OMV-Chef Seele: Nicht allein auf Elektromobilität setzen
"Der Diesel hat uns nicht betrogen" - "Wasserstoff wird
vernachlässigt" - "Großes Potenzial für Erdgas in der
Schifffahrt"
OMV-Chef Rainer Seele warnt davor, bei der Abkehr
von Benzin und Diesel allein auf Elektromobilität zu setzen. "Die
Elektromobilität wird kommen und wir werden in Zukunft eine größere
Diversifizierung des Fuhrparks haben, aber wir sollten uns nicht auf
eine Technologie festsetzen", sagte Seele am Dienstag beim "Business
Lunch" der Raiffeisen Bank International (RBI) in Wien.
Die Entwicklung hin zur Elektromobilität werde in den einzelnen
Weltregionen und auch innerhalb Europas nicht gleich schnell
ablaufen, "in Osteuropa wird sie eine andere Schrittgeschwindigkeit
haben als in Westeuropa", sagte Seele. Öl und Gas würden auch
künftig benötigt werden, er sehe daher für die OMV keinen Anlass zum
Umschwenken. "Ich habe sowieso keinen Track Record mit Windmühlen
und Solar Panels", so Seele. "Der (Verbund-Chef, Anm.) Wolfgang
Anzengruber macht das super und er soll das weiter machen."
Das übergeordnete Ziel sollte nicht eine Quote an bestimmten
Fahrzeugtypen sein, sondern die Reduktion der CO2-Emissionen. "Was
ich derzeit bei den Zulassungen von Neufahrzeugen beobachte, ist,
dass der Verbraucher derart verunsichert ist, dass er von Diesel auf
Benziner umsteigt. Und wenn ich mir das anschaue, das ist der größte
Schmarrn", meinte Seele. "Denn beim spezifischen CO2-Ausstoß ist der
Diesel unschlagbar. Der Diesel hat uns alle nicht betrogen."
Betrogen worden sei vielmehr mit Hilfe von IT bei der Erreichung von
Messwerten, die man sonst nicht erreicht hätte. Bei Schadstoffen wie
NOx (Stickoxide) seien die Emissionen ebenfalls deutlich reduziert
worden, "da beißt die Maus keinen Faden ab".
Auch die Elektromobilität habe mit etlichen Hürden zu kämpfen,
etwa der Beschaffung der Rohstoffe für die Batterien oder dem Ausbau
der Infrastruktur. "Es gibt auch noch alternative Technologien. Da
spreche ich insbesondere die Wasserstofftechnologie an, die meines
Erachtens vernachlässigt wird. Ich würde mich freuen, wenn die
Politik das Thema Wasserstoff genauso unterstützen würde wie das
Thema Elektromobilität."
Das Seele große Stücke auf Erdgas hält, ist wenig überraschend.
"Wir sehen deutlich, dass langfristig der Verbrauch an Öl
zurückgehen und der Verbrauch an Erdgas steigen wird. Und das ist
auch klimatisch sehr, sehr sinnvoll und vorteilhaft, denn Erdgas hat
in punkto Ökoeffizienz unter den fossilen Brennstoffen mit weitem
Abstand die beste Bilanz." Wenn Europa bei der Reduktion der
CO2-Emissionen rasche Erfolge sehen wolle, müsse man den
Kohleverbrauch senken, so wie es die USA bereits erfolgreich getan
hätten. "Wir müssen aufhören damit, dass wir die Kohle irgendwie
künstlich subventionieren." Die Strompreise würden sich in eine
Richtung entwickeln, wo Erdgas wieder eine Chance habe. "Was wir
nicht machen können: Dass die Erdgasindustrie die Stromindustrie
subventioniert. Das geht nicht." Für Erdgas sehe er auch ein
"Riesenpotenzial" in der Schifffahrtindustrie, sagte Seele. Der
Umstieg von schwerem Heizöl auf Diesel in der Schifffahrt sei schon
ein großer Erfolg, längerfristig sei das aber ein Potenzial für
Erdgas.
Darum setzt sich Seele auch bei jeder Gelegenheit vehement für
die Nordstream-2-Gaspipeline ein. "Ich würde alles dafür tun, damit
diese Pipeline gebaut wird. Da lasse ich mich auch nicht erschüttern
durch irgendwelche Einzelmeinungen in der Europäischen Union. Diese
Pipeline ist für die OMV wichtig, sie ist für Österreich wichtig,
und sie ist für Europa wichtig."
Im kommenden Jahr will Seele in Rumänien die
Investitionsentscheidung über die Entwicklung des Offshore-Gasfelds
"Neptun" im Schwarzen Meer treffen. Das Gasvorkommen dort sei so
groß, dass der rumänische Markt nur einen Bruchteil davon
verbrauchen könne. "Da sehe ich natürlich mit großer Sorge, dass man
in Rumänien sehr, sehr stark diskutiert, dass man diesen Export auch
innerhalb der europäischen Union in irgendeiner Form einschränken
möchte. Das ist eine Entwicklung, wo ich auch sehr deutlich werde im
Gespräch mit der rumänischen Politik, denn das ist sicherlich nicht
förderlich für diese Investition."
(Schluss) ivn/ggr
ISIN AT0000606306 AT0000743059
WEB http://www.rbinternational.com/
http://www.omv.com