Mayr-Melnhof: Aktuelle Zinslage schränkt Übernahmemöglichkeiten ein
Konzernchef hält Zinslandschaft für wettbewerbsfeindlich -
Größte Expansionsprojekte im Iran und Vietnam - Gestiegene
Preise werden heuer an Kunden weitergegeben
Der italienische Notenbankchef und
EZB-Ratsmitglied Ignazio Visco hat gestern Hoffnungen für eine
baldige Zinsanhebung in Europa befeuert. Freuen würde das den
Konzernchef des Kartonherstellers Mayr-Melnhof, Wilhelm Hörmanseder,
der die aktuelle Zinslandschaft für wettbewerbsfeindlich hält und
sich bei Übernahmemöglichkeiten eingeschränkt sieht.
"Der Leidensdruck zu verkaufen ist sehr klein. Der gesamte
M&A-Markt (Markt für Mergers & Acquisitions, Anm.) ist deshalb sehr
schmal", sagte Hörmanseder am Dienstag bei einem Hintergrundgespräch
in Wien. Jedes Unternehmen könne jeden Kreditzins bezahlen. Viele
Mitbewerber hätten nur noch den Status von Zombies, würden also
unter anderen Bedingungen gar nicht überleben. "Es würde genügen,
wenn sich die Zinskurve dreht. Das gibt weniger Sauerstoff für die
Zombies", so Hörmanseder.
Im vergangenen Jahr ist Mayr-Melnhof dennoch hauptsächlich
aufgrund einer Übernahme im Pharmabereich in Frankreich gewachsen.
Auch in Zukunft will das Unternehmen, Hersteller von Recyclingkarton
sowie von Faltschachteln, "keine Gelegenheit für Akquisitionen
auslassen". "Wir sind bestens aufgestellt, um weitere
Wachstumsschritte zu finanzieren", sagte der Vorstandsvorsitzende.
Der Konzern könne inklusive Bankzusagen auf mehr als 500 Mio. Euro
zurückgreifen.
Heuer plant Mayr-Melnhof Investitionen von rund 120 Mio. Euro. 40
bis 45 Mio. Euro investiert der Kartonhersteller 2016 und 2017 in
den Umbau des Kraftwerkes am Werksstandort Frohnleiten (Steiermark),
wo eine neue Gas-und Dampfturbinen-Anlage installiert wird. Die
Inbetriebnahme ist Anfang 2018 geplant.
Die größten Expansionsprojekte stehen derzeit im Iran und in
Vietnam an. Im Iran ist Mayr-Melnhof schon seit 2009 aktiv, nach dem
Ende der Sanktionen sieht der Konzern die Zeit jetzt aber reif, die
Kapazitäten zu verdoppeln. 12 bis 15 Mio. Euro investiert das
Unternehmen im Land, um doppelt so viele Zigarettenschachteln wie
bisher herstellen zu können. In Vietnam will Mayr-Melnhof nun nach
einigen Jahren, in denen man "die kleine Zehe ins kalte Wasser
gestreckt hat", durchstarten. Dafür nimmt das Unternehmen rund 20
Mio. Euro in die Hand.
Mayr-Melnhof ist auch in der Türkei "groß im Kartongeschäft", wie
Hörmanseder sagte. Auch wenn die letzten zwei Jahre nicht
friktionsfrei gewesen seien, sieht der Manager keine negativen
Aspekte durch die politische Lage. "Wir sind weder operativ
betroffen noch involviert", meinte Hörmanseder. Das Exposure des
Konzerns in der Türkei liege bei nur 5 Prozent.
Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen (9.927 Mitarbeiter) "das
beste Resultat ever" erzielt. Der Umsatz stieg um 4 Prozent auf rund
2,27 Mrd. Euro. Operativ verdiente Mayr-Melnhof 213,7 Mio. Euro, um
fast 7 Prozent mehr als 2015. Die operative Marge lag bei 9,4
Prozent. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 153,4 Mio. Euro
übrig, 8 Prozent mehr als im Jahr davor. Am guten Ergebnis will der
Konzern auch seine Aktionäre teilhaben lassen: Die Dividende soll
von 2,80 auf 3 Euro je Aktie steigen.
Einen Wermutstropfen gibt es aber: Ein Anstieg der
Altpapierpreise von 10 bis 15 Prozent knabberte im Segment Karton an
den Margen, wie Hörmanseder einräumte. Das Unternehmen wird deshalb
heuer die Preise um 5 bis 7 Prozent erhöhen. "Der Orderstand gibt
uns Rückgrat bei den Verhandlungen", zeigte sich Hörmanseder
zuversichtlich, die Preiserhöhung bei seinen Kunden durchzubringen.
Einen konkreten Ausblick für 2017 gab Hörmanseder nicht. "An
Dynamik können wir mehr vertragen." Die größten Herausforderungen
ergäben sich aus dem starken Wettbewerb und den Kosten.
(Schluss) kan/phs
ISIN AT0000938204
WEB http://www.mayr-melnhof.co.at
http://www.ecb.int