MAN/Steyr - Arbeitnehmer wollen Details zu neuem Wolf-Angebot
"Bitte auf den Tisch legen" - Gewerkschaft: Schließung könnte
MAN 1,5 Mrd. Euro kosten - Wolf: Steyr darf nicht Detroit
Österreichs werden - Forschungsgesellschaft mit Land OÖ
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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Konkretisierungen und Aussagen Wolf-Sprecher und LR Achleitner
(ÖVP) in Absätzen 1, 5 und 6
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1,5 Mrd. Euro könnte die Schließung
des MAN-Werks in Steyr nach Schätzungen der Gewerkschaft kosten. Der
Investor Siegfried Wolf hat nun aber ein neues Angebot für das Werk
und will damit die Belegschaft überzeugen. Statt beim gescheiterten
Angebot mit 1.250 sollen nun 1.400 Stellen erhalten bleiben, indem
150 Jobs über eine Forschungsgesellschaft abgesichert werden.
Arbeitnehmervertreter begrüßten den Vorstoß, ihnen fehlt es aber an
Details. Auch MAN kennt diese noch nicht.
Auf die Stiftung für 150 Jobs hat sich Wolf laut Angaben in der
"ZiB2" vom Freitag mit Stadt, Land und Bund geeinigt. Jene, die
trotzdem vom Wegfall von 500 Jobs betroffen wären, sollen etwas
besser aussteigen, als zuvor geplant. Sie sollen, wenn sie den
Sozialplan annehmen, "nach dem deutschen Modell in der
Nettoausgleichszahlung" gleichgestellt werden, so Wolf. Dank eines
Altersteilzeitmodells müssten sich ältere Mitarbeiter nicht "beim
Arbeitsamt anstellen". 166 Lehrstellen würden gesichert.
Gehaltskürzungen, wie sie beim ersten gescheiterten Angebot
vorgesehen waren, blieben freilich aufrecht.
Außerdem werde sich Raiffeisen Oberösterreich an dem Projekt
beteiligen, sagte Wolf. "Wir würden nicht Nein zu MAN sagen, wenn
ein Konsortium einen wirklich zukunftsweisenden Plan auf den Tisch
legt", hatte der Chef der Raiffeisenlandesbank (RLB) Oberösterreich,
Heinrich Schaller, im April bereits einmal dem "Kurier" gesagt.
Er hoffe, dass nun "Vernunft einkehrt und ein gemeinsames
Programm zusammengestellt" werde, so Wolf in Richtung
Arbeiterbetriebsrat, über den er sich verärgert zeigte. Schließlich
war sein erstes Angebot von der Belegschaft in einer Urabstimmung
abgeschmettert worden. Nun hofft Wolf auf eine Dreiviertelmehrheit,
sollte das neue Angebot zur Abstimmung gelangen.
Betriebsrat und Gewerkschaft begrüßten den neuen Anlauf von Wolf,
ihre Skepsis blieb aber groß. Betriebsratschef Helmut Emler
kritisierte gegenüber dem "Mittagsjournal" des ORF-Radio Ö1 am
Samstag, dass Wolf über die Medien ausrichte, wieder mit den
Mitarbeitern verhandeln zu wollen. Eine Bewertung des neuen Angebots
von Wolf sei schwierig, weil er keine Details kenne. "Wenn es
Änderungen gibt, dann soll er es bitte auf den Tisch legen",
forderte Emler. "Wir sehen das natürlich sehr kritisch. Aber man
kann es natürlich versuchen. Wenn es wirklich Verbesserungen gäbe,
dann kann man darüber reden." Zwar im Nachhinein, aber als erstes
werde nun der Betriebsrat persönlich informiert, betonte
Wolf-Sprecher Josef Kalina gegenüber der APA am Samstag.
"Da bin ich nicht ganz damit einverstanden, weil eine
Arbeitsstiftung bedeutet immer, dass man die Mitarbeiter aus dem
Unternehmen geben muss", sagte Angestelltenbetriebsrat Thomas Kutsam
zu Ö1 zum Angebot 150 zusätzliche Jobs mittels Arbeitsstiftung
abzusichern. Wobei Kalina konkretisierte, dass es sich um eine
Forschungsgesellschaft für Mobilität handle, wie auch die "OÖN" am
Samstag berichteten. Die Details seien noch zu definieren, es gehe
darum, dass die Menschen weiterhin Arbeit haben, hieß es aus dem
Büro des oö. Wirtschaftslandesrats Markus Achleitner (ÖVP). Dafür
würden Land und Bund jede unternehmerische Lösung, die die
Arbeitsplätze für die Zukunft absichere, unterstützen,
"selbstverständlich auch das verbesserte Angebot von Siegfried
Wolf", bestätigte Achleitner.
Kutsam hofft, mehr Jobs erhalten zu können, wenn man mehr
Aufträge an Land zieht. "Für mich ist es trotzdem ganz ganz wichtig,
dass man sich alternative Angebote auch noch ansieht.
Beziehungsweise auch Angebote, die man gemeinsam mit Sigi Wolf da in
Steyr produzieren kann."
