ÖBAG-Chef Schmid geht - Opposition: Kurz und Blümel sollen folgen
Catasta übernimmt vorübergehend - Kogler: Notwendiger Schritt
- Rendi-Wagner: Republik ist kein Selbstbedienungsladen -
Schmid entschuldigte sich in persönlicher Stellungnahme - BILD
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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Stellungnahme Schmid im fünften Absatz und kolportierte Abfertigungssumme im vorletzten Absatz
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ÖBAG-Chef Thomas Chef zieht die Konsequenzen aus
seinen umstrittenen Chats und verlässt mit sofortiger Wirkung die
Staatsholding. Obendrein gibt er seinen Posten als
Verbund-Aufsichtsratsvorsitzender ab. Geht es nach der Opposition,
dann sollen es ihm der politisch zuständige Finanzminister Gernot
Blümel und Bundeskanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP) gleichtun und
ebenfalls zurücktreten. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sprach von
einem "notwendigen Schritt" von Schmid.
Dessen Rücktritt wurde heute kurz nach acht Uhr via Aussendung
durch die ÖBAG bekanntgegeben und kam nicht ganz überraschend. Wie
die Auflösungsvereinbarung mit Schmid aussieht - sein Vertrag wäre
noch bis März 2022 gelaufen - war heute nur in groben Zügen von der
Staatsholding zu erfahren. Blümel und Regierungskollegin Elisabeth
Köstinger (ÖVP) verwiesen auf Nachfrage auf den Aufsichtsrat.
Die ÖBAG verwaltet rund 26 Mrd. Euro an Staatsvermögen. Dazu
gehören unter anderem die Staatsanteile an der OMV, der Telekom
Austria und der Österreichischen Post.
Den Job des 45-jährigen Schmid in der ÖBAG - er war nur 805 Tage
im Amt - übernimmt interimistisch die ÖBAG-Direktorin Christine
Catasta. Sie war bis 2020 Chefin der Beratungsfirma PwC Österreich.
Die Nachfolge von Schmid werde Mitte Juli veröffentlicht, wie
bereits von der ÖBAG angekündigt wurde - allerdings im Frühjahr des
heurigen Jahres, als Schmid nach heftiger Kritik an seinen Chats
bekanntgab, seinen Vertrag in einem Jahr auslaufen zu lassen. Dem
jetzigen raschen Rückzug war die Veröffentlichung neuer Chats
vorangegangen.
"Ich habe mich in diesen privaten Chats in einer Art über
Menschen, Organisationen und politische Entwicklungen geäußert, die
ich heute bereue. Heute sehe ich klar, dass das falsch und zynisch
war. Es tut mir außerordentlich leid, wenn ich damit jemanden
verletzt oder verstört habe", ließ Schmid Dienstagnachmittag in
einer persönlichen Stellungnahme gegenüber der APA wissen. Seinen
plötzlichen Rücktritt erklärte er wie folgt: "Ich habe diesen
Schritt gesetzt, weil ich gemeinsam mit dem Aufsichtsrat zur
Überzeugung gelangt bin, dass die öffentliche Diskussion rund um
private Nachrichten eine sinnvolle und konstruktive Tätigkeit als
Vorstand der Österreichischen Beteiligungs AG nicht mehr möglich
macht."
Laut den in mehreren Medien veröffentlichten Protokollen hatte
Schmid mit einer Vertrauten unter anderem darüber diskutiert, in
seiner neuen Funktion den Betriebsrat "abdrehen" zu wollen ("Und
Betriebsrat. Weg damit."). "Das können wir nicht einfach so machen",
soll ihm diese ausgerichtet haben, man müsse "auch andere Ideologien
verstehen". Schmids Reaktion: "Andere Ideologien. Fu** that."
Als "längst überfällig" haben die Oppositionsparteien SPÖ, NEOS
und FPÖ aber auch die Grünen den Rücktritt von Schmid am Dienstag im
Ibiza-Untersuchungsausschuss bezeichnet. ÖVP-Fraktionsführer Andreas
Hanger sah darin hingegen eine "höchstpersönliche Entscheidung".
