Grasser-Prozess - RLB-Starzer: Keinen Einblick in operativen Bereich
Ex-Raiffeisen-Vorstand: "Die Kärntner Wohnungen wollte keiner"
- BILD
Am 15. Prozesstag im Korruptionsverfahren gegen
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und weitere hat heute
Richterin Marion Hohenecker, wie angekündigt, den angeklagten Ex-RLB
OÖ-Vorstand Georg Starzer in den Zeugenstand gerufen - und dieser
hat, wie erwartet, seine Rolle beim Kauf der Bundeswohnungen durch
ein Konsortium unter anderem aus Immofinanz und RLB OÖ klein
gespielt.
Er sei in operative Vorgänge beim Erwerb der Bundeswohnungen
(Buwog u.a.) nicht eingebunden gewesen und habe sich lediglich um
die Finanzen gekümmert, sagte der frühere langjährige Bankvorstand.
Dem mitangeklagten Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics sei er nur
ein paarmal flüchtig bei Meetings begegnet, wo man sich auf Small
Talk beschränkt habe. Petrikovics hatte zuvor diametral ausgesagt
und versucht, seine Rolle gering zu halten - und Starzer als
führende Person beim Kauf dargestellt.
Dass die mächtige Raiffeisen-Landesbank Oberösterreich Druck auf
die Kärntner Politik gemacht habe, um Probleme beim Kauf der
Eisenbahnerwohnungen ESG zu beseitigen (die sich im Paket der
Bundeswohnungen befanden), stellte Starzer in Abrede. Man sei hier
keineswegs "diplomatisch" unterwegs gewesen - und auch nicht als
"Geheimagent" -, meinte er wohl in Anspielung auf die Rolle des
Lobbyisten Peter Hochegger, der von Petrikovics als solcher
dargestellt wurde.
Mehrmals betonte Starzer heute, dass der Wunsch der Politik nach
einem Erlös des Verkaufes der Bundeswohnungen von einer Milliarde
Euro bekannt gewesen sei und mehrere Interessenten abgeschreckt
habe. Die Raiffeisen-Landesbank sei jedenfalls nur am
Oberösterreich-Teil des Paketes (WAG und EBS) interessiert gewesen.
Die Kärntner Eisenbahnerwohnungen ESG habe man nicht gewollt, aber
mitnehmen müssen. "Die Kärntner Wohnungen wollte keiner", so Starzer
zu Hohenecker.
Durch taktische Preispolitik im Bieterverfahren um die
Bundeswohnungen habe man versucht, in beiden Fällen - egal ob
Kärnten das Vorkaufsrecht für die ESG ausübt oder nicht - gut
auszusteigen, schilderte Starzer. Niemand hätte damals gewusst, ob
Kärnten das Vorkaufsrecht ausübe oder nicht. Starzer dementierte
auch entschieden die Angaben von Petrikovics, dass beim
nachträglichen Verkauf der halben ESG an die Immofinanz das
angeblich auf die RLB OÖ entfallene halbe Hochegger-Honorar
eingepreist worden wäre und so die RLB OÖ die Hälfte von Hocheggers
Honorar geleistet hätte.
Wenn Starzer zu seinem ehemaligen Boss, dem mächtigen RLB-OÖ-Chef
Ludwig Scharinger befragt wurde, kam er heute im Großen
Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts mehrfach ins
Schwärmen. Er sei der Erste und der Letzte im Büro gewesen, und habe
aus einer mittelständischen Bank einen großen Player im Land
gemacht. "Er hat die Bank kraftvoll aufgebaut", so Starzer.
Scharinger sei für Beteiligungen des Konzerns zuständig gewesen.
Scharinger ist ebenfalls angeklagt, aber aufgrund der Folgen eines
Sturzes bei einem Aufenthalt in Russland nicht verhandlungsfähig.
Doch auch für Petrikovics, der ihn zuvor belastet hatte, hatte
Starzer warme Worte. Er habe diesen als "professionell, sehr
freundlich" kennengelernt.
Dass die RLB OÖ als Konsortialführer des letztendlich siegreichen
Konsortiums aufgetreten ist, bestätigte Starzer, und auch dass man
dafür eine Gebühr von 400.000 Euro kassiert habe. Als Gegenleistung
habe sich die RLB OÖ um die Koordinierung der Konsortialpartner, die
Berater und die Due Diligence gekümmert. Zum Vergleich: Die
Provision - für den erfolgreichen Zuschlag an das
Immofinanz/RLB-Konsortium - an die Lobbyisten Peter Hochegger und
Walter Meischberger (und andere, wie die Staatsanwaltschaft
behauptet) hat 9,6 Mio. Euro betragen.
Befragt, warum es denn überhaupt beim Verkauf der Bundeswohnungen
unter dem damaligen Finanzminister Grasser zu einem zweiten
Bieterverfahren gekommen ist, meinte Starzer, dass davon auszugehen
gewesen sei. Die deutlich höhere Bietersumme im zweiten Verfahren
erklärte der ehemalige Raiffeisen-Spitzenmanager unter anderem
damit, dass durch das kürzere Bieterverfahren das Zinsrisiko bei
weitem niedriger war.
(Schluss) stf/gru/sp
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