Strabag fährt Baustellen wieder hoch
Mit Sozialpartnern verschärfte Schutzmaßnahmen für die
Arbeiter ausverhandelt - Konzernvorstand: Krise kann einige
Monate dauern - (von Birgit Kremser/APA)
Wegen der von der Regierung verordneten Maßnahmen
zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie stehen auch beim heimischen
Bauriesen Strabag seit knapp zehn Tagen die Bagger still. Das soll
sich jetzt ändern. Möglich macht dies eine frisch ausverhandelte
Sozialpartnervereinbarung, die seit heute auf dem Tisch liegt. "Wir
fahren sukzessive wieder hoch", sagte Strabag-Vorstand Peter Krammer
zur APA.
"In den kommenden Tagen werden wir für jede einzelne Baustelle
unserer über tausend österreichischen Baustellen prüfen, ob und wie
die Gesundheitsvorkehrungen eingehalten werden können", beschrieb
Strabag-Chef Thomas Birtel am Freitag das weitere Vorgehen. "Wir
haben in Österreich auch Quarantäne-Gebiete wie etwa Tirol, da
brauchen wir natürlich gar nicht anfangen zu bauen", ergänzte
Krammer.
Zu den momentanen Baustellenstopps sah sich der größte heimische
Baukonzern gezwungen, da der gesetzlich vorgeschriebene
Mindestabstand von einem Meter meist nicht durchführbar war. Die
Arbeiten wurden den Angaben zufolge "zu weit über 90 Prozent
eingestellt". "Im Moment laufen ganz wenige Baustellen, die zur
kritischen Infrastruktur gehören - etwa Sondierungsbohrungen für den
ÖBB-Semmering-Basistunnel oder das Krankenhaus Villach", so Krammer
zur aktuellen Situation.
Dank der Sozialpartnereinigung über baubezogene
Covid-19-Schutzmaßnahmen ist ein Unterschreiten der genannten
Entfernung fortan unter Einhaltung verschärfter
Sicherheitsmaßnahmen, also mit einem entsprechenden Mundschutz
höherer Qualität, erlaubt. Die Regierung, die Gewerkschaft und die
Bauwirtschaft haben im Eilzugstempo eine ganze Reihe von Regeln
ausgearbeitet und heute vertraglich fixiert.
"Das ist eine praktikable Lösung", ist Strabag-Manager Krammer
zufrieden. "Wir wissen ja nicht, wie lange das Ganze dauert, das
können doch einige Monate sein." Am Ende des Tages habe man sich auf
ein gutes Papier geeinigt. Die Gespräche seien "sehr emotional, aber
auch extrem konstruktiv und zielorientiert" verlaufen. "In der Krise
gibt es wenige Punkte, die positiv sind, aber dieses Zusammenrücken
und gemeinsame Nach-vorne-Schauen ist etwas Herausragendes, das
funktioniert wirklich gut."
Auch die Hygienevorschriften sind nun genau definiert. "Bei einem
Fahrerwechsel ist etwa das Lenkrad zu desinfizieren", nannte er als
Beispiel. "Das muss man jetzt alles organisieren, da sind wir
gefordert."
Bis alles wieder halbwegs läuft, ist noch viel zu tun. Man
brauche auch Notfallpläne für den Fall, dass jemand auf der
Baustelle an Corona erkranke. "Das wird aber auch deshalb ein
sukzessives Hochfahren, weil natürlich die Bauwirtschaft zum Teil
auf der Bremse steht", erklärte der Konzernvorstand. "Die Gemeinde
Wien will gar keine Baustellen beginnen, die Asfinag ist auch
zurückhaltend, die ÖBB ist da eher offensiv." Die Bahn will den
derzeit eingeschränkten Schienenverkehr verstärkt für
Instandhaltungsmaßnahmen nützen. Und auch der reduzierte Flugverkehr
wirkt sich aus: "Die Flughäfen fragen jetzt natürlich an, um
Flugfeldsanierungen durchzuführen", berichtete Krammer.
Ein volles Hochfahren der Baustellen verhindert auch die Störung
der Lieferketten infolge der dichtgemachten Landesgrenzen -
normalerweise beschäftigt die Strabag zusätzlich zu ihrem
Stammpersonal auch 1.000 bis 1.500 Bauarbeiter aus dem Ausland, die
bei Subunternehmen aus Polen, Tschechien und der Slowakei angestellt
sind. "Wir haben das Glück, dass wir eine hohe Eigenleistung haben,
wo wir de facto nicht von Subunternehmen aus dem Ausland abhängig
sind - vor allem im Straßenbau, im Hochbau ist das etwas anders",
sagte der Vorstand.
Österreich sei betreffend Arbeiter aus dem Ausland aber ohnehin
"gerade dabei, bilaterale Abkommen mit den anderen Staaten zu
vereinbaren". Die Wirtschaftskammer setze sich da aktiv für die
gesamte Branche ein.
Vergangenen Freitag griff die Strabag auf das neu geschaffene
Corona-Kurzarbeitsmodell der Regierung zurück und meldete in
Österreich für drei Monate Kurzarbeit an. Diese Regelung "bringt
Flexibilität und ist eine wirklich hervorragende Maßnahme", meinte
Krammer.
Wie viele Mitarbeiter der Strabag in Kurzarbeit müssen, steht
noch nicht fest. "Wir wollen möglichst wenige Leute in Kurzarbeit
schicken müssen", betonte der Manager. Das Ausmaß hänge auch davon
ab, wie schnell der Konzern die Baustellen hochfahren könne. "Ich
gehe davon aus, dass wir nach Ostern in Richtung hoffentlich einer
hohen Beschäftigung kommen", so der Konzernvorstand. "Wir sind
natürlich auch davon abhängig, wie unsere Auftraggeber reagieren."
Die Einrichtung der hygienischen und organisatorischen
Schutzmaßnahmen sollte innerhalb der kommenden Wochen bei der
überwiegenden Anzahl der Baustellen möglich sein, hieß es.
Vor eineinhalb Wochen hatte der Konzern noch all seine 11.000
Arbeitnehmer in Österreich - also nicht nur die rund 6.000
konzerneigenen Bauarbeiter, sondern auch die gesamte Verwaltung bis
hinauf in die Führungsetagen - "höchst vorsorglich beim
Frühwarnsystem des AMS angemeldet". Das Gespenst der Kündigung aller
Mitarbeiter wurde mit dem neuen Kurzarbeitsmodell verscheucht.
(Schluss) kre/sp
ISIN AT000000STR1
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