Leiterplattenkonzern AT&S schrammte 2017/18 an Umsatzmilliarde vorbei
Steirisches ATX-Unternehmen kehrte in Gewinnzone zurück und
will Dividende erhöhen - Aktie unter Druck - Mittelfristig 1,5
Mrd. Erlös angepeilt - Entscheidung über China-Ausbau Mitte
2018
Der steirische Leiterplattenhersteller AT&S
ist im Geschäftsjahr 2017/18 wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt
und hat Erlös und operatives Ergebnis auf Rekordwerte gesteigert.
Die Umsatzmilliarde hat der ATX-Konzern aber wegen
Währungsschwankungen knapp verfehlt, was ihm der Finanzmarkt übel
nahm: Die Aktie geriet am Dienstag stark unter Druck.
Mittelfristig, also in den kommenden fünf Jahren, will AT&S den
Umsatz auf 1,5 Mrd. Euro steigern, was einem durchschnittlichen
Umsatzwachstum von 9 Prozent im Jahr entspräche - deutlich über
Branchenschnitt, wie Firmenchef Andreas Gerstenmayer bei der
Bilanzpressekonferenz in Wien erklärte. Die in der Branche wichtige
Ebitda-Marge soll bei 20 bis 25 Prozent bleiben.
Für das bereits angelaufene Geschäftsjahr 2018/19 geht AT&S
jedoch "nur" von einer sechsprozentigen Umsatzsteigerung aus. Nach
einer intensiven Investitionsphase sei es angesagt, Luft zu holen
und die bestehende Produktion "auf Effizienz zu trimmen". Die
Ebitda-Marge erwarten die Steirer bei 20 bis 23 Prozent, die
Saisonalität im Bereich mobile Anwendungen dürfte "stärker" werden -
wie stark, sei noch nicht abzusehen. "Man muss im Wochenrhythmus
damit rechnen, dass sich nach oben oder unten etwas verändert", so
der CEO. Im ersten Quartal 2018/19 dürften sich die saisonalen
Effekte des vierten Quartals des vergangenen Geschäftsjahres
jedenfalls fortsetzen. Grundsätzlich ist Saisonalität im
Mobilfunksektor "business as usual", erklärte AT&S-Finanzchefin
Monika Stoisser-Göhring. Neue Handys kommen meist im September,
rechtzeitig vor Weihnachten, heraus. "Bei uns sind das zweite und
das dritte Quartal immer die stärksten."
Heuer hat AT&S für Erhaltungsinvestionen und kleinere
Technologie-Upgrade für das laufende Geschäft 70 bis 100 Mio. Euro
eingerechnet, schwerpunktmäßig für die Standorte Nanjangud (Indien)
und Fehring im Bereich Hochfrequenzleiterplatten für das autonome
Fahren.
Zusätzlich könnten aber noch weitere 100 Mio. Euro in Kapazitäts-
und Technologieerweiterungen fließen, kündigte Gerstenmayer an. Das
hänge alles von der Marktentwicklung ab. Zu einem großen Teil geht
es dabei um China, wo AT&S in einer ersten Phase in zwei Werke in
Chongqing laut Konzernchef rund 520 Mio. Euro investiert hat und
Anlaufschwierigkeiten hatte, die im Geschäftsjahr 2016/17 sogar zu
einem Konzernverlust geführt hatten. Das Gesamtinvestitionsausmaß
der "Stufe zwei" sei schwierig zu prognostizieren, so Gerstenmayer
am Dienstag. Eine Phase zwei sei in beiden Werken möglich, über den
weiteren Ausbau von Chongqing soll Mitte 2018 entschieden werden.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2017/18 hat AT&S den Umsatz um
knapp 22 Prozent auf 991,8 Mio. Euro gesteigert. "Die Milliarde ist
es knapp nicht geworden, da haben uns negative FX-Effekte
hineingespuckt", sagte Finanzchefin Stoisser-Göhring. Die
Dollar/Euro-Entwicklung sei "deutlich negativ" für AT&S gewesen. Das
Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) legte um
fast 73 Prozent auf 226 Mio. Euro zu, das operative Ergebnis (Ebit)
von knapp 7 Mio. auf mehr als 90 Mio. Euro und das Konzernergebnis
drehte von -22,9 Mio. auf 56,5 Mio. Euro ins Plus. Die
Eigenkapitalquote verbesserte sich dank einer Hybridanleihe von 37,6
auf 46,5 Prozent, die Nettoverschuldung ging um 45 Prozent auf 209
Mio. Euro zurück.
Die Aktionäre sollen von den Steigerungen profitieren: Der
Vorstand schlägt eine Dividende von 36 Cent je Aktie vor, nach 10
Cent.
Den meisten Umsatz, nämlich 63 Prozent, machte der ATX-Konzern
zuletzt in Amerika, 21 Prozent in Deutschland und Österreich, 10
Prozent in Asien und den Rest in anderen europäischen Ländern. Der
Großteil (84 Prozent des Umsatzes) wird in Asien produziert, 16
Prozent in Österreich, erläuterte die Finanzvorständin.
Im großen Segment Mobile Devices und Substrates stieg der Umsatz
unter anderem dank der Einführung der neuen mSAP-Technologie, die in
iPhones zur Anwendung kommt, um 29 Prozent auf 739 Mio. Euro. Die
Standorte Chongqing und Shanghai waren gut ausgelastet. Die Sparte
Automotive, Industrial, Medical legte um 3,8 Prozent auf 365 Mio.
Euro zu, das Segments-Ebitda ging jedoch um 9 Prozent auf knapp 47
Mio. Euro zurück, da es im vorangegangen Geschäftsjahr 2016/17 einen
Sondereffekt gegeben hatte. AT&S hatte eine aus der Sanierung 2008
stammende Rückstellung in Höhe von 7,2 Mio. Euro aufgelöst.
Vom Zollstreit zwischen China und den USA ist AT&S derzeit nicht
betroffen, sagte die Finanzchefin. "Wir liefern nicht direkt an
Amerika", sondern an die nächsten in der Lieferkette, die in Asien
sitzen. Computer und Smartphones werden fast vollständig in Asien
produziert, erinnerte CEO Gerstenmayer. Er glaubt nicht, dass es im
Bereich Kommunikations- und Consumer-Artikel zu "sehr massiven
Zollschranken" kommt. Sehr wohl ein Thema sei aber der Schutz von
Technologie und Know-how (Protektion), den die USA und China
forcierten.
Mit der Fachkräftesuche hat AT&S in China derzeit kein Problem.
Aber "wenn wir in Österreich ausbauen, ist es deutlich schwieriger",
so Gerstenmayer. AT&S bildet sowohl in der Steiermark als auch in
Asien Leute selbst aus. "Wir sind in einer Technologie, die in
Europa eigentlich nicht beheimatet ist. Wenn wir zusätzlich
erfahrene Leute aus Asien brauchen, stehen wir zum Beispiel vor der
Herausforderung, in Österreich Arbeitsgenehmigungen zu bekommen",
schilderte Stoisser-Göhring. Derzeit beschäftigt AT&S fast 10.000
Mitarbeiter, davon rund 1.400 in Österreich. Durch den Ausbau in
Fehring werden dort einige Beschäftigte dazukommen, "sonst werden
wir in etwa auf dem Level bleiben, wo wir momentan sind", so die
Finanzchefin.
Die AT&S-Aktie verlor am Dienstag bis kurz nach Mittag fast 8
Prozent, derzeit notiert sie bei 20,8 Euro.
(Schluss) snu/cri
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