voestalpine schreibt 2019/20 massive operative Verluste
Gewinnwarnung erneut nachgeschärft - Coronavirus-Krise schlägt
durch - Weitere außerplanmäßige Abschreibungen im Volumen von
125 Mio. Euro nötig
Der börsennotierte Stahlkonzern voestalpine hat
seine bisherigen Gewinnwarnungen noch ein weiteres Mal nachschärfen
müssen. Die Voest rechnet nun sogar mit einem operativen Verlust von
135 Mio. Euro für das Geschäftsjahr 2019/20, wie das Unternehmen am
Dienstag mitteilte. Im Jahr davor (2018/19) brach das EBIT bereits
um gut ein Drittel ein, war aber mit knapp 780 Mio. Euro noch
deutlich im Plus.
Weniger drastisch wurde nun auch die Prognose für den Gewinn vor
Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) weiter zurückgenommen -
von zuletzt 1,3 Mrd. auf 1,1 Mrd. Euro. Die Erwartungen für das per
Ende März abgelaufene Fiskaljahr 2019/20 hatte die voestalpine in
den vergangenen Monaten bereits mehrmals revidiert - zum Halbjahr,
im November und zuletzt kurz vor Weihnachten.
Zu allem Ungemach kam jetzt auch noch die Coronavirus-Krise
hinzu. Die COVID-19-Pandemie laste mit rund 40 Mio. Euro auf dem
operativen Ergebnis (EBIT), hieß es in der heutigen Mitteilung.
Inzwischen seien zusätzliche Abschreibungen im Volumen von 125 Mio.
Euro nötig.
"Die COVID-19-Pandemie und ihre globalen Auswirkungen werden das
voestalpine-Ergebnis im abgelaufenen Geschäftsjahr 2019/20 sowohl
operativ als auch durch Einmaleffekte belasten", teilte der Konzern
mit. Aufgrund von Wertminderungen von Vermögensgegenständen
("Impairment") müssten Sonderabschreibungen vorgenommen werden, so
der Vorstand. Diese Wertminderungen wirkten sich auf das Ergebnis
vor Zinsen und Steuern (EBIT) aus.
Wegen der "COVID-19-Effekte" habe sich auch der durchschnittlich
gewichtete Kapitalkostensatz ("Weighted Average Cost of Capital",
WACC) erhöht. Daraus ergebe sich der weitere Abschreibungsbedarf von
insgesamt 125 Mio. Euro. Die Pandemie habe darüber hinaus "seit
Mitte März auch erste operative Auswirkungen". Diese reduzierten
sowohl das EBITDA als auch das EBIT um rund 40 Mio. Euro.
"Wir haben es geschafft, uns sehr rasch an die völlig neue
Situation anzupassen", sagte Konzernchef Herbert Eibensteiner. "Bei
allen wirtschaftlichen Überlegungen steht für uns die Gesundheit der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an erster Stelle", betonte der CEO.
Die Erwartungshaltung für das Geschäftsjahr 2020/21 müsse weiter
zurückgenommen und nochmalige Sonderabschreibungen müssten
vorgenommen werden. "An unserer langfristigen strategischen
Ausrichtung ändert sich nichts. Wir werden uns weiterhin auf
technologieintensive Bereiche mit höchstem Qualitätsanspruch
konzentrieren", so der Vorstandsvorsitzende.
Der momentane Stillstand in vielen Bereichen der Wirtschaft müsse
bald überwunden werden. "Neben dem aktuellen Krisenmanagement
bereiten wir uns bereits auf das angekündigte Hochfahren der
Automobilindustrie und anderer für uns wichtiger Bereiche vor", so
Eibensteiner. Entscheidend werde es sein, "schnell wieder in die
Gänge zu kommen". "Jetzt müssen rasch weitere Schritte folgen, um
die industrielle Produktion schnellstmöglich hochzufahren."
Bereits im Dezember hatte die Voest die Aktionäre mit
ergebnisbelastenden Einmaleffekten im Volumen von rund 360 Mio. Euro
aufgeschreckt. Damals rechnete man noch mit einem "gerade noch
positiven EBIT" für 2019/20. Anfang November war die EBITDA-Prognose
bei der Präsentation der Halbjahreszahlen bereits von 1,6 auf 1,3
Mrd. Euro gekappt worden, bis dahin hatte man mit einem auf
Vorjahresniveau "stabilen Wert" gerechnet.
Im dritten Quartal wurden Sonderabschreibungen in Höhe von 270
Mio. Euro fällig. Zusätzlich musste der Konzern auch Abwertungen und
Vorsorgen für Risiken mit negativen finanziellen Auswirkungen (etwa
Sanierungskosten) im Volumen von rund 75 Mio. Euro bilden. Zu
schaffen machten da bereits der internationale Handelskonflikt, der
massive Nachfrage-Einbruch in der Automobilindustrie und die sich
generell abschwächende Konjunktur. Die COVID-19-Pandemie habe nun
eine erneute Evaluierung notwendig gemacht.
Zusätzlich zu den Maßnahmen im Dezember 2019 muss der Konzern nun
im Geschäftsjahr 2019/2020 (per Ende März) in einigen
Geschäftsbereichen Sonderabschreibungen vornehmen - bei den
Gießereien (Traisen und Linz), bei den Nahtlosrohren (Tubulars), im
Schweißbereich (Welding Consumables), bei Buderus Edelstahl (im
deutschen Wetzlar) sowie in Cartersville und Texas (USA). Die
Effekte der Abschreibungen würden sich auf das EBIT im vierten
Quartal des Geschäftsjahres 2019/20 auswirken.
Derzeit hat die voestalpine bereits rund 18.000 Mitarbeiter in
Österreich und knapp 6.000 Mitarbeiter von 8.300 Arbeitnehmern in
Deutschland in Kurzarbeit. Die Zahl der Kurzarbeiter in Österreich
werde bis Mai auf 20.000 ansteigen. Hierzulande beschäftigt die
Voest rund 22.300 Mitarbeiter, weltweit waren es zuletzt rund
52.000.
Um die Finanzierungskraft sicherzustellen, arbeite die
voestalpine weiterhin mit Hochdruck an der Umsetzung der
angekündigten Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramme. Der
Fokus liege darüber hinaus weiterhin auf Cashflow-Optimierung und
Vorräteabbau, Investitionen würden zurückgenommen. Das in Bau
befindliche Edelstahlwerk in Kapfenberg wird den Angaben zufolge
fortgeführt.
(Schluss) kre/phs
ISIN AT0000937503
WEB http://www.voestalpine.com