Grasser-Prozess - Millionensummen wurden nicht hinterfragt
Unterschiedliche Aussagen der heutigen Zeugen zur Sitzung im
Gelben Salon - Traumüller wird noch einmal geladen, Neudeck
soll Kalender suchen
Fast eine Milliarde Euro schwer war der Verkauf der
Bundeswohnungen unter dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz
Grasser, welche Summen genau geboten wurden war aber teilweise nach
der Anbotsöffnung nicht bekannt - und wurde vom Mitglied der
Vergabekommission und späteren Chef der Finanzmarktaufsicht (FMA),
Heinrich Traumüller, auch nicht hinterfragt, wie er heute als Zeuge
aussagte.
Was mit der Finanzierungsgarantie der CA Immo von 960 Mio. Euro
und dem Zinsabschlag von 60 Mio. Euro genau gemeint war, habe er -
wie alle anderen Sitzungsteilnehmer - nur selber interpretiert. Im
übrigen sei das Treffen am 7. Juni 2004, bei dem der Berater Lehman
Brothers die Angebote vorstellte, zwar keine Sitzung der
Vergabekommission, aber eine Kommissionssitzung gewesen, meinte
Traumüller. Bei diesem Treffen im Gelben Salon habe Lehman für eine
zweite Runde plädiert, und Grasser habe das letztlich so
entschieden. Während bei der ersten Runde die CA Immo vorne lag,
drehte sich die Reihung und schließlich erhielt das
Österreich-Konsortium mit der Immofinanz bei der zweiten Runde den
Zuschlag.
Unklar blieb heute am 82. Prozesstag, wer genau bei der
Anbotspräsentation durch Lehman Brothers anwesend war. Laut
Traumüller war nämlich auch der damalige FPÖ-Wohnbausprecher Detlev
Neudeck dabei, er wisse sogar noch genau wo dieser damals im Jahr
2004 gesessen sei. Neudeck, der heute als zweiter Zeuge geladen war,
sagte hingegen kurz darauf, er wisse davon nichts: An eine Sitzung
mit Lehman und im Gelben Salon habe er keine Erinnerung. Wie er sich
allgemein an viele Dinge nicht mehr erinnern konnte - was aber
seiner guten Laune im Großen Schwurgerichtssaal keinen Abbruch tat.
Als seine Erinnerung zu einer Frage im parlamentarischen
Untersuchungsausschuss zurückkehrte, meinte er zu Richterin Marion
Hohenecker "Na Entschuldigung, an meine Bonmots erinnere ich mich
schon noch".
Neudeck konnte sich noch teilweise an die Sitzung am 13. Juni
2004 erinnern, ein Sonntag und Tag der EU-Wahl: Bei dem Treffen in
einer Anwaltskanzlei sei auch Grasser dabei gewesen. Dort wurden die
Anbote der zweiten Runde besprochen und Grasser habe mit dem
damaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider telefoniert.
Beim entscheidenden Punkt des Grasser-Verfahrens rund um den
Buwog-Verkauf - wie das Finanzierungslimit der CA Immo von 960 Mio.
Euro dem Konkurrenten, dem letztlich siegreichen
Österreich-Konsortium bekannt wurde - schwankte Neudeck bei seinen
Erklärungen. Erst wollte er es vor oder nach der Anbotsöffnung aus
der Immobilien- oder Bankbranche erfahren haben, danach vielleicht
auch aus der Zeitung. 15 Jahre danach könne er es keinesfalls mehr
zeitlich einordnen, erklärte Neudeck.
Traumüller hatte zuvor den Tag der Anbotseröffnung in der ersten
Runde geschildert, den 4. Juni 2004, als er als Vertreter des
Ministers beim Notar war, der um 15 Uhr die Anbote für die
Bundeswohnungen öffnete. Drei Anbote seien pünktlich vor 15 Uhr
gekommen, eines sei zu spät eingetrudelt. Zu seiner Überraschung
habe der Notar die Anbote nicht gereiht, sondern einfach den Inhalt
geschildert. Später an dem Tag habe er noch ein etwa zehnminütiges
"unspektakuläres" Gespräch mit Grasser gehabt, dem er gesagt habe,
"freu dich", es gehe in Richtung einer Milliarde. Konkretere Zahlen
oder eine Bieterreihung habe er ihm aber keine genannt, sagte
Traumüller heute. "Das war kein Thema, mein Thema war, dass es
Unsicherheiten bei einem Bieter gibt". In seinen Notizen von dem
Treffen mit "HBM" (Herr Bundesminister) schrieb Traumüller bereits
von einer möglichen weiteren Verhandlungsrunde. Er wisse nicht mehr,
wer eine mögliche zweite Runde aufgebracht habe. Bei dem Treffen am
4. Juni sei auch Grassers damaliger Kabinettschef Matthias Winkler
dabei gewesen.
Traumüller wird für den 26. März noch einmal als Zeuge geladen,
das wird dann sein dritter Auftritt beim Grasser-Prozess. Neudeck
hingegen soll nur noch nachschauen, ob er zu Hause einen Kalender
vom Juni 2004 finde, gab ihm die Richterin auf den Weg.
(Schluss) stf/gru/rf
ISIN AT00BUWOG001 AT0000809058
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