Grasser-Prozess - Meinl-"Rebell" Proschofsky schildert turbulente HV
Zeuge: Grasser rief, "Meischi was ist da los"? - Gerücht über
Grasser: "Mister ein Prozent bei Privatisierungen"
Der ehemals bei den Aktionärsgefechten um die
Meinl-Gesellschaften aktive Investor Alexander Proschofsky, der als
Anführer der "Rebellen" galt, schilderte heute im Zeugenstand im
Grasser-Prozess seine Eindrücke von den Hauptversammlungen im Jahr
2008. Grasser war damals nach seinem Ausscheiden als Finanzminister
bei der Managementgesellschaft der Meinl International Power (MIP).
Grasser habe wie ein externer Vorstand der Jersey-Gesellschaft
der Meinl Bank agiert. Sein eigenes Anliegen sei es damals gewesen,
die Direktoren der Gesellschaft bei der Hauptversammlung abzuwählen,
so der Zeuge. Im Jahr 2008 fanden drei MIP-Hauptversammlungen statt,
im Mai, Juli und Oktober. Walter Meischberger habe bei der ersten HV
im Jahr 2008 als MIP-Aktionär teilgenommen.
Die erste Hauptversammlung sei nach österreichischem Recht
abgelaufen, da mussten die Vertreter der Aktionäre nicht die wahren
wirtschaftlich Berechtigten an den Aktien nennen, sagte Proschofsky.
Bei der zweiten und dritten HV hingegen sei es dann nach dem Recht
der Kanalinsel Jersey abgelaufen, wo die Meinl-Gesellschaften alle
ihren Sitz hatten: Dann musste der wahre Eigentümer der Aktien in
der Anmeldeliste zur HV genannt werden.
Meischberger hatte im Jahr 2008 seine MIP-Aktien in Liechtenstein
an die Mandarin-Gesellschaft übertragen, nach seinen Angaben weil er
nicht bei der Stimmrechtsausübung auf der HV als Eigentümer so
vieler Aktien aufscheinen wollte. Die Stimmrechtsausübung kam aber
dann nicht zustande, weil man doch den wirtschaftlich Berechtigten
hätte nennen müssen, so der Angeklagte.
Proschofsky schilderte einen Vorfall von der zweiten, turbulent
verlaufenen Hauptversammlung im Juli 2008: Noch während der HV sei
offenbar versucht worden, Aktien zu einem überhöhten Preis von
anwesenden Aktionären zu kaufen. Trotzdem sei der Antrag der
Rebellen auf Absetzung der Direktoren zunächst durchgegangen.
Grasser sei im Publikum gesessen und habe dann gerufen: "Meischi was
ist da los?"
Dann sei bei der HV ein großer Wirbel entstanden. Die Rebellen
hätten dann das Ergebnis angefochten. Er habe mit Grasser eigentlich
eine vernünftige Gesprächsbasis gehabt und ihn auch in seinem Büro
der Value Creations getroffen. Er habe ihm gesagt, das Problem sei,
dass er mit Meinl im Boot sitze.
Richterin Marion Hohenecker fragte Proschofsky dann noch zu einer
Aussage von ihm im Ermittlungsverfahren. Er habe irgendwo das
Gerücht gehört, Grasser sei nicht nur der "Mister Nulldefizit"
sondern auch der "Mister ein Prozent bei Privatisierungen" gewesen.
Der Zeuge bestätigte diese Aussage. Er könne sich aber nicht mehr
erinnern, wer ihm das damals gesagt habe, und er habe auch nicht
nachgefragt.
Proschofsky kritisierte erneut das damalige "System Meinl": Die
Gesellschaften seien von diesem System aufgesogen worden. Im Sommer
2007 seien bei der MIP 600 Mio. Euro an Investorengeldern
aufgenommen worden, und bei der HV im Jahr 2008 waren bereits 50
Mio. Euro durch Gebühren und die Managementgesellschaft aufgesogen
gewesen. Der Vorschlag der Meinl-Seite wäre es gewesen, noch einmal
30 Mio. Euro an die Managementgesellschaft zu geben. Doch die
Ansicht der "Rebellen" sei gewesen, das Vermögen auszuschütten und
zurückzuzahlen, dann würde man sich auch die 30 Mio. Euro noch
ersparen. Das Wort "Rebellen" habe übrigens die Meinl-Seite erfunden
- diese Zuschreibung werde er bis heute nicht mehr los, bedauerte
er.
(Schluss/folgt Zus.) gru/stf/sp
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