Deutsches Kartellamt beobachtet Fusionspläne von Karstadt und Kaufhof
Vizepräsident Ost: "Das müssen wir uns im Einzelfall
anschauen" - Behörde wartet Gespräche zwischen Benko und HBC
ab - Entwarnung bei Flugticketpreisen
Eine Fusion der deutschen Warenhäuser Kaufhof
und Karstadt würde auch die Kartellwächter auf den Plan rufen. Eine
Einschätzung, wie das deutsche Bundeskartellamt den Deal beurteilt,
gibt es aber noch nicht. "Gegebenenfalls wäre hier eine Vielzahl von
regionalen Märkten aber auch verschiedene Warengruppen zu
betrachten. Das müssten wir uns im Einzelfall anschauen", sagte
Vizepräsident Konrad Ost am Montag in Wien zur APA.
Die nordamerikanische Kaufhof-Mutter HBC hat vergangene Woche
bestätigt, dass es Gespräche mit der Signa-Holding des Tiroler
Immobilieninvestors und Karstadt-Eigentümers Rene Benko gibt. Fix
ist ein Zusammenschluss allerdings noch nicht. "Wir werden zunächst
abwarten, ob sich die verschiedenen Parteien einigen und ob das
Vorhaben tatsächlich in Angriff genommen wird. Es ist ja nicht das
erste Mal, dass eine große Fusion angekündigt wird und das Ganze
dann doch nicht klappt", erklärte Ost im APA-Gespräch.
Ost war am Montag auf Einladung der österreichischen
Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) in Wien. Bei den Flugticketpreisen
geben die beiden Wettbewerbshüter Entwarnung. Letztlich sei durch
die Kartellbehörden in Brüssel, Wien und Bonn eine Stärkung des
Monopols verhindert worden, sagte BWB-Chef Theodor Thanner. "Ryanair
ist erstmals in Wien und das ist ein deutlicher Schub. Dort wo
Wettbewerb ist, sind die Preise um 35 Prozent gesunken", so Thanner.
"Mir macht die Strecke Wien-Brüssel Sorgen." Im Juni seien die
Preise bei bis zu 890 Euro gelegen, für 700 Kilometer. "Es könnte
sein, dass das exzessiv ist". Thanner kündigte an, das Gespräch mit
dem neuen AUA-Chef Alexis von Hoensbroech zu suchen. Hoensbroech
übernimmt im August die Führung der Lufthansa-Tochter in Wien.
In Deutschland hatten die Kartellwächter die Preise für
Flugbuchungen ebenfalls im Auge. "Wir haben uns bestimmte
innerdeutsche Strecken angeschaut, auf denen Lufthansa nach dem
Ausscheiden von Air Berlin ein Monopol hatte und haben uns die
Preissteigerungen angesehen. Das waren bis zu 30 Prozent", sagte
Ost. Durch den Eintritt von Easyjet habe sich die Lage aber
entspannt. "Wir setzen darauf, dass sich der Markt weiter beruhigt,
möglicherweise auch durch den Einstieg von Ryanair. Wir behalten den
Markt aber weiter im Auge."
Ein weiterer Fall, der die Kartellwächter sowohl in Österreich
als auch Deutschland beschäftigte, ist das deutsche Zuckerkartell.
Ein Bußgeldantrag der BWB gegen den österreichischen Zuckerkonzern
Agrana liegt nach wie vor beim Kartellgericht, wie Thanner sagte. In
Deutschland ist man bereits einen Schritt weiter: "Das
Bußgeldverfahren zum Zuckerkartell in Deutschland ist damals
einvernehmlich beendet worden, sodass wir derzeit in Deutschland im
Wesentlichen die Nachwehen dieses Kartells beobachten können. Es
gibt Schadenersatzklagen der Zucker-verarbeitenden Industrie, die
anhängig sind, in dreistelliger Millionenhöhe. Beim Bundeskartellamt
wurden über hundert Aktieneinsichtsanträge gestellt", schilderte
Ost.
Die Kartellbehörden haben zuletzt verstärkt kooperiert, weil in
Österreich und Deutschland Unternehmen seit kurzem auch Übernahmen
anmelden müssen, wenn der Kaufpreis über 200 bzw. 400 Mio. Euro
liegt und es im Inland ein erhebliche Geschäftstätigkeit gibt. Die
sogenannte Transaktionswertschwelle wurde eingeführt, weil die
Umsatzschwelle in manchen Fällen nicht greift. Vor allem bei
digitalen Unternehmen, Start-ups und im Pharmasektor soll so ein
etwaiges Marktpotenzial auch ohne entsprechendem Umsatz
berücksichtigt werden können. So wären Übernahmen wie Whatsapp oder
Runtastic in Zukunft von der Fusionskontrolle erfasst, sagte
Thanner.
(Schluss) pro/cam
ISIN AT0000603709
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