EVN: Rahmen für Erneuerbaren-Energiezukunft unzureichend
Saisonale Sommer-Winter-Batteriespeicher fehlen - Gas für
Netzstabilität nötig - Dürnrohr-Kohleblock bis 2025 technisch
verfügbar - Ökostromförderung zu gering im Vergleich zu
Deutschland - GRAFIK
Der niederösterreichische
Energieversorger EVN hält die Rahmenbedingungen für die geplante
100-prozentige Deckung des Stromverbrauchs mit Erneuerbaren im Sinne
der #mission2030 für unzureichend. Die Volatilität im Netz werde
zunehmen, es gebe aber zu wenig kalorische Kraftwerke zur
Stabilisierung und auch saisonale Sommer-Winter-Batterien würden
noch fehlen, erklärte das Management am Donnerstag.
Für den kurzzeitigen Ausgleich und die Frequenzstabilisierung
seien Batteriespeicher geeignet, wie man sie etwa in Prottes (NÖ)
teste, sagte EVN-Vorstandsdirektor Franz Mittermayer im
Bilanzpressegespräch. Für eine Langzeitspeicherung von Strom wäre
eine solche Lösung aber zu teuer, die würde zum Beispiel für zwei
Haushalte 3 Mio. Euro kosten. "Da muss eine andere Technik gefunden
werden", so Mittermayer, nämlich etwa die Speicherung von aus
Überschussstrom gewonnenem Wasserstoff in Gasspeichern.
Weil das Wind-, Solar- und Wasserkraftangebot im Sommer besser
ist, müsse saisonal eine Strommenge von 11,5 Terawattstunden (TWh),
über ein Sechstel des Stromverbrauchs Österreichs, für den Winter
gespeichert werden, sagte EVN-Vorstandschef Stefan Szyszkowitz.
Damit könnte dann die Leistungslücke von 9.500 Megawatt (MW)
bewältigt werden, die es vor allem im Dezember und Jänner gebe.
Deshalb begrüße man, dass Übertragungsnetzbetreiber (TSO) in der EU
auch im Netz Strom speichern können sollen.
Weil die Erzeugung wegen des planmäßig steigenden Angebots an
Erneuerbaren Energien immer volatiler werde, sei eine kalorische
Stromproduktion für die Regel- und Ausgleichsenergie nötig, um die
Netze stabil zu halten, gab der EVN-Chef zu verstehen. "Ohne Gas
sind die nächsten Jahre nicht vorstellbar, was die
Versorgungssicherheit betrifft", meinte Mittermayer dazu. Seitens
der EVN könnte man sich etwa neue, kleinere Gasturbinenanlagen
vorstellen, die müssten aber rentabel und eine Inanspruchnahme zur
Netzstabilisierung durch die Austrian Power Grid (APG) als TSO
gewährleistet sein, hieß es aus dem Unternehmen. Für die 27 TWh
Stromvolumen, die bis 2030 in Österreich aus Wind, PV und
Wasserkraft dazugebaut werden sollen, um für den dann erwarteten
Verbrauch von 88 TWh gerüstet zu sein, fehle der parallele
Kraftwerkspark, so Mittermayer: "Denn je mehr volatile Erneuerbare
es gibt, umso mehr flexible Backup-Leistung werden wir brauchen." Im
übrigen sehe man in Österreich kein Potenzial von zusätzlichen 6 TWh
Wasserkraft als Teil der geplanten 27 TWh. Und das
Photovoltaik-Ausbauziel "hieße PV auf 80 Prozent aller Dächer".
Zur Netzstabilisierung hat die EVN in der Saison 2017/18 erstmals
eine Leistung von 1.090 MW bereitgestellt, sagte Szyszkowitz. Und im
Zeitraum Mai bis September seien zusätzlich noch 430 MW für
Österreich kontrahiert gewesen. In Summe seien die thermischen
EVN-Kraftwerke an 157 Tagen im Einsatz gewesen. Eine direkte
Bereitstellung von Kapazitäten für den süddeutschen Raum ist nach
dem Ende der deutschösterreichischen Preiszone mit 1. Oktober nicht
mehr zulässig; nun erfolgt die Reservekapazitäts-Bereitstellung für
die Verbund-Tochter APG. Ein neuer 430-MW-Vertrag läuft vorerst bis
September 2021.
Der Dürnrohr-Kraftwerksblock, der ursprünglich als
Grundlast-Einheit für den Winter gebaut wurde und außer zum Anfahren
mit Steinkohle befeuert wird, soll sein "Ende der technischen
Verfügbarkeit mit 2025" haben, sagte Szyszkowitz auf Anfrage.
Umweltorganisationen geht der Ausstieg der EVN aus der
Kohleverstromung ja nicht rasch genug. Der EVN-Chef meinte zu dem
Thema, hier sei auch Verantwortung im Hinblick auf die Gefahr eines
Blackouts gefragt.
Den rechtlichen Rahmen für Investitionen in die Erneuerbaren
Energien, die ab 2030 - bilanziell übers Jahr gesehen - den gesamten
heimischen Strombedarf abdecken sollen, sieht Szyszkowitz als
unzureichend an. In Deutschland etwa zahle die Bevölkerung im Jahr
22 bis 25 Mrd. Euro für Erneuerbare. Im üblichen Verhältnis 10:1
betrachtet wären das für unser Land 2,2 bis 2,5 Mrd. Euro, rechnete
er vor. Tatsächlich betrage die Förderung in Österreich aber nur 800
bis 900 Mio. Euro jährlich.
Das soeben vom Parlament beschlossene neue
Standortentwicklungsgesetz (StEntG) begrüßte der EVN-Chef. Die
heimische E-Wirtschaft habe eine reihe standortrelevanter Projekte,
die Durchlaufzeiten in den Genehmigungsverfahren seien hier bisher
einfach zu lang. Das neue Gesetz sei hier "ein wesentlicher Schritt
nach vorn". Projektgegner von NGOs oder aus der Bevölkerung sieht er
nicht ausgebootet, die großen Projekte würden ohnedies immer
intensiv diskutiert. Die E-Wirtschaft rechnet, dass für die
Energiezukunft 2030 rund 50 Mrd. Euro Investments nötig sind, davon
30 Mrd. Euro für die Erzeugung, 20 Mrd. Euro für die Netze.
Maßnahmen zu Stromspeichern, Batterien, "Power to X" usw. sind in
diesen Summen aber noch nicht enthalten.
( 1229-18, 88 x 70 mm)
(Schluss/folgt Zus.) sp/tsk
ISIN AT0000741053
WEB http://www.evn.at
ISIN AT00BUWOG001 AT0000609607
WEB http://www.buwog.at
http://www.porr-group.com