Grasser-Prozess - Zeugen widersprechen Wicki: Keine Fehler der Bank
Offshore-Gesellschaft Mandarin im Zentrum der Befragungen via
Videokonferenz in Liechtenstein - Wicki widerspricht einem
Zeugen
Am 129. Tag im Grasser-Prozess ging es wieder einmal
via Videoschaltung nach Liechtenstein. Befragt wurden fünf Zeugen,
die mit der Gesellschaft Mandarin zu tun hatten. Die Zeugen von der
Raiffeisenbank Liechtenstein, wo die Mandarin ein Konto hatte,
widersprachen dem mitangeklagten Vermögensverwalter Norbert Wicki,
der der Bank Fehler vorwirft. Vielmehr seien sie getäuscht worden,
so die Zeugen.
Im Mittelpunkt dabei stand heute der angeklagte Schweizer
Vermögensverwalter Norbert Wicki, der die vergangenen Monate nicht
vor Gericht erschienen war. Er eröffnete den Verhandlungstag damit,
dass er Anschuldigungen eines Bankberaters von voriger Woche im
Zeugenstand zurück wies. Dieser fühlte sich von Wicki hineingelegt,
weil er ihm, trotz eines guten beruflichen Verhältnisses
vorenthalten hatte, dass das Geld am Konto Mandarin nicht von Wickis
Mutter, sondern aus anderen Quellen stammte.
So getäuscht könne sich der Zeuge nicht gefühlt haben, denn er
habe ihn später gebeten, ob er nicht bei seiner Firma einsteigen
könne, so Wicki heute Dienstag zu Richterin Marion Hohenecker. Der
Zeuge selbst hatte diese Begegnung anders dargestellt, er habe Wicki
die Konzession für Liechtenstein abkaufen wollen, da er sich
selbstständig machen wollte.
Als erste Zeugin war heute eine Mitarbeitern der Liechtensteiner
Landesbank (LLB) befragt worden, wo die beiden Bankberater von der
Hypo Investment Bank Liechtenstein nach ihrem dortigen Ausscheiden
einen Großteil ihrer Kunden hin mitnahmen und für sie dort Konten
eröffneten, darunter auch Walter Meischberger. Die Zeugin Sandra M.
hatte nach rund 10 Jahren aber wenig Erinnerungen an die Abläufe
damals. Richterin Marion Hohenecker ging mit ihr die
Kontoeröffnungsunterlagen aus dem Jahr 2009 durch. Am neuen Konto
Meischbergers bei der LLB war zur Mittelherkunft angegeben,
"Provisionen aus Immobiliengeschäften in Ungarn und Australien".
Tatsächlich handelte es sich bei den Mitteln um einen Teil der
Buwog-Provision.
Der zweite Zeuge, Beat K., wurde ebenfalls aus Liechtenstein per
Videokonferenz in den Großen Schwurgerichtssaal zugeschaltet. Er war
2006 für fünf Monate Geschäftsführer bei der Mandarin, die von Wicki
gegründet worden war und die die Anklage Ex-Finanzminister
Karl-Heinz Grasser zurechnet, was beide dementieren. Der Zeuge
schilderte, dass er im Jahr 2006 von Wicki angesprochen wurde, ob er
Geschäftsführer der Mandarin-Gesellschaft mit Sitz auf Belize werden
wolle, um einen russischen Kunden zu betreuen.
Zunächst habe er zugesagt und wurde auch Geschäftsführer der
Mandarin, dann habe er jedoch von dem Vorhaben aus
"sorgfaltspflichtsrechtlichen Bedenken" wieder Abstand genommen.
Denn der russische Kunde habe eine Funktion bei einer deutschen Bank
gehabt, und ihm sei die Sache komisch vorgekommen, wozu dieser so
eine Konstruktion mit einer Offshore-Gesellschaft und einer Stiftung
in Liechtenstein brauche. Wicki habe dann gemeint, er könne die
Mandarin selber brauchen, wozu genau habe Wicki ihm damals nicht
gesagt. Daraufhin wurde der Zeuge Beat K. als Direktor abgesetzt.
