Grasser-Prozess - Beamte wollten BIG-Projekt statt Terminal Tower
Zeugen: BIG hat Angebot zurückgezogen bzw. konnte Zeitplan
nicht halten
Am 146. Tag im Grasser-Prozess ging es heute um
die Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower, der
laut Staatsanwaltschaft eine Schmiergeldzahlung von 200.000 Euro an
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere vorausgegangen ist -
was die Angeklagten bestreiten.
Unbestritten ist, dass 200.000 Euro an den mitangeklagten
Grasser-Freund Walter Meischberger geflossen sind. Laut dem
Ex-FPÖ-Generalsekretär Meischberger war dies eine gesammelte
Bezahlung für zurückliegenden Beraterleistungen durch den Baukonzern
Porr, der gemeinsam mit der Raiffeisen Landesbank OÖ den Tower
errichtete.
In Konkurrenz zum privat finanzierten Terminal Tower stand damals
das Projekt Sonnensteinstraße, das von der staatlichen
Bundesimmobiliengesellschaft BIG betrieben wurde. Der
Vize-Aufsichtsratschef war damals der ebenfalls angeklagte
Immobilienmakler Ernst Karl Plech, ein Freund von Meischberger.
Wie die drei Zeugen heute aussagten, wurde das Projekt
Sonnensteinstraße von den verantwortlichen Beamten bevorzugt, da es
unter anderem die besseren Mietkonditionen bot und die
Verkehrsanbindung für Autofahrer günstiger war. Laut den Zeugen habe
dann aber die BIG ihr Angebot zurück gezogen bzw. den Zeitplan nicht
erfüllen können, wodurch die zweite Wahl, der Terminal Tower, zum
Zug gekommen sei.
Als erster Zeuge wurde heute Eduard Müller vernommen, damals
Gruppenleiter im Finanzministerium und während der
Übergangsregierung 2019 Finanzminister. Seit Februar ist er Vorstand
der Finanzmarktaufsicht (FMA). Er sagte aus, die Vorstände der
betroffenen Finanzbehörden seien bis zuletzt für die
Sonnensteinstraße gewesen. Ein Problem bei dem BIG-Vorhaben
Sonnensteinstraße sei aber gewesen, ob es in absehbarer Zeit
realisierbar gewesen wäre.
Der zweite Zeuge, ein leitender Linzer Finanzbeamter, führte aus,
dass die Abteilungsleiter in Linz damals für eine Übersiedlung der
Mitarbeiter in die Sonnensteinstraße waren - und der Linzer Terminal
Tower nur die zweite Wahl war. Letztendlich erhielt aber die zweite
Wahl den Zuschlag, weil der Erstgereihte sein Angebot zurück gezogen
habe, so Zeuge R. zur Richterin Marion Hohenecker. "Aber Variante 1
wäre uns lieber gewesen", sagte R. am Mittwoch im Wiener
Straflandesgericht. Nicht zuletzt deshalb, weil dann die
Mieteinnahmen wieder im "Staatssäckel" gelandet wären.
Der Zeuge sagte heute auch aus, dass es für den Umzug der
Finanzbehörden in Linz bereits vorher ein Auswahlverfahren gab - an
dem das letztendlich siegreiche Projekt Terminal Tower gar nicht
teilgenommen habe. Mangels ausreichender Bewerber sei das
Umsiedlungsprojekt aber damals gestoppt worden. Warum wiederum die
BIG beim zweiten Anlauf ihr Angebot zurück gezogen habe, wusste der
Zeuge nicht.
Von einem Rückzug der BIG hatte der heutige dritte Zeuge, der
Finanzbeamte D. nichts mitbekommen. Allerdings hatte er das Gefühl,
dass die BIG das Projekt nicht zeitgerecht umsetzen hätte können,
also letztendlich die Terminal-Tower-Gesellschaft den Zuschlag
bekommen würde. Der bevorzugte Projekt sei allerdings die
Sonnensteinstraße gewesen. Neben Kostengründen führte der Zeuge
auch, wie schon die Auskunftsperson davor, einen weiteren Grund an:
Manche Mitarbeiter hätten ein mulmiges Gefühl gehabt, in einem
Hochhausturm zu arbeiten. Laut dem zweiten Zeugen nicht zuletzt
wegen des Terroranschlages auf das World Trade Center.
Morgen, Donnerstag, wird der Prozess fortgesetzt, dann geht es
wieder um die Causa Buwog.
(Schluss) stf/itz
ISIN AT00BUWOG001 AT0000A21KS2
WEB http://www.buwog.at
http://www.immofinanz.com
http://www.rlbooe.at