Alois Stöger von der Produktionsgewerkschaft PRO-GE sprach von
einem "insgesamt guten Schritt" und forderte ein schriftliches
Angebot von Wolf. Wenn konkret etwas vorliege, könne das Angebot
geprüft werden.
"Bisher ist noch niemand auf uns zugekommen", sagte ein
MAN-Sprecher im "Mittagsjournal". Grundsätzlich sei man offen für
Gespräche über eine Nachnutzung des Werks. Aber das Zeitfenster
schließe sich. MAN München hielt erst am Freitag neuerlich fest,
dass Wolf "als einziger Interessent ein industriell logisches und
fundiertes Konzept für eine Nachnutzung des Standorts vorgelegt
hat". Eine Nachbesserung gelte es jedoch mit den Arbeitnehmern zu
besprechen.
Wolf zeigte sich in der "ZiB2" überzeugt, dass MAN - wenn es ein
vom Betriebsrat unterstütztes Modell gebe, bereit sein werde, sich
für Gespräche an einen Tisch zu setzen. Steyr dürfe nicht zum
"Detroit Österreichs" werden. Dort verfiel die Stadt einhergehend
mit einem Strukturwandel in der US-Autoindustrie.
Für seine Pläne müsse man die Produktionsstraßen umbauen, so
Wolf. Dafür seien bis zu 18 Monate eingeplant. Der Investor hofft,
dass MAN in diesem Sinne einer Weiterführung des Werks für zwei
Jahre zustimmt.
Freitagnachmittag hatte sich auch das Green-Mobility-Konsortium
rund um den Linzer Unternehmer Karl Egger (KeKelit) aus der Deckung
gewagt. Dessen Sprecher Gerald Ganzger teilte mit, "dass das
Konsortium mit MAN München eine NDA - Non-Disclosure Agreement,
Vertraulichkeitserklärung - zur Aufnahme weiterer Gespräche
abgeschlossen hat". Gemeinsam mit dem Consulter Deloitte Wien werde
an der Endausarbeitung eines Konzepts gearbeitet. Es solle "nach
Ablauf der Exklusivitätsfrist" nach München übermittelt werden. "Wir
sind an den eingeleiteten konstruktiven, vertraulichen Gesprächen
mit MAN sehr interessiert, um im Sinne der Belegschaft in Steyr und
allen Stakeholdern ein besseres Ergebnis zu erzielen als bisher
vorliegt", so Ganzger. In ein bis zwei Wochen soll das Angebot
übermittelt werden.
Die gewerkschaftliche Kalkulation der Schließkosten von 1,5 Mrd.
Kosten setzt sich laut Stöger, Leiter der Abteilung der
Sozialpolitik der Produktionsgewerkschaft PRO-GE, aus den
Lohnfortzahlungen, die aus dem Kündigungsverzicht resultieren, und
der Investitionszusage von MAN für den Standort Steyr zusammen, wie
er gegenüber der APA vorrechnete.
In der Standortsicherungsvereinbarung 2019 habe sich MAN
verpflichtet, jährlich 4 Prozent des Umsatzes von Steyr in den
Standort zu investieren, erklärte Stöger - das wären bei rund 1 Mrd.
Umsatz jährlich 40 Mio. Euro, also bis Ende 2030 rund 400 Mio. Hinzu
komme der Kündigungsverzicht, der nach Ansicht der
Arbeitnehmervertretung eine Entgeltfortzahlung bis 2030 nach sich
ziehen würde. Das wäre bei einer Lohnsumme von rund 170 Mio. Euro
auf zehn Jahre gerechnet etwa 1 Mrd. Euro, schätzt Stöger.
MAN hat diese Vereinbarung zwar gekündigt, laut einem
Rechtsgutachten im Auftrag der Gewerkschaft sei der
Kündigungsverzicht aber weiterhin gültig. Stöger geht davon aus,
dass die Chancen der Belegschaftsvertretung vor Gericht zu gewinnen,
sehr gut seien. Dass MAN nicht die Gelegenheit nutze, vom OGH
feststellen zu lassen, ob die Vereinbarung gültig sei, zeige, dass
dem Konzern das Risiko offenbar zu hoch sei, so Stöger. Die
Arbeitnehmerseite will vor Gericht ziehen, sobald betriebsbedingte
Kündigungen ausgesprochen werden.
Stöger verwies etwa auf einen Bericht des Schweizer Portals
finanzen.ch. Demnach habe die MAN-Mutter Traton für den Stellenabbau
bei MAN Truck & Bus von Jänner bis März 362 Mio. Euro an
Sonderkosten veranschlagt. Für Steyr seien hingegen noch gar keine
Kosten verbucht worden. Hier ging der Konzern ja bekanntlich immer
davon aus, dass der Investor Siegfried Wolf das Werk kauft und
weiterführt. Was Wolf gezahlt hätte - oder zahlen würde, wenn es
doch noch zu einer Umsetzung seiner Pläne kommen sollte - wird nicht
kommuniziert.
(Schluss) inn/phs/wim
ISIN DE0005937007 DE0007664039
WEB http://www.man.eu/de/
http://www.volkswagenag.com
https://www.proge.at