Grasser-Prozess - Redseliger Meischberger pocht auf "Diskretion"
Zweitangeklagter will brisante Informationen von Haider
erhalten haben - Wortwechsel mit Richterin - Plaudereien über
Haiders Rolle und Grasser - BILD
Im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister
Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) hat der Zweitangeklagte, Grassers
Trauzeuge Walter Meischberger, sich selber als wichtigen politischen
Berater Grassers dargestellt, der damals im Finanzministerium aus
und ein ging. Geheime Informationen zur Buwog-Privatisierung habe er
aber von Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider und nicht von Grasser
bekommen.
Meischberger wurde heute Dienstag, dem 30. Verhandlungstag,
ausschließlich von Richterin Marion Hohenecker einvernommen. Der
frühere FPÖ-Spitzenpolitiker gab sich redselig und plauderte äußerst
selbstbewusst über seine, nach eigenen Angaben, großen Leistungen
bei der Beratung zur Privatisierung der Bundeswohnungen. Bei der
Beratung sei er "wegen der Nähe zu Grasser" im Hintergrund
gestanden, der Kontakt mit Immofinanz und RLB OÖ sei nur über den -
mitangeklagten - Peter Hochegger gelaufen.
Meischberger verglich Grasser mit einem "Magneten", um den sich
die Menschen wie "Eisenspäne" ausgerichtet hätten - er selber sei
dazwischen gestanden. Nervös wirkte Meischberger nur in kurzen
Momenten, wenn er etwa die Gesichtsausdrücke von Richterin und
Staatsanwalt kommentierte.
Der - 2008 tödlich verunglückte - Haider habe ihn von sich aus
nach der ersten Bieterrunde im Buwog-Privatisierungsverfahren Anfang
Juni 2004 angerufen, weil er von ihm Informationen haben wollte,
sagte Meischberger. Er habe aber selber nichts gewusst, stattdessen
habe Haider ihm Details aus dem streng geheimen Bieterverfahren im
Finanzministerium erzählt: Die Höhe der Gebote von
Österreich-Konsortium und CA Immo, sowie das Finanzierungslimit der
CA Immo von 960 Mio. Euro.
Haider habe zu ihm gemeint, es müsste eine zweite Runde geben,
damit die Republik mehr herausholen könnte. Daraufhin habe er - via
Peter Hochegger - der Immofinanz ausrichten lassen, sie sollten in
Richtung einer Milliarde bieten, jedenfalls mehr als 960 Mio. Euro.
Nachdem Meischberger diese Zusage hatte, kam es auch wirklich zu
einer zweiten Bieterrunde - wieso das geschah, blieb offen. Laut
Anklage hatte Grasser die Fäden gezogen und nach der Zusage eines
höheren Gebots eine zweite Runde angesetzt, um das Bestechungsgeld
von einem Prozent - 9,6 Mio. Euro - für sich und seine hilfreichen
Freunde zu lukrieren.
Laut Meischberger standen ihm 80 Prozent der Provision zu, und
Hochegger 20 Prozent. Grasser und der mitangeklagte Makler Ernst
Karl Plech hätten gar nichts bekommen, weil sie nicht involviert
gewesen wären. Es sei ja auf seine, Meischbergers, strategische
Beratung zurückzuführen, dass das Österreich-Konsortium die
Privatisierung gewonnen habe. Bei der Abwicklung der Millionen
wurden Scheinrechnungen von Hocheggers zypriotischer Firma
Astropolis an eine Immofinanz-Tochter gestellt, das Geld über Zypern
schließlich nach Liechtenstein auf drei Konten überwiesen. Laut
Anklage standen hinter den drei Konten Meischberger, Grasser und
Plech - laut Meischberger gehörte alles Geld ihm alleine, die drei
Konten habe er nur für seinen Finanzplan gemacht.
Ein Motorboot auf Ibiza, das auf Plech eingetragen wurde, habe in
Wahrheit ihm, Meischberger gehört - obwohl er damals wegen eines
Hausbaus gar nicht liquide gewesen sei, wie die Richterin
herausarbeitete. Auch eine Wohnung in Ibiza habe er erstanden, so
Meischberger.
Für die Abrechnung der Buwog-Provision mussten Projekte und
Gesellschaften "gefunden werden", sagte Meischberger. Eine einfache
Rechnung mit dem wahren Leistungsinhalt habe er aus "Diskretion"
nicht gewollt. Sonst wäre womöglich eine Finanzprüfung gekommen, und
das Ganze in den Medien aufgetaucht - was er wegen seiner "Nähe zu
Grasser" schon gar nicht gewollt habe.
Als die Provision im Herbst 2009 öffentlich bekannt wurde,
stellten Meischberger und Hochegger Selbstanzeige bei der Finanz,
weil sie das Geld nicht versteuerten. Er sei damals nicht so gut
beraten gewesen, meinte Meischberger. Eigentlich sei das Ganze gar
nicht steuerpflichtig, weil laut dem Begleitgesetz zur
Privatisierung die Transaktionen zur Verwertung der
Wohnbaugesellschaften abgabenfrei gestellt worden seien.
Der Prozess geht morgen, Mittwoch, im Wiener Straflandesgericht
weiter.
(Schluss) gru/stf/phs/ln
ISIN AT00BUWOG001 AT0000809058
WEB http://www.buwog.at
http://www.immofinanz.com
http://www.rlbooe.at