Grasser-Urteil - Gericht: Freisprüche sind rechtskräftig
Privatbeteiligter bei Meischberger-Villa meldete Rechtsmittel
gegen Freispruch an - Richterchefin findet Kritik an Urteil
und Richterin unseriös
Die sechs Freisprüche, die am Freitag im
Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und
andere verkündet worden sind, sind rechtskräftig. Weder die
Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft noch die
Privatbeteiligten haben Rechtsmittel gegen das nicht rechtskräftige
erstinstanzliche Urteil angemeldet. Das hat die Sprecherin des
Wiener Straflandesgerichts am Mittwoch der APA bestätigt.
Durch die von den Verurteilten angemeldeten Rechtsmittel kann das
Urteil nur "verbessert", also gemildert oder ganz gekippt werden. Es
kann sich für sie nun nichts mehr verschlechtern.
Freigesprochen wurden am Freitag fünf Angeklagte in der Linzer
Causa wegen Korruptionsverdachts beim Bürohaus Terminal Tower. Es
ging um eine Zahlung von 200.000 Euro an Peter Hochegger und Walter
Meischberger, die laut nicht rechtskräftigem Urteil Korruption für
Grasser war, als Gegenleistung für den Mietvertrag mit den
Finanzbehörden. In der Causa wurden nur die Hauptangeklagten,
darunter Grasser, verurteilt.
Weiters wurde der ehemalige Immofinanz-Vorstand Christian
Thornton freigesprochen. Er hatte die
Bundeswohnungs-Millionenprovision von der Immofinanz an Peter
Hochegger überwiesen - allerdings im Auftrag und ohne das
Hintergrundgeschäft zu kennen, wie auch bei der Urteilsverkündung am
Freitag ausgeführt wurde.
Gegen den Freispruch Meischbergers in der Causa Betrugsverdacht
bei seiner ehemaligen Villa in Wien-Döbling hat ein
Privatbeteiligter Rechtsmittel angemeldet, so die Sprecherin des
Wiener Straflandesgerichts. Da dieser aber keinen Beweisantrag
gestellt habe, sei er wohl nicht rechtsmittellegitimiert.
Die anderen Privatbeteiligten, die CA Immo und die Immofinanz,
haben laut Gericht keine Rechtsmittel gegen das Urteil angemeldet.
Die CA Immo, die bei der Privatisierung der Bundeswohnungen im
Vergabeverfahren knapp der Immofinanz/RLB OÖ unterlag, hat
allerdings bereits eine Klage auf 1,9 Mrd. Euro gegen den Bund und
gegen das Bundesland Kärnten beim Landesgericht für
Zivilrechtssachen in Wien eingebracht, wie ihr Anwalt Johannes
Lehner gegenüber der APA erklärt. Sie sieht sich durch die - laut
erstinstanzlichem nicht rechtskräftigem Urteil - mittels Korruption
im Hintergrund getätigte Vergabe geschädigt. Sie klagte schon
während des laufenden Prozesses und sieht sich nun durch das nicht
rechtskräftige Urteil bestätigt. Im Strafprozess wurde die CA Immo
mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Der Präsident der Generalprokuratur des Bundes, Wolfgang
Peschorn, sieht keinen Anspruch der unterlegenen CA Immo. Die
Amtshaftung greife nur im Bereich der Hoheitsverwaltung bzw. bei
behördlicher Tätigkeit. Der Verkauf der Bundeswohnungen sei aber
keine behördliche Tätigkeit gewesen, sagte er im Ö1-Morgenjournal
des ORF-Radio. Die Republik sei das erste Opfer der Causa, wenn es
zu einem rechtskräftigen Schuldspruch komme. Es gilt die
Unschuldsvermutung für die Angeklagten.
Die scharfe Urteilskritik von den Hauptangeklagten Grasser und
Meischberger weist die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine
Matejka, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" zurück. "Damit stellt
man das ganze System in Frage. Das ist nicht in Ordnung". Beide
Ex-Politiker hatten die vorsitzende Richterin Marion Hohenecker
scharf angegriffen und sprachen von einem politischen Urteil.
Im Urteil wurde dem Bund außerdem - nicht rechtskräftig - die
Buwog-Millionenprovision zugesprochen. Inklusive Zinsen beläuft sich
der Betrag mittlerweile auf 15 Millionen Euro - ein Betrag, den die
Empfänger der Provision dem Bund zahlen müssen, sollte das Urteil
rechtskräftig werden.
(Schluss) gru/itz
ISIN AT00BUWOG001 AT0000A21KS2 AT0000641352
WEB http://www.buwog.at
http://www.immofinanz.com
http://www.rlbooe.at
http://www.caimmo.com