Erste Group steigt um fast 7 Mrd. Euro in Polen ein
Kaufvereinbarung für "beherrschenden Anteil von 49 Prozent" an
Santander Bank Polska unterzeichnet - Closing der Transaktion
bis Ende 2025 erwartet - Erste-Group-Aktie mit 7 Prozent im
Plus - GRAFIK
---------------------------------------------------------------------
AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Details nach Mediengespräch (dritter, vierter und letzter Absatz)
---------------------------------------------------------------------
Die Erste Group steigt in Polen ein und
erwirbt für rund 6,8 Mrd. Euro in bar einen "beherrschenden Anteil
von 49 Prozent" an der börsennotierten Santander Bank Polska. Die
Kaufvereinbarung mit der spanischen Banco Santander umfasse auch den
Erwerb eines 50-Prozent-Anteils am Vermögensverwalter Santander TFI
für 200 Mio. Euro, teilte die österreichische Großbank am Montag
mit. Die geplante Anteilsübernahme ist einer der größten
europäischen Banken-Deals der letzten Jahre.
Die Nachrichten kamen bei Erste-Aktionärinnen und -Aktionären gut
an, Santander Bank Polska verzeichnete aber Kursverluste. Der
Aktienkurs der Erste Group kletterte in einem verhaltenen
europäischen Branchenumfeld bis zuletzt um 7,3 Prozent auf 63,20
Euro. Damit erholten sich die Titel von den schwächeren Vortagen.
Die Papiere der Santander Bank Polska sackten hingegen an der
Warschauer Börse um 5 Prozent ab. Die Titel des spanischen
Mutterkonzerns stiegen um rund 0,3 Prozent. Derzeit hält die Banco
Santander noch rund 62 Prozent an ihrer Polen-Tochter und der
Nationale-Nederlanden OFE des niederländischen Versicherungskonzerns
NN verfügt über rund 5 Prozent. Der Rest befindet sich im
Streubesitz.
Closing bis Jahresende, Erste als größter Aktionär
Das Closing des 49-Prozent-Einstiegs wird um das Jahresende 2025
erwartet. Erste-Group-Chef Peter Bosek bezeichnete die Transaktion
in einer Telefonkonferenz mit Journalistinnen und Journalisten am
Montagvormittag als "einmalige Chance" zum Einstieg in einen der
"stärksten Wachstumsmärkte" in Zentral- und Osteuropa. Die Santander
Bank Polska pries er als "gut gemanagtes" und "äußerst profitables"
Geldhaus, das die Ertragskraft der Erste Group weiter stärken werde.
Das heimische Finanzinstitut beabsichtigt, 49 Prozent der
ausstehenden Stammaktien der Santander Bank Polska von der Santander
Group für einen Barpreis von 584 Złoty (136,61 Euro) je Aktie zu
erwerben.
Mit der Anteilsübernahme würde die Erste Group zur größten
Aktionärin der Santander Bank Polska werden und "die
De-facto-Kontrolle" erhalten, hieß es von der österreichischen
Großbank. Damit könne man das Geldhaus vollständig in die Bilanz der
Erste Group konsolidieren sowie Aufsichtsrat und Management-Team
bestimmen, erläuterte Bosek in dem Mediengespräch. Eine Übernahme
von mehr als 50 Prozent sei für die Erste Group nicht
erstrebenswert, da dies nach polnischem Recht ein verpflichtendes
Angebot an alle übrigen Aktionäre ausgelöst hätte. Darüber hinaus
sei es in Polen "Marktstandard", dass sich in so einem Fall ungefähr
20 bis 30 Prozent der Anteile im Streubesitz befinden. "Nachdem wir
die volle Kontrolle bekommen, macht es für uns keinen Sinn, über die
49 Prozent zu gehen."
Die Erste Group will den geplanten Einstieg in Polen vollständig
aus eigenen Mitteln finanzieren, unter anderem durch die Streichung
des am 28. Februar 2025 bekanntgegebenen Aktienrückkaufprogramms im
Volumen von 700 Mio. Euro, einer temporären Reduzierung der
Dividenden-Ausschüttungsquote auf maximal 10 Prozent des
Nettogewinns für das Geschäftsjahr 2025 sowie verschiedene Maßnahmen
zur Optimierung des Risikoprofils der Bilanz.
Polen-Einstieg soll Erste-Group-Gewinn deutlich steigern
Das heimische Finanzinstitut erwartet sich durch den
Polen-Einstieg einen signifikanten Gewinnanstieg. Infolge der
Transaktion soll der Gewinn je Aktie (EPS) der Erste Group im Jahr
2026 um mehr als 20 Prozent und die Verzinsung des materiellen
Eigenkapitals (ROTE) auf etwa 19 Prozent steigen, im Vergleich zu
den aktuellen Konsensprognosen von etwa 15 Prozent.
Die Ankündigung kam am Montag nicht unerwartet. Bereits Anfang
vergangener Woche hatte die Bank nach einem "Bloomberg"-Bericht
bestätigt, die Transaktion zu prüfen. Ein Einstieg in den polnischen
Markt wurde zudem schon seit einigen Jahren erwogen. Der Deal könnte
sich für die Erste Group als deutlich ertragssteigernd erweisen,
erklärte die Analystin Marlene Eibensteiner von der Deutschen Bank
bereits vergangene Woche dazu. Während die Übernahme aus Sicht des
Geschäftsmixes und der Strategie sinnvoll sein könnte, schätzt die
Analystin jedoch, dass sie für das heimische Geldhaus ein
kostspieliges Unterfangen sein könnte.
Santander-Tochter drittgrößte Bank in Polen
Die Bank Santander ist in Polen mit rund 7,5 Millionen Kunden die
drittgrößte Bank des Landes, mit einem Marktanteil von 8 Prozent.
Die polnische Santander-Tochter erzielte 2024 einen Rekordgewinn.
Mit rund 2.000 Filialen in sieben Ländern betreut die Erste Group
insgesamt 16 Millionen Kunden und zählt zu den größten Kreditgebern
in Osteuropa.
Neben der heute bekanntgegebenen Transaktionen kündigten die
Erste Group und die Santander Group eine separate "strategische
Kooperation" in den Bereichen Corporate und Investment Banking sowie
Zahlungsverkehr an, die für ausgewählte Kernregionen gilt. Diese
Kooperation ziele darauf ab, die lokale Präsenz, Produktkompetenz
und Kundenbasis beider Banken zu nutzen, hieß es seitens der
heimischen Bank. Die Expertise der Erste Group in Zentral- und
Osteuