ohne
Arbeitnehmervertreter) im Aufsichtsrat.
( 0767-21, Format 88 x 128 mm)
(Schluss) ivn/whl
ISIN AT0000999982