RBI-Ökonomen bleiben trotz Brexit-Chaos vorerst optimistisch für 2019
Maurer: "Brexit hatte im Q1 kaum Auswirkungen auf die Märkte"
- RBI rechnet in Prognosen nicht mit hartem Brexit - Märkte
nach Knick im Q4 2018 zum Start 2019 wieder erholt
Trotz der weiterhin vielen Fragezeichen rund
um den Brexit bleiben die RBI-Ökonomen vorerst optimistisch für die
weitere Entwicklung der Kapitalmärkte im Jahr 2019. "Eine der
größten Überraschungen im 1. Quartal war für uns, dass der Brexit
nahezu keine Auswirkungen an den Märkten hatte", sagte Bernd Maurer,
Chefanalyst der Raiffeisen Centrobank (RCB), am Freitag vor
Journalisten.
Das britische Pfund habe sogar aufgewertet. An den Finanzmärkten
gingen die Teilnehmer derzeit weitgehend davon aus, dass es keinen
"Hard Brexit", also keinen ungeordneten Austritt, geben werde, so
Maurer. Die Abstimmungen im britischen Parlament hätten zwar nicht
offenbart, wie es nach dem abgelehnten Abkommen mit der EU genau
weitergehen soll, sie hätten aber wohl gezeigt, dass das Unterhaus
einen Brexit ohne Deal am allerwenigsten möchte, ergänzte Valentin
Hofstätter, Ökonom der Raiffeisen Bank International (RBI).
Der Glaube der Kapitalmarktteilnehmer an einen Deal zwischen der
EU und Großbritannien berge aber auch Gefahren, denn "eine
Kursanpassung an den Börsen kann oft sehr schnell gehen". Im Falle
eines ungeordneten Brexit wäre dann ein Aussteigen aus
risikoreicheren Anlageformen eventuell nicht mehr für alle
rechtzeitig möglich, so Hofstätter.
Nach zahlreichen Abstimmungen im britischen Parlament zum Brexit
wurde das Datum des Austritts vorerst vom 29. März auf den 12. April
verschoben. Zum Ende dieser Sitzungswoche läuft außerdem eine von
der EU gesetzte Frist ab, bis zu der in London zumindest der
Brexit-Vertrag gebilligt sein muss. Fehlt die Zustimmung, droht zum
12. April ein Ausscheiden Großbritanniens aus der EU ohne Abkommen
oder eine sehr lange Verschiebung des Brexits.
Die RBI unterstellt in ihren Prognosen derzeit keinen harten
Brexit, sagte RBI-Chefökonom Peter Brezinschek am Freitag im Rahmen
des RBI-Kapitalmarktausblicks für das zweite Quartal 2019. Für
Österreich prognostizieren die Experten für das laufende Jahr ein
Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent. Für 2020 wird ein Wachstum von
1,2 Prozent unterstellt.
Österreich dürfte sich damit etwas besser halten als die
Eurozone, für die die RBI für 2019 und 2020 ein Wachstum von 1,1
bzw. 1,0 Prozent erwartet. Sollte es aber unerwartet doch zu einem
ungeordneten Austritt kommen, müssten die Schätzungen deutlich
zurückgenommen werden, so Brezinschek.
Bis dahin bleiben die Ökonomen aber noch optimistisch, sowohl für
die Kapitalmarktaussichten im zweiten Quartal als auch im Gesamtjahr
2019. Nach der starken Korrektur an den Aktienmärkten im vierten
Quartal 2018 sei es im Startquartal 2019 wieder merklich bergauf
gegangen. In den USA sei der Knick sogar fast zur Gänze wieder
aufgeholt worden, sagte Hofstätter. Die US-Rezessionsängste der
Anleger zum Vorjahresschluss seien wohl übertrieben gewesen. Zudem
rechnet Brezinschek damit, dass es im Handelsstreit zwischen den USA
und China in den kommenden Monaten zumindest zu einer vorläufigen
Einigung kommen wird.
Auch die zuletzt inverse US-Zinskurve ist laut Hofstätter noch
kein Grund zur Sorge, da diese ein sehr früher Vorlauffaktor für
eine sich abschwächende Konjunktur ist. Von einer inversen Zinskurve
wird dann gesprochen, wenn die Rendite für kurzlaufende dreijährige
Papiere den Zinssatz für 10-jährige Staatsanleihen übersteigt. Im
Normalfall steigt die Rendite mit zunehmender Laufzeit der
Staatspapiere an.
Im Schnitt dauert es nach den ersten Inversionen der Zinskurve
aber noch rund eineinhalb Jahre bis der Höhepunkt an den
Aktienmärkten erreicht wird, erst dann geht es wieder bergab, sagte
Hofstätter. In Anbetracht der anhaltenden EZB-Niedrigzinsphase und
der ebenfalls minimalen Renditen bei Staatsanleihen bleibe er
dementsprechend für das laufenden Jahr noch "bullish" für den
US-Aktienmarkt.
Auch in Wien hat sich der ATX im ersten Quartal 2019 deutlich von
seiner Schwächephase im Vorquartal erholt. Seit Jahresbeginn konnte
der heimische Leitindex rund elf Prozent zulegen und steht derzeit
knapp über 3.000 Punkten. Besonders gut performt hätten die beiden
Ölwerte OMV und Schoeller-Bleckmann, wobei die Titel vor allem von
einer guten Sektorperformance mitgezogen worden seien, so Maurer. Im
Hinblick auf die nahende Dividendensaison hob der RCB-Analyst zudem
die UNIQA und die Oesterreichische Post wegen ihrer nachhaltig hohen
Dividendenrendite positiv hervor.
(Schluss) bel/ivn
ISIN AT0000606306
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