Verbund stärkt mit Gas-Connect-Kauf Portfolio und Wasserstoffpläne
Strugl: Erwerb macht wirtschaftlich und strategisch Sinn -
Werden "der" Infrastrukturkonzern im Energiebereich - 271 Mio.
Kaufpreis plus Schuldenübernahme - Closing erstes Halbjahr
2021
Der Stromkonzern Verbund stärkt mit dem am Mittwoch
fixierten Kauf des Gasleitungsbetreibers Gas Connect Austria (GCA)
vom bisherigen Mehrheitseigentümer OMV seine Wasserstoff-Strategie.
Ab 2021 dient die GCA als Stabilisator der Erlöse im Portfolio, das
wegen der Erneuerbaren Stromerzeugung immer volatiler wird, sagte
der künftige Verbund-CEO, Vizegeneraldirektor Michael Strugl, am
Mittwoch im APA-Gespräch. Außerdem fungiert die GCA als Geldbringer
bei Cashflow und EBITDA.
Die Akquisition mache wirtschaftlich und strategisch sehr viel
Sinn, betonte Strugl. Mit dem Erwerb der GCA erhalte der Verbund
zusätzlich zu seinen Stromnetzen den Erdgastransporteur und werde in
Österreich "der" Infrastrukturkonzern im Energiebereich. Außerdem
sehe man mit der GCA für die Energiewende einen Vorteil bei der
Sektorkopplung.
Mithilfe der GCA könne sich der Verbund als Player für "grünes
Gas" positionieren. In Mellach in der Steiermark formiert der
Stromkonzern bereits einen Innovations-Hub für
Wasserstofftechnologie, ferner läuft mit dem Stahlkonzern
voestalpine an dessen Hauptstandort Linz in Oberösterreich seit
längerem unter Einbindung des Verbund ein
Elektrolyse-Forschungsprojekt. In diese Richtung werde es weitere
Aktivitäten des Stromkonzerns geben, so Strugl.
Das Gastransportnetz sei für die Wasserstoffwirtschaft
unabdingbar, denn Österreich werde seine künftigen Bedarfe nicht
einmal im Industriebereich selbst abdecken können. Den heimischen
Bedarf würden Experten auf knapp eine Million Tonnen jährlich
schätzen, so etwa auf 0,75 bis eine Mio. t, aber "nicht vor 2030".
Eine solche Menge werde man nicht zur Gänze mit Erneuerbarem-Strom
in Österreich decken können. Auf europäischer und
nationalstaatlicher Ebene, etwa in Deutschland und Österreich, gebe
es eine "ganz klare Absicht, etwa in Richtung Wasserstoffwirtschaft
zu tun, zu fördern", zeigte sich Strugl erfreut. Dem Verbund biete
das zusätzliche Opportunitäten, auch wenn das "noch Zukunftsmusik"
sei.
Den Rahmen für Wasserstoff müsse die Politik festsetzen - die GCA
erforsche jetzt schon, wie "grünes Gas" beigemischt werden könne.
Die Internationale Energie-Agentur (IEA) sehe für Wasserstoff
künftig die Rolle als Commodity, also als Handelsgut. "Grünes Gas"
aus Wasserstoff werde wohl dort gewonnen, wo am meisten
Überschussstrom aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung stehe. Bei
Windkraft sei da etwa an Nordeuropa zu denken, bei Photovoltaik eher
an den Süden, auch an Nordafrika. "Es wird ein zentrales Szenario
geben, wo große Erzeugungsanlagen den grünen Wasserstoff erzeugen",
der dann weitertransportiert wird, so Strugl, der Anfang 2021 als
neuer Verbund-Chef auf Wolfgang Anzengruber nachfolgt.
Der OMV zahlt der Verbund für die 51-Prozent-Mehrheit an der GCA
271 Mio. Euro. Auch übernimmt der Verbund die Verbindlichkeiten, die
die GCA gegenüber der OMV hat - Ende 2019 waren das 165,9 Mio. Euro.
Der genaue Betrag wird bei Finalisierung des Deals nach Vorliegen
aller behördlichen Genehmigungen feststehen. Strugl erwartet das
Closing fürs erste Halbjahr 2021, deshalb wirkt sich der Erwerb auch
nicht auf die Guidance des börsennotierten Stromkonzerns für das
heurige Jahr aus. Aus dem Kaufpreis ergeben sich 980 Mio. Euro
Unternehmenswert für 100 Prozent einer schuldenfreien GCA. Bei der
OMV reduziert die Transaktion die Verschuldung um über 570 Mio.
Euro, hieß es am Mittwoch.
An Free Cashflow rechnet Strugl von der künftigen Tochter GCA mit
jährlich zumindest 20 Mio. Euro, die Bandbreite werde mit 20 bis 50
Mio. Euro pro Jahr erwartet. Zum Ergebnis vor Zinsen, Steuern und
Abschreibungen (EBITDA) der GCA verwies er auf die knapp 130 Mio.
Euro im Jahr 2019. Die Vollkonsolidierung erwarte man für das erste
Halbjahr 2021.
Mitte März hatten OMV und Verbund mitgeteilt, dass sie über einen
Mehrheitswechsel bei der GCA verhandeln. Mitte Juni erklärte der
Verbund, dass man ein verbindliches Angebot lege. Für 49 Prozent der
GCA hatte 2016 ein Konsortium aus dem italienischen
Gasnetz-Betreiber SNAM und der deutschen Allianz Capital Partners
601 Mio. Euro bezahlt.
Die staatliche Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) begrüßt die
heute verkündete Unterfertigung des Kaufvertrages zwischen ihren
Portfoliounternehmen Verbund und OMV zur GCA. Strugl bescheinigte
der ÖBAG heute, dass sie ihre Beteiligungen "hochprofessionell"
manage - die Transaktion selbst sei ein Geschäft zwischen zwei
Unternehmen, das ohne Einfluss der ÖBAG zustande gekommen sei. Die
ÖBAG hält 31,5 Prozent an der OMV und managt den 51-Prozent-Anteil,
den die Republik Österreich am Verbund hält.
Verbund-Aufsichtsratschef ist ÖBAG-Alleinvorstand Thomas Schmid.
(Schluss) sp/tsk
ISIN AT0000746409 AT0000743059
WEB http://www.verbund.com
http://www.omv.com