Für SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer hätte der Rücktritt
"eigentlich vor Monaten erfolgen müssen". Für Krainer ist auch der
Aufsichtsrat "längst rücktrittsfällig". NEOS-Fraktionsführerin
Stephanie Krisper sah als Grund für den Rücktritt, den sie ebenfalls
als "überfälligen Schritt" bezeichnete, die Konsequenz der Arbeit
des U-Ausschusses. "Offensichtlich zerbröselt gerade die Familie von
Sebastian Kurz", meinte FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker.
Jetzt sei es notwendig, die "einvernehmliche Trennung" zwischen
Schmid und der ÖBAG transparent der Öffentlichkeit darzulegen.
In ihrer Kritik zielt die Opposition auch auf Kurz und Blümel ab,
zu deren Freundeskreis Schmid zählt. "Kriegst eh alles, was du
willst", hat Bundeskanzler Kurz seinem Getreuen geschrieben, nachdem
dieser in der neuen ÖBAG "nicht zu einem Vorstand ohne Mandate"
werden hatte wollen. "Schmid AG fertig", schrieb wiederum Blümel -
damals in der türkis-blauen Regierungszeit noch als
Kanzleramtsminister - an Schmid, nachdem das ÖBAG-Gesetz fertig war.
Schmid bedankte sich mit einem Busserl: ":*". Und, so Blümel, an
Schmid: "Du bist Familie".
Blümel meinte heute am Rande einer Pressekonferenz: "Ich darf
mich bedanken beim Aufsichtsrat und bei der ausgezeichneten
inhaltlichen Arbeit von Thomas Schmid." Auf die Frage, ob er den
Rücktritt für richtig und angemessen halte, sagte Blümel, es sei
eine Entscheidung des Aufsichtsrats. Ob nun die restliche
Vertragslaufzeit bis März 2022 ausbezahlt werde? "Das sind Details",
das solle man den ÖBAG-Aufsichtsrat fragen. SPÖ-Chefin Pamela
Rendi-Wagner meinte heute, der Abgang von Schmid sei "mehr als
überfällig". "Unsere Republik ist kein Selbstbedienungsladen." Die
Chat-Protokolle hätten sie betroffen gemacht und sogar schockiert.
Der Aufsichtsratschef der Staatsholding, Helmut Kern, hat heute
im ORF-Radio "Ö1" erklärt, dass Schmid für 2021 keinen Anspruch auf
Bonifikationen habe. "Der Vertrag wird nicht ausbezahlt", so Kern am
Dienstag im "Mittagsjournal" des ORF-Radios. Das, was Schmid zum
Abschied erhalte, "liegt deutlich unter dem, als wenn der Vertrag
ausbezahlt worden wäre", so Kern ohne weitere Details zur
Vertragsauflösung zu nennen. Der Aufsichtsratschef berief sich dabei
auf Vertraulichkeitsgründe. Schmids Vertrag sah ein Jahresgehalt von
400.000 bis 600.000 Euro je nach Zielerreichungen vor - also mehr
als der Bundespräsident und -kanzler verdienen. Zeitungsberichten
("oe24" und "Kurier") zufolge soll Schmid 200.000 bzw. bis zu
250.000 Euro Abfertigung kassieren, da die Trennung einvernehmlich
ist. In der ORF-TV-Sendung "ZiB" um 17 Uhr wurde die Summe nach
eigenen Recherchen bestätigt.
Der Tiroler Schmid war in den Büros vieler Politiker der
Volkspartei tätig, unter anderem auch als Büroleiter von Ex-Kanzler
Wolfgang Schüssel als dieser ÖVP-Klubobmann im Nationalrat war.
Pressesprecher für Minister war Schmid unter anderen bei Karl-Heinz
Grasser, Michael Spindelegger und Elisabeth Gehrer.
( 0755-21, 88 x 92 mm; 0755-21, 88 x 92 mm)
(Schluss) stf/phs/gru/kra/wim/kre
ISIN AT0000720008 AT0000APOST4 AT0000743059 AT0000746409
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