Medien: Die "Panzerknacker" des ungarischen U-Bahn-Skandals
EU-Behörde Olaf deckte auf - Ungarn droht
Milliarden-Rückzahlung von EU-Fördergeldern- Vorwürfe auch
gegen österreichische Unternehmen - Strabag und Swietelsky
dementieren
Der Skandal um den Bau der Budapester
U-Bahn beschäftigt die ungarischen Medien: Unter der Überschrift
"Panzerknacker" befasst sich die ungarische Wochenzeitung
"Hetivalasz" mit den "internationalen Nutznießern" des Baus der
Metrolinie M4. Hinsichtlich des Projektes werden von der
EU-Antibetrugsbehörde (Olaf) schwere Korruptionsvorwürfe erhoben.
Auch die österreichischen Unternehmen Strabag und Swietelsky
werden von ungarischen Medien im Zusammenhang mit dem "Metroskandal"
genannt, beide haben auf APA-Anfrage die Vorwürfe dementiert. Laut
Olaf-Bericht erfolgten beim U-Bahn-Bau Regelwidrigkeiten
hinsichtlich Tunnel-Bohrarbeiten, Bau der Metrostationen,
Fahrzeugbeschaffung, unverständlicher Auszahlungen und
korruptionsverdächtiger Geldüberweisungen. Bei der Investitionssumme
von umgerechnet 1,7 Mrd. Euro sei bis zu einem Drittel der Gelder
"gestohlen" worden, hieß es seitens des parlamentarischen
Wirtschaftsausschusses in Budapest. Ungarn müsse wegen des Betrugs
voraussichtlich 59 Mrd. Forint (192 Mio. Euro) EU-Fördergelder an
die Union zurückzahlen.
Hinter dieser Summe sollen laut "Hetivalasz" auch seitens Olaf
beanstandete regelwidrige Verträge mit der Strabag stehen. Laut der
Antibetrugsbehörde könnte der Strabag-Auftrag Ungarn bzw. Budapest
hinsichtlich der EU-Rückzahlungsforderung mit 8 Mrd. Forint
belasten. Bei Swietelsky könnten sich hinsichtlich der Verträge 7,6
Mrd. Forint Rückzahlungen von EU-Fördergeldern durch die öffentliche
Hand niederschlagen, schrieb das Blatt. Genannt wird auch der
französische Konzern Alstom, der die U-Bahn-Züge liefert. Hier
würden 17,6 Mrd. Forint veranschlagt. Hinsichtlich von Verträgen mit
Siemens, verantwortlich für den Bau des Strom-Versorgungssystems,
möchte die EU 21,6 Mrd. Forint zurückerhalten, schrieb "Hetivalasz".
Die Strabag kommt im Olaf-Bericht unter der Überschrift
"Interessenkonflikt" vor. Demnach soll ein Planer, der für die
Behörde gearbeitet habe, auch bei der Strabag im Dienst gestanden
sein. Wie eine Strabag-Sprecherin gegenüber der APA betonte, sei
dies aber nach Ansicht des Baukonzerns der Behörde bekannt gewesen.
Das Bauunternehmen Swietelsky erklärte gegenüber der APA, der von
der ungarischen Regierung veröffentlichte Bericht der
EU-Antibetrugsbehörde Olaf enthalte keine gegen Swietelsky
gerichteten Vorwürfe. "Unseres Wissens sind auch keine
Untersuchungen oder Verfahren im Zusammenhang mit der Abwicklung der
Bauprojekte für die Budapester Metro gegen ein Unternehmen des
Swietelsky-Konzerns anhängig", betont Swietelsky.
Laut "Hetivalasz" hätten Strabag und Swietelsky den
Regierungswechsel in Ungarn von der sozialliberalen zur
rechtskonservativen Regierung "überlebt", indem sie sich, als
Gegenleistung für die Mächtigen, stark im Fußball-Sponsoring
engagiert hätten. Strabag gelte als großer Förderer der
Fußball-Akademie "Ferenc Puskas" in Felcsut, dem Vorzeigeobjekt von
Premier Viktor Orban, und des Schwesterklubs Videoton in
Szekesfehervar. Mit diesem Sponsoring habe sich die Strabag in eine
"Vertrauensposition bugsiert", und könne heute bereits das neue
Stadion von Videoton mit öffentlichen Geldern bauen, so das Blatt.
Swietelsky wiederum würde als Sponsor von Haladas Szombathely
ebenfalls viel Geld in den Fußball fließen lassen. Selbstredend,
dass Swietelsky auch das neue Stadion von Haladas baut, erinnert das
Blatt.
Der ungarische Kanzleiminister Janos Lazar hatte im Zusammenhang
mit dem Metroskandal schwere Vorwürfe erhoben: Am Metrobau
beteiligte Konzerne hätten gemeinsam mit der Führung der Budapester
Stadtverwaltung sowie mit technischen Kontrolleuren und Planern
Brüssel und den ungarischen Staat bestohlen. Demnach hätten die
Techniker nicht die Interessen der Stadt, sondern jene der
ausführenden Unternehmen verfolgt, während der Auftraggeber
großzügig die "auffrisierten" Summen abzeichnete. Laut Lazar ist das
Metroprojekt noch nicht abgeschlossen. Heuer müssten aus dem
Staatshaushalt 20 Mrd. Forint für Budapest bzw. über die Stadt an
die Ausführenden flüssig gemacht werden. Diese Auszahlung wurde
jedoch ausgesetzt. Ungarn werde die offizielle ungarische Version
des Olaf-Berichtes im März erhalten. Hinsichtlich 53 Verträgen habe
das Ministerium für Nationale Entwicklung bereits Anzeige erstattet.
Die Metrolinie M4 mit einer Länge von 7,4 Kilometern wurde
zwischen 2006 und 2014 gebaut. Die rechtskonservative Regierung von
Premier Orban betonte in den Medien, die Korruptionsfälle seien bis
auf einen Fall unter den sozialliberalen Vorgängerregierungen
erfolgt. Die Fraktion der Regierungspartei Fidesz-MPSZ will die
Vorwürfe durch den Wirtschaftsausschuss des Parlaments untersuchen
lassen.
(Schluss) haf/gru/ivn
ISIN AT000000STR1
WEB http://www.strabag.com