BAWAG/Refco-Prozess: Vorstandsbeschluss von 2005 erneut im Fokus
Büttner sprach von "geübter Praxis" in der BAWAG
Einmal mehr war am fünften
Verhandlungstag im BAWAG/Refco-Prozess die Vorstandsentscheidung im
Oktober 2005 über den "Blitzkredit" an Refco in Höhe von 350 Mio.
Euro ein Thema. Sowohl von der Richterin, als auch von den beiden
besitzenden Berufsrichtern, der Staatsanwältin sowie der
Verteidigerin Caroline Toifl wurden diesbezüglich viele Fragen an
Ex-BAWAG-Vorstand Christian Büttner gestellt.
Büttner wies darauf hin, dass die Entscheidung über den Kredit
aus seiner Sicht ordnungsgemäß gefällt worden sei. Es sei am 7.
Oktober die Kreditvergabe von einer Mehrheit der Vorstände in einer
spontan einberufenen Sitzung beschlossen worden. Der Vorstand habe
sich damals alle zwei Wochen planmäßig getroffen, dass dazwischen
spontane Sitzungen stattfanden, in denen auch Entscheidungen
getroffen wurden sei jedoch normal gewesen und wäre häufig
vorgekommen.
Am 14. Oktober sei diese Entscheidung dann im Gesamtvorstand
besprochen und protokolliert worden. Dies sei aber keine nochmalige
Entscheidung gewesen, daher sei es auch zulässig gewesen, dass der
Kreditantrag bereits vor dem 14. Oktober durchgeführt wurde. Eine
Bestimmung über ein notwendiges Anwesenheitsquorum bei einer
Vorstandentscheidung habe es in der Satzung der BAWAG damals nicht
gegeben. Dementsprechend sei es auch formell unproblematisch
gewesen, dass nicht alle Vorstände an der Sitzung am 7. Oktober
teilgenommen hätten oder über diese informiert worden seien.
Da es sich bei dem Kredit um einen Lombardkredit gehandelt habe -
also einen rein mit Aktien besicherten Kredit - sei es außerdem
zulässig gewesen, dass die Bonität des Kreditnehmers nicht
ausführlich geprüft wird, da diese nicht relevant für die
Besicherung ist. Relevant sei ausschließlich das Aktienpaket gewesen
und dieses hätte damals eine Besicherung dargestellt, die drei mal
so hoch war wie der Kredit an sich, so Büttner.
Dass die Vorentscheidung zur Kreditvergabe am 7. Oktober nicht
von allen Vorständen getroffen wurde und am 14. nur noch
protokolliert wurde, ohne dass die zunächst nicht informierten
Vorstände etwas dagegen hätten tun könnte, stieß bei der Richterin
sowie bei den beisitzenden Richtern auf Verwunderung. Es sei "geübte
Praxis" in der BAWAG gewesen, dass nicht immer alle bei jeder
Sitzung dabei sind, sagte Büttner bei der Hauptverhandlung am
Landesgericht Wiener Neustadt. Darüber hinaus sei die Entscheidung
am 7. Oktober von einer Mehrheit der Vorstände getroffen worden, so
Büttner. Damit hätte es auch keine Auswirkung gehabt, wenn die
übrigen Vorstände am 14. Oktober Einwände gegen die Entscheidung
vorgebracht hätten.
Der zweite Berufsrichter merkte hierzu an: "Nur weil es geübte
Praxis ist, heißt das noch lange nicht, dass es richtig ist". Zuvor
hatte Büttner auf Nachfrage seiner Verteidigerin Toifl geantwortet,
dass sogar die Entscheidung des Generaldirektors alleine in der
BAWAG fallweise als Gesamtvorstandsentscheidung gewertet worden sei.
Das sei unter dem früheren Generaldirektor Helmut Elsner und auch
unter seinem Nachfolger Johann Zwettler gewesen. Zwettler ist in dem
laufenden Prozess als Erstangeklagter geführt, ist jedoch aus
gesundheitlichen Gründen verhandlungsunfähig und nimmt daher an dem
Prozess nicht teil.
(Schluss) bel/gru
ISIN AT0000BAWAG2
WEB http://www.bawagpsk.com