Nach FACC-Betrugsfall: Schadenersatzklage gegen Ex-Chef abgewiesen
Gericht stellte keine Pflichtverletzung fest - Urteil nicht
rechtskräftig - BILD
In einem Zivilprozess nach einem
Millionenbetrug beim Flugzeugkomponentenhersteller FACC in Ried im
Innkreis in Oberösterreich hat das Landesgericht Ried die Klage des
Unternehmens gegen einen Ex-Vorstand auf Schadenersatz in der Höhe
von 10 Mio. Euro am Mittwoch nicht rechtskräftig abgewiesen. Es
stellte keine Pflichtverletzung bei ihm und deshalb auch keine
Haftung fest.
Ausgangspunkt für den seit Dezember 2018 in 13 Verhandlungstagen
ausgetragenen Streit vor Gericht ist ein Betrugsfall aus dem Jahr
2016. Die Täter hatten sich damals in Mails an die Buchhaltung der
FACC als die Firmenchefs ausgegeben und die Überweisung von 54 Mio.
Euro auf ausländische Konten veranlasst. FACC argumentierte, der
Vorstand habe kein ausreichendes Kontrollsystem geschaffen und damit
den Schaden zu verantworten. Das wies der Beklagte zurück.
Zur Verhandlung am Mittwoch weitete die FACC ihre Forderung auf
insgesamt 43 Mio. Euro aus. Das löste eine erneute rechtliche
Auseinandersetzung zwischen den Anwälten der Streitparteien aus.
Anträge wurden gestellt und von der Gegenseite zurückgewiesen.
Zuletzt erfolgte von Richter Nikolaus Steininger, der mehrmals im
Verfahren zu einem Vergleich geraten hatte, der Beschluss auf
Abweisung der Anträge und er erklärte die Sache entscheidungsreif.
In seinem Urteil wies er die Schadenersatzklage ab und begründete
dies ausführlich. Das erfolge wegen der Anwesenheit etlicher
Journalisten: "Ich will nicht morgen lesen: Ein Geschäftsführer darf
alles." Er verwies darauf, dass der Vorfall und die Umstände, die
dazu führten, nicht aus der späterer Sicht - "danach ist man immer
gescheiter" - beurteilt werden dürften. Zweifellos sei - wie sich in
der Verhandlung gezeigt habe - das Zahlungssystem des Unternehmens
nicht ordnungsgemäß gewesen, wenn eine einzige Mitarbeiterin
Überweisungen durchführen konnte. Doch weil der Beklagte davon nicht
gewusst habe, hafte er auch nicht dafür. Er sei gemäß der
Ressortverteilung für seinen Bereich verantwortlich gewesen, ein
internes Kontrollsystem falle nur abgeschwächt in die ihm zukommende
Gesamtverantwortung. Er hätte nur bei Verdachtsmomenten handeln
müssen, doch sei ihm vom zuständigen Vorstandsmitglied versichert
worden, dass es bei Überweisungen ein Vier-Augen-Prinzip gebe. Somit
habe er seine Überwachungspflicht nicht verletzt.
Die Klagsvertreter meldeten sofort Berufung an, die Gegenseite
gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.
Das Oberlandesgericht wird sich damit befassen. Die Angelegenheit
wird die Justiz auch sonst noch weiter beschäftigen. Denn der
Ex-Chef hat gegen seine vorzeitige Abberufung geklagt. Auch das
Handelsgericht Wien ist in die Sache eingeschaltet. Zudem ermittelt
die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in dem
Fall.
In der Verhandlung in Ried war auch zu hören, dass Gelder aus dem
Betrug wieder aus dem Ausland zurückgeholt werden konnten und sich
noch bei den österreichischen Behörden befinden. Das
oberösterreichische Unternehmen FACC ist börsennotiert, seit 2009
ist die staatliche Aviation Industry Corporation of China (AVIC)
Mehrheitsaktionär.
(Schluss) zie/ver/hel
ISIN AT00000FACC2
WEB http://www.facc.at