Grasser-Prozess - Raiffeisen-Starzer muss Widersprüche erklären
Aussagen des Bankers konträr zu jenen von Hochegger und
Petrikovics - "Keine Raiffeisen-Partie im Ministerium" -
"Dornröschen"-Schloss im Gericht - BILD
Der mitangeklagte Ex-RLB OÖ-Banker Georg
Starzer ist heute am dritten und letzten Tag seiner Einvernahmen im
Grasser-Prozess erneut unter Druck gestanden. Er bemühte sich,
zahlreiche Widersprüche zwischen seinen Aussagen und jenen der
Mitangeklagten Peter Hochegger und Ex-Immofinanz-Chef Karl
Petrikovics aufzuklären. Starzer, wegen Bestechung und Untreue
angeklagt, bekennt sich nicht schuldig.
Er habe keine Vereinbarung mit Hochegger über eine Beratung bei
der Buwog-Privatisierung gehabt, betonte Starzer heute, Donnerstag,
am 17. Tag im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz
Grasser (FPÖ/ÖVP) und andere. Dass Hochegger von ihm über E-Mails
mehrfach die Zahlung der Provision einforderte, habe keinen
Rechtsgrund - Hochegger sei "lästig" gewesen, meinte der frühere
langjährige RLB-OÖ-Banker. Dass ihm Hochegger sogar einen
Vertragsentwurf schickte, habe er einfach ignoriert.
Hochegger gibt an, Raiffeisen habe ihm als Bezahlung statt Geld
ein Schloss angeboten, und zwar das Schloss Leopoldstein in der
Steiermark. Er habe das aber abgelehnt, weil er kein Schloss
brauche. Laut Starzer war es aber genau umgekehrt: Hochegger habe
sich für das Schloss interessiert, das im Zuge der Privatisierung
der Bundeswohnungen in den Teil-Besitz von Raiffeisen kam. Das
Schloss war nämlich eines der Assets der Linzer WAG, die im
Bundeswohnungspaket war, und gehört bis heute der WAG. Ein
"Dornröschen"-Schloss, schwer verwertbar, aber mit dem richtigen
Konzept ein "Goldstück", meinte Starzer.
Nicht nur beim Schloss steht also Aussage gegen Aussage. Auch bei
sonstigen Schilderungen: Laut Petrikovics leistete Raiffeisen die
halbe Hochegger-Provision, statt einer direkten Zahlung an Hochegger
wurde die Provision aber beim Weiterverkauf der Villacher ESG an die
Immofinanz quasi eingepreist. Dem widersprach Starzer heute heftig,
es sei ein gutes Geschäft für die RLB OÖ gewesen, da habe es keinen
Abzug von Hochegger-Millionen gegeben.
Staatsanwalt Norbert Denk thematisierte die langjährige
Vertrauensstellung Starzers im Raiffeisen-Konzern im Vorstand. Erst
im Vorjahr wurde sein Vorstandsmandat vorzeitig aufgelöst, seine
Position nicht nachbesetzt. Im Jahr 2016 hatte Starzer 450.000 Euro
Jahresgehalt verdient, nun habe er "450.000 Gründe", hier nichts
auszusagen, was die RLB OÖ schädige, so der Staatsanwalt. Bei
Starzer ist offenbar noch eine starke Identifizierung mit seinem
langjährigen Arbeitgeber vorhanden, weil er öfter von "wir" sprach.
Von Petrikovics Anwalt Otto Dietrich wurde Starzer mit dem
Protokoll des Untersuchungsausschusses konfrontiert, wo er sagte, es
gebe keine "Raiffeisen-Partie" im Finanzministerium. Um die Frage,
was eine "Raiffeisen-Partie" denn überhaupt sein könnte, entspann
sich eine kurze Debatte. Dietrich hatte auch in der Biographie von
Ex-RLB-OÖ-Generaldirektor Ludwig Scharinger gelesen und hielt
Starzer einige Zitate seines früheren Chefs vor. Der kann im Prozess
nicht selber gefragt werden, da er aus gesundheitlichen Gründen
verhandlungsunfähig ist.
Aufhorchen ließ CA Immo-Vertreter Johannes Lehner, dessen Fragen
Starzer zwar nicht beantwortete, der daher dann quasi einen Monolog
mit Fragen führte. Lehner bezog sich auf die Preisfindung in der
entscheidenden zweiten Runde. Laut Anklage soll Hochegger den Tipp,
mehr als 960 Mio. Euro zu bieten, aus dem Finanzministerium von
Grasser haben. 960 Mio. Euro sei das Finanzierungslimit der CA Immo
durch die Bank Austria gewesen. In Wahrheit habe dies aber nur
bedeutet, dass die CA Immo in der ersten Runde mit Angebot plus
Nebenkosten für die Finanzierung maximal 960 Mio. Euro von der Bank
bekommen hätte. In der zweiten Runde ging die Bank Austria mit dem
Finanzierungslimit über eine Milliarde Euro. Für Lehner liegt der
Schluss nahe, dass die Information, man müsse mehr als 960 Mio. Euro
bieten, von einem Nicht-Fachmann - etwa einem Politiker - an
Hochegger und von diesem an Petrikovics weitergegeben worden sei. Es
sei zwar inhaltlich unrichtig gewesen, habe aber trotzdem zufällig
zum Ziel geführt.
Der Prozess wird nächsten Mittwoch im Großen Schwurgerichtssaal
des Wiener Straflandesgerichts fortgesetzt.
(Schluss) gru/stf/ggr
ISIN AT00BUWOG001 AT0000609607 AT0000809058
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