VW-Skandal - Schweizer dürfen Ermittlungen nicht abgeben
Auch Autofahreranwalt kritisiert heimische Staatsanwaltschaft
Im VW-Skandal will die österreichische
Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ihre
strafrechtlichen Ermittlungen nach Deutschland abgeben, was bei
Autofahrervertretern und Konsumentenschützern für Kritik sorgt. In
der Schweiz wollten die Ermittler dasselbe tun, bekamen aber eine
Abfuhr vom Gericht.
Laut Schweizer Bundesstrafgericht muss die Bundesanwaltschaft
ihre Strafuntersuchung gegen Volkswagen, den Schweizer
Generalimporteur Amag sowie Amag-Angestellte eröffnen. Sie darf die
rund 2.000 Schweizer Strafanzeigen nicht wie geplant nach
Deutschland abgeben, wie aus einem am Freitag veröffentlichten
Urteil laut Nachrichtenagentur sda hervorgeht.
Die Schweizer Ermittler hatten die deutsche Staatsanwaltschaft
Braunschweig schon Mitte April um Übernahme ersucht. Diese hat die
Fälle auch übernommen, Konsumentenschützer wehrten sich dagegen. Ihr
Argument: Bei Verdacht auf ein strafrechtlich relevantes Vergehen
müssten die Behörden von Amts wegen ermitteln, zumal es in der
Schweiz zahlreiche Opfer gebe.
Das Gericht gab den Beschwerdeführern recht. Die Schweizer
Ermittler dürfen lediglich ihr Verfahren gegen Manager des
VW-Konzerns an Deutschland abtreten, nicht jedoch die Ermittlungen
gegen den Konzern als solchen. Im Gegensatz zur Schweiz können in
Deutschland nämlich Unternehmen nicht strafrechtlich belangt werden.
Ähnlich ist die Lage in Österreich. Das hiesige
Unternehmensstrafrecht sieht auch Strafen gegen juristische
Personen, also zum Beispiel Firmen, vor.
Dies ist einer der Gründe, warum der Verein für
Konsumenteninformation (VKI) die Abtretung der WKStA-Ermittlungen
nach Braunschweig kritisiert und einen Einspruch dagegen erhoben
hat.
Nach APA-Informationen will die Staatsanwaltschaft Braunschweig
die Wiener Ermittlungen an sich nehmen. Von der WKStA gab es vorerst
keinen Kommentar.
Dem Vernehmen nach wollen die Wiener Staatsanwälte die
Ermittlungen dennoch nicht vollständig einstellen. Denkbar ist, dass
jener Teil, den das deutsche Strafverfahren nicht umfasst,
weitergeführt wird. Zuerst will die WKStA aber einmal die
Betroffenen offiziell informieren.
Kritik am Vorgehen der WKStA kommt auch vom oberösterreichischen
Anwalt Michael Poduschka. Seiner Meinung nach macht es sehr wohl
Sinn, dass die Ermittlungen gebündelt werden - "aber warum
eigentlich nicht bei Europol (die EU-Polizeibehörde, Anm.) in Den
Haag?" Parallel dazu könnten aber die nationalen Behörden
weiterarbeiten, so Poduschka am Montag zur APA.
Keinesfalls dürfe die Abgabe dazu führen, "dass notwendige
Ermittlungen in Österreich, die von österreichischen Behörden
durchzuführen wären, ins Ausland abgegeben werden, wo diese Taten
nicht strafbar sind", meint der Rechtsvertreter, der zahlreiche
VW-Fahrer vertritt.
Poduschka verweist auch darauf, dass es in Österreich "zumindest
Anhaltspunkte" dafür gebe, "dass die Schummelsoftware von Bosch Wien
erstellt wurde". Er bezieht sich damit auf deutsche Medienberichte
über eine US-Klagsschrift von VW-Fahrern, in der von Volkswagens
"schmutzigem Geheimnis" die Rede war, das beim Zulieferer Bosch gut
aufgehoben gewesen sei. Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung vom
September soll Bosch Wien einen wichtigen Part bei der
Motorsteuerung gespielt haben. Verwiesen wurde unter anderem auf
einen Mailverkehr des Berliner Unternehmens IAV, das zu 50 Prozent
VW gehört, mit Bosch in Wien. Bosch Wien hatte damals von einer
sensiblen juristischen Angelegenheit gesprochen, zu der man sich im
Detail nicht äußern könne. Der Sachverhalt werde intern geklärt, man
sei in ständigem Austausch mit den Behörden.
VW hat in großem Stil illegale Abschalteinrichtungen eingesetzt,
um die Abgaswerte zu schönen. In Österreich sind rund 388.000 Autos
betroffen.
(Schluss) snu/ggr
ISIN DE0007664039
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