Grasser-Prozess - Zeuge: Angaben zu Konto Mandarin waren falsch
Raiffeisen-Banker: "Da sind sämtliche Sicherheitsnetze
gerissen" - Buwog-Chef soll Plech verdächtigt haben, gegen die
Interessen der Republik zu agieren
Der 128. Tag im Grasser-Prozess war heute von Zeugen
mit zurückliegenden Enttäuschungen geprägt. So fühlte sich ein
Bankberater der Raiffeisen Bank in Liechtenstein vom angeklagten
Vermögensberater Norbert Wicki über die Mandarin getäuscht, und ein
Rechtsanwalt äußerte seinen Ärger über den ebenfalls angeklagten
Lobbyisten Peter Hochegger.
Als erster Zeuge trat heute der Raiffeisenbanker Wolfgang Z. vor
Richterin Marion Hohenecker und wurde rund fünf Stunden lang zu dem
Konto der Offshore-Gesellschaft Mandarin gefragt, auf das im
Dezember 2007 500.000 Euro vom Liechtenstein-Konto "400.815"
überwiesen wurden - was laut dem Zeugen gar nicht stattfinden hätte
dürfen. "Da sind sämtliche Sicherheitsnetze gerissen", so der Zeuge.
Der Zeuge Wolfgang Z. hatte mit dem Schweizer Vermögensverwalter
Wicki das Konto für die Offshore-Gesellschaft Mandarin Group -
registriert in Belize - eröffnet. Wicki habe ihm gesagt,
Wirtschaftlich Berechtigte des Mandarin-Kontos sei seine eigene
Mutter. Dass gleich die erste Einzahlung von 500.000 Euro allerdings
von einem Konto bei der Hypo Investment Bank Liechtenstein kam, für
das der angeklagte Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger als
Kontoinhaber eingetragen war, statt von Wickis Mutter, und er das
nicht gesehen habe, bereue er bis heute, so der Zeuge zur Richterin.
Die Anklage ordnet das Konto "400.815" dem Hauptangeklagten
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser zu - was dieser und
Meischberger bestreiten.
Nachdem die Causa Buwog an die Öffentlichkeit kam, habe Wicki
eine "Beichte" abgelegt. Wicki habe dann der Bank einen
Kreditvertrag der Mandarin mit Meischberger vorgelegt. Bis dahin
habe er nichts von einem Kreditvertrag gewusst, sagte der Zeuge.
Auch wenn Wicki damals, bei der 500.000 Euro-Überweisung vom Konto
400.815, den Kreditvertrag vorgelegt hätte, wäre die Transaktion
nicht genehmigt worden. "Das wäre ein No", sagte der Zeuge. Wicki
habe nachher auch gesagt, er habe das Mandarin-Konto als
Treuhandkonto verwendet. Doch bei Treuhandkonten habe die Bank -
auch damals schon - jede Transaktion genau dokumentieren müssen.
Laut Anklage wurde der Kreditvertrag im Nachhinein angefertigt, um
die wahren Hintergründe der Transaktion zu verdecken - was die
Angeklagten bestreiten.
Auf das Mandarin-Konto bei der RBL gingen große Bareinlagen ein,
die der Chauffeur von Wicki in die Bank brachte. Wicki habe ihn
immer informiert, dass es um Geld aus einer Erbschaft seiner Mutter
gehe, das habe er auch in der Bank so festgehalten. Weiters floss
auf das Mandarin-Konto auch Geld vom Konto der Ferint-Gesellschaft
bei der Meinl Bank. Als die Buwog-Causa in den Medien im Herbst 2009
aufflog, habe dann Wicki gebeichtet, das Geld sei nicht von seiner
Mutter.
Der Zeuge Wolfgang Z. sagte aus, dass er auch über die "Catherine
Participation"-Gesellschaft falsch informiert worden sei. Er habe
immer gedacht, diese Gesellschaft mit Konto bei der St. Galler
Kantonalbank in der Schweiz gehöre ebenfalls der Mutter des - nun
mitangeklagten - Schweizer Vermögensverwalters Norbert Wicki, ebenso
wie die Mandarin-Group. Beides sind Offshore-Gesellschaften und an
derselben Adresse in Belize in Mittelamerika angesiedelt. Auf die
Catherine Participation wurden 700.000 Euro von der Mandarin
überwiesen, die laut Grasser aus dem ursprünglichen und durch einen
Hypo-Genussschein der Ferint AG vermehrten "Schwiegermuttergeld"
stammten.
Nach dem Banker war ein Rechtsanwalt der Buwog als Zeuge geladen.
Er sagte aus, der damalige Buwog-Geschäftsführer Gerhard Schuster
habe ihn darauf angesprochen, dass er ein Problem mit dem im Prozess
ebenfalls angeklagte Makler Ernst Plech in seiner Funktion als
damaliger Aufsichtsratspräsident der Buwog habe.
Daraufhin habe der Anwalt Kontakt mit Hochegger aufgenommen, mit
dem er "per Du" war und von dem er wusste, dass er Kontakt zum
damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser hatte. Er habe Hochegger
mitgeteilt, dass Schuster den Eindruck habe, dass Plech die
Interessen der Republik bei der damals noch staatlichen Buwog nicht
ausreichend vertrete, sagte der Zeuge, Anwalt Stefan P. .
Bei der nächsten Aufsichtsratssitzung der Buwog habe dann Plech
Schuster kräftig den Kopf gewaschen, sogar von einer "Hinrichtung"
soll die Rede gewesen sein. Plech habe sich darüber aufgeregt, dass
Schuster am Aufsichtsrat vorbei Kontakte zu Grasser suchte. Schuster
habe daraufhin sehr unerfreut den heutigen Zeugen angerufen, sein
Anwaltsmandat bei der Buwog wurde dann nicht verlängert. Daraufhin
habe er, so der Zeuge heute zur Richterin, Hochegger angerufen und
ihm deutlich klar gemacht, dass er es eine Frechheit finde, dass ihm
Hochegger dieses "Kollisionsproblem" nicht sofort offenlegte.
Als letzter Zeuge für den heutigen Tag war ein Mitglied der
sogenannten "Meinl-Rebellen" geladen - also jener Aktionäre, die
sich bei den Meinl-Gesellschaften gegen die Führung gestellt haben
und letztendlich siegreich waren. Die Meinl Bank spielt in der
laufenden Hauptverhandlung eine Rolle, da Grasser dort Geld
veranlagt hat und bei der Meinl International Power (MIP) führend
tätig war. Der frühere Bankchef Julius Meinl ist noch heuer als
Zeuge geladen. Alexander Proschofsky schilderte turbulente
Hauptversammlungen der Meinl International Power im Jahr 2008, wo
Grasser und Meischberger anwesend waren. Außerdem habe er das
Gerücht gehört, dass Grasser der "Mister ein Prozent bei
Privatisierungen" genannt wurde - von wem wisse er nicht.
Der Prozess wird nächste Woche am Dienstag, 10. Dezember, mit
weiteren Zeugen fortgesetzt.
(Schluss) stf/gru/sp
ISIN AT00BUWOG001 AT0000809058
WEB http://www.buwog.at
http://www.immofinanz.com
http://www.rlbooe.at