EVN startet Smart-Meter-Roll-out im Herbst, Corona drückte Absatz
Jahresprognose bereits Ende April gesenkt - Thermische
Klärschlammverwertung als neue Geschäftschance
Die niederösterreichische EVN
startet ihren flächendeckenden Smart-Meter-Roll-out im Herbst, gab
der Vorstand am Donnerstag bekannt. Die Coronakrise hatte auf das
operative Geschäft im bis März laufenden ersten Halbjahr 2019/20
kaum Auswirkungen. Der Energieabsatz war ab dem Lockdown Mitte März
rückläufig und auch Investitionsprojekte haben sich verzögert.
Die Notfallpläne hätten in der Coronakrise funktioniert, die
Versorgungssicherheit sei stets gewährleistet gewesen, so
Vorstandssprecher Stefan Szyszkowitz heute bei der telefonischen
Halbjahrespressekonferenz.
Das flächendeckende Ausrollen der digitalen Stromzähler (Smart
Meter) ist nun ab September 2020 geplant. Bisher seien 270 Geräte
installiert, so EVN-Vorstand Franz Mittermayer. Nun folgten ab Juni
weitere Testkunden. Die EVN lege großen Wert auf Datensicherheit
insbesondere Einzelverschlüsselung, man habe sich auch Zeit für
detaillierte Tests genommen. Bis Jahresende will die EVN rund 35.000
digitale Stromzähler installieren, insgesamt sind 800.000 Stück
geplant.
Mit der zunehmenden Normalisierung setzt die EVN auf ein Aufholen
der coronabedingten Verzögerungen bei den Investitionen. Bis Ende
September waren ursprünglich 400 Mio. Euro geplant, davon rund 300
Mio. Euro in Niederösterreich. Man könne aber nicht ausschließen,
dass es weniger wird und die Investitionen 350 bis 400 Mio. Euro
betragen werden. Investitionsschwerpunkte sind Netzinfrastruktur,
erneuerbare Erzeugung und Trinkwasser.
Der coronabedingte Absatzrückgang dürfte bei der EVN bei 6 bis 7
Prozent liegen. In der ersten Zeit war der Rückgang zweistellig, der
Absatz hat sich dann aber wieder erholt.
Die E-Wirtschaftsverbände haben in einer freiwilligen
Vereinbarung zugesichert, dass Haushaltskunden und kleinen
Firmenkunden Strom, Gas oder Wärme bei Zahlungsverzug durch die
Coronakrise bis Ende Juni nicht abgeschaltet werden. Die EVN sieht
ihre daraus resultierende Working-capital-Belastung bis Ende Juni
bei 7 Mio. Euro. Wenn wieder bezahlt wird, kann sich dieser Betrag
ändern.
Den Ausblick für das Gesamtjahr hat die EVN wegen Corona bereits
Ende April gesenkt: Erwartet wird nun ein Konzernergebnis in der
Bandbreite von 180 bis 200 Mio. Euro. Gründe dafür sind die
Auswirkungen der Covid-19-Pandemie bei Verzögerungen des
Abwasserprojekts in Kuwait sowie unbare negative Bewertungseffekte
wegen höherer Länderrisiken für Südosteuropa. Das Großprojekt
umfasst die Errichtung einer Kläranlage und eines Kanalnetzes, der
Auftrag ging an ein Konsortium ging, dem je zur Hälfte die
EVN-Tochter WTE und ein kuwaitischer Finanzinvestor angehören. Das
Volumen liegt bei rund 1,5 Mrd. Euro, die WTE fungiert als
Generalunternehmer. Es fehlt noch das Financial Closing, das Anfang
Juli erfolgen soll.
Neue Chancen im Projektgeschäft sieht die EVN in der thermischen
Verwertung von Klärschlamm zur Nutzung für Energieerzeugung. Dies
gewinnt laut EVN unter anderem wegen gesetzlicher Einschränkungen
des landwirtschaftlichen Einsatzes als Düngemittel an Bedeutung.
Über die WTE haben die Niederösterreicher auch schon erste Aufträge
in Deutschland an Land gezogen. Im Februar erhielt die deutsche
sludge2energy, ein 50:50-Joint-Venture der WTE, den Zuschlag als
Generalunternehmer zur Errichtung einer
Klärschlammverbrennungsanlage in Hannover mit einem Auftragsvolumen
von 40 Mio. Euro. Vorgestern hat die WTE gemeinsam mit einem Partner
einen Auftrag der Berliner Wasserwerke zur thermischen Verwertung
von Klärschlamm mit einem Auftragswert von rund 190 Mio. Euro
erhalten. Auch ins niederösterreichische Dürnrohr kommen zwei solche
Anlagen. Szyszkowitz erwartet, dass in diesem Bereich auch ein
europäischer Markt entsteht.
Bezüglich der außergerichtlichen Einigung mit dem Verein für
Konsumenteninformation (VKI) im Streit um eine
Preiserhöhungsklausel, bei der die Kunden eine Gutschrift im
EVN-Bonusprogramm bzw. alternativ kleine Geldbeträge in bar
zurückerhalten, rechnet die EVN mit einem einstelligen
Millionen-Euro-Betrag, wurde am Donnerstag bekräftigt.
Beim Ausbau der erneuerbaren Energie setzt die EVN neben
Windkraft auch auf Photovoltaik, auch auf Freiflächen. Nutzen will
man dafür unter anderem Kraftwerksstandorte wie beispielsweise
Dürnrohr, wo die Kohleverstromung im Vorjahr beendet wurde.
(Schluss) itz/sp/cs
ISIN AT0000741053
WEB http://www.evn.at