Frequentis plant weitere Zukäufe
"Einiges an Cash da, um Akquisitionen umzusetzen" - Causa
Commerzialbank Mattersburg bilanziell abgeschlossen,
juristisch noch lang nicht
Die auf Flugkommunikation spezialisierte Wiener
Frequentis hat zuletzt mehrere Zukäufe getätigt und will diesen Kurs
fortsetzen. Im Konzern sieht man gegenwärtig eine ziemlich große
Pipeline an Objekten, die interessant wären. "Mit 85 Millionen Euro
Nettoguthaben ist einiges an Cash da, um einiges an Mergers &
Akquisitionen umzusetzen", sagt Vorstandschef Norbert Haslacher. In
den nächsten drei bis fünf Jahren soll Frequentis jährlich um 8
Prozent zulegen.
Damit peilt der Konzern ein doppelt so starkes Wachstum an wie
der Weltmarkt. Frequentis liefert Kommunikation für Flugsicherungs-,
Bahn- und Blaulichtorganisationen, hohe Nachfrage gibt es nach
Firmenangaben auch für das Drohnen-Management. In der
Sprachkommunikation für Flugsicherungen und Nachrichtensystemen für
die Luftfahrt ist der Konzern Weltmarktführer. Die Pandemie bringt
Einschränkungen, doch die Infrastruktur "muss immer bereitstehen,
egal wie viele Flugzeuge in der Luft sind", sagte Haslacher am
Mittwoch bei der Bilanzvorlage. Jedes Land brauche seine eigene
sicherheitskritische Infrastruktur. "Die kann man nicht
wegrationalisieren."
Weltweit würden pro Jahr im Schnitt 13 Mrd. Euro an Aufträgen im
so genannten "Leitzentralenmarkt" ausgeschrieben, also in den von
Frequentis beackerten Feldern. Mit dem aktuellen Portfolio könne
Frequentis rund 2,5 Mrd. Euro Markt "adressieren", damit müsse man
nicht einmal in ein neues Segment eintreten. Zur Zeit beliefert der
Konzern rund 500 Kunden in 150 Ländern weltweit.
2020 wurde zweimal zugekauft: In Baden Württemberg (Freiburg) hat
Frequentis ATRiCS (4 Mio. Euro Umsatz, 30 Beschäftigte) gekauft, in
Spanien (Bilbao) 15 Prozent an Nemergent Solutions (30 Mitarbeiter).
Heuer im 2. Halbjahr wird der Kauf von Teilen des ATM(Air Traffic
Management)-Segments der US-Firma L3Harris über die Bühne gebracht,
womit rund 200 Leute zum Konzern stoßen. Mit dieser Integration ist
man fürs erste beschäftigt. Ein neuer Zukauf im heurigen Jahr hänge
von passenden Gelegenheiten ab.
Zumindest bilanziell abgeschlossen ist für Frequentis die
verloren gegangene Einlage bei der kollabierten burgenländischen
Commerzialbank Mattersburg, hier mussten 30,9 Mio. Euro
abgeschrieben werden, was unterm Strich einen Verlust von 3,4 Mio.
Euro bescherte. "Die Causa selbst ist für uns noch lang nicht
abgeschlossen", sagte der Vorstandschef. Man habe Klagen
eingebracht, Anwaltsteams loteten "zusätzliche Möglichkeiten" aus,
die aber nicht näher beschrieben wurden.
Eine der Lehren aus dem schockierenden Commerzialbank-Fall:
Frequentis legt jetzt mehr seiner Cashreserven bei systemrelevanten
Banken an. Einen Zusammenhang mit dem Rückzug der Finanzvorständin
Sylvia Bardach, die jetzt Mitte April den Vorstand verlässt und in
den Aufsichtsrat wechselt, stellte der Vorstandschef auf mehrfache
Nachfragen ganz entschieden in Abrede. Der Schritt sei lang geplant
gewesen, es habe keine Compliance-Verstöße gegeben. Bardach sei
70-prozentige Eigentümerin der Firma, von den mehr als 30 Millionen
Abschreibungsverlust wurde sie demnach mit 21 Millionen selber
getroffen, und sie selbst ärgert sich, wie der Vorstandschef sagt,
am meisten über diese Situation.
Frequentis hat voriges Jahr ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm
durchgezogen. Für 2020 werden ungeachtet des durch Einmaleffekt
entstandenen Minus neuerlich 15 Cent Dividende gezahlt.
(Schluss) rf/tsk
ISIN ATFREQUENT09
WEB http://www.frequentis.com