Die dritte Zeugin des heutigen Tages, Verena F.-B., war früher
Compliance-Beauftragte bei der Raiffeisenbank Liechtenstein, wo die
Offshore-Gesellschaft Mandarin ihr Konto hatte. Im Herbst 2009 wurde
die Buwog-Provision in den Medien bekannt. Im November 2009 sei das
Konto gesperrt worden. Die Bank habe dann im März 2010 eine
Geldwäscheverdachtsmeldung bei der Geldwäschemeldestelle in
Liechtenstein gemacht, weil die Vorgänge um die Mandarin "nicht ganz
plausibel" waren, so die Zeugin: "Wir konnten eine Vortat zur
Geldwäsche nicht ausschließen."
Denn bei der Prüfung der Transaktionen hätten diese nicht mit dem
Kundenprofil, das bei der Bank hinterlegt war, zusammengepasst.
Daher habe man eine Meldung bei der Financial Intelligence Unit
(FIU) in Liechtenstein gemacht. Ihr sei auch komisch vorgekommen,
dass der Vermögensverwalter Wicki vom Mandarin-Konto 84.000 Euro für
Gebühren an seine eigene Vermögensverwaltungsgesellschaft PAP
abgebucht habe, wo er doch dann behauptete, die Mandarin gehöre ihm,
so die Zeugin. Dann hätte er sich ja selber Gebühren verrechnet.
Auf dem Konto der Mandarin in Liechtenstein wurde die Mutter von
Norbert Wicki als Wirtschaftlich Berechtigte genannt, sie sollte
eine Erbschaft ihrer Mutter - also von Wickis Großmutter - erhalten.
Tatsächlich gingen auf das Konto 500.000 Euro vom Konto "400.815"
bei der Hypo Investment Bank Liechtenstein ein, auf dem ein Teil der
Buwog-Provision lag. Weiters gab es hohe Bareinzahlungen von Wicki
und außerdem flossen 784.000 Euro vom Konto der Ferint-Gesellschaft
bei der Meinl Bank, laut Grasser von der Schwiegermutter erhaltenes
und veranlagtes Geld, auf das Mandarin-Konto. Die Anklage rechnet
daher die Mandarin dem Hauptangeklagten Grasser zu, was dieser und
Wicki bestreiten.
Der vierte heute befragte Zeuge übte harsche Kritik an Wicki.
Dieser versuche, anderen dafür die Schuld in die Schuhe zu schieben,
dass er falsche Angaben zu Berechtigten rund um das Konto der
Mandarin bei der Raiffeisenbank Liechtenstein gemacht habe. "Das hat
er schon selbst verbockt, das mit dem Konto", so der Zeuge.
Schließlich habe Wicki ursprünglich angegeben, dass die Mittel auf
dem Konto von einer Erbschaft seiner Mutter stammen würden - erst
später habe er offengelegt, dass die Gelder aus anderen Quellen
kämen. "Dann ist das Kind in den Brunnen gefallen", meinte der
Zeuge. Er habe mit dem Konto "viel Ärger" gehabt.
Dass der Raiffeisenbank Liechtenstein Fehler bei der
Kontoeröffnung passiert wären und/oder die Compliance des
Finanzinstitutes nicht richtig funktioniert hat, wie von Wicki
später in einem Aktenvermerk notiert, bestritt der Zeuge und
Bankdirektor Ludwig R.. Im übrigen hätte man rund um das Konto
Mandarin gar keine Geschäfte gemacht, wenn man gewusst hätte, dass
hier auch Grasser mitinvolviert war, was der Zeuge mit weit höherem
Arbeitsaufwand bei politisch exponierten Personen argumentierte.
"Man macht sich das Leben ja nicht unnötig schwer."
Der fünfte Zeuge Christoph H., ebenfalls von der Raiffeisenbank
Liechtenstein, konnte sich nur an eine Besprechung im Jahr 2012 mit
anderen Bankkollegen und Wicki erinnern. Damals - also nach der
Kontensperre und der Geldwäscheverdachtsmeldung der Bank zum
Mandarin-Konto - habe man reihum verschiedene Vermögensverwalter
besucht. Dass es damals seitens der Raiffeisenbank-Vertreter Wicki
gegenüber zu einer Entschuldigung gekommen wäre, wie Wicki in einem
Aktenvermerk nach dieser Besprechung angab, daran könne er sich
nicht erinnern, so der Zeuge. Man sei auch nicht mit einer
"Entschuldigungsabsicht" hingefahren.
Der Prozess wird morgen um 10.30 Uhr mit weiteren
Zeugeneinvernahmen fortgesetzt.
(Schluss) stf/gru/itz
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