CT-Ausschreibung - Wiener ÖVP sieht klaren "SPÖ-Skandal"
Wölbitsch: Rote Freunderlwirtschaft "blüht und gedeiht" -
Sondersitzung des Gemeinderats angekündigt - FPÖ will
Ausschreibungen mit Zuschlag für Siemens prüfen
In Wien hat nach der Aufhebung einer
Ausschreibung für die Anschaffung von Computer-Tomographen (CT)
durch das Landesverwaltungsgericht die Opposition harsche Kritik
geübt. Nach Ansicht der ÖVP handelt es sich bei der Causa um einen
klaren "SPÖ-Skandal". Dass der Auftrag auf einen Anbieter
"maßgeschneidert" worden sei, zeuge von Freunderlwirtschaft, die
"blüht und gedeiht" wie nie zuvor, beklagte Klubchef Markus
Wölbitsch in einer Pressekonferenz.
Anlass für den oppositionellen Unmut ist der geplante Kauf von
CT-Anlagen durch den städtischen Spitalsträger WIGEV
(Gesundheitsverbund). Die Firma Canon Medical Systems, die bei der
Vergabe nicht zum Zug kam, hatte erfolgreich geklagt. Die
Ausschreibung hätte Spezifikationen, die ausschließlich Geräte der
Siemens-Tochter Siemens Healthineers aufweisen - etwa eine
Wasserkühlung und eine 3D-Kamera - enthalten.
Laut Urteil waren Aspekte des Vergabeverfahrens "unsachlich und
diskriminierend". Andeutungen, dass das Verfahren in irgendeiner
Weise von parteipolitischen Überlegungen beeinflusst worden ist,
wurden vom Gesundheitsverbund bereits "aufs Schärfste
zurückgewiesen".
Wölbitsch kündigte eine Sondersitzung des Gemeinderates an, in
der die - vorerst auf Eis gelegte - Beschaffung thematisiert werden
soll. Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) wird zudem eine
umfangreiche Anfrage der Wiener ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid
Korosec ins Büro flattern. Sie möchte Details über den Vorgang
erfahren, also etwa welche Stellen im Gesundheitsverbund involviert
waren und ob es Gespräche mit Siemens gab. Die Ausschreibung, so
zeigte sie sich heute überzeugt, sei auf die Geräte der Firma
Siemens angepasst worden.
Es gehe keinesfalls darum, einen international erfolgreichen
Konzern zu diskreditieren, beteuerte sie. Aber es dürfe keine
"ungehörigen Absprachen" geben, betonte Korosec. Ob es zu solchen
gekommen sei, wolle sie mit ihrer Anfrage klären. Zumindest der
Verdacht liege nahe. Die ÖVP führt ins Treffen, dass einstige
SPÖ-Politikerinnen wie Brigitte Ederer und Sonja Wehsely nach ihrer
Zeit in der Politik für den Konzern tätig waren.
Dies sei durchaus keine unübliche Praxis, gab Korosec zu
bedenken. Immerhin hätten ehemalige Politiker viel Erfahrung. Es
dürfe dieser Umstand aber nicht ausgenutzt werden. "Jetzt nach
dieser Aufdeckung ist die SPÖ gefordert, konkrete Maßnahmen für mehr
Transparenz umzusetzen." Auch sei dies die erste Bewährungsprobe für
den Koalitionspartner NEOS, befand sie.
Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp verlangte angesichts des
"Vergabeskandals" ebenfalls Konsequenzen. Nötig sei eine
Sonderprüfung aller Ausschreibungen im Bereich der Stadt Wien und
der ausgelagerten Gesellschaften, bei denen Siemens seit dem Jahr
2010 den Zuschlag erhalten habe. Es sei "unvorstellbar", dass
Gesundheitsstadtrat Hacker nichts über den Beschaffungsvorgang
gewusst habe, hielt er in einer Aussendung fest: "Selbst wenn das
Stadtratsbüro keine Kenntnisse über die Ausschreibung hatte, dann
wurde von dieser Seite die Verantwortung nicht wahrgenommen." Die
FPÖ prüft laut eigenen Angaben nun auch, ob Anzeige erstattet werden
kann.
(Schluss) mac/ivn
ISIN DE0007236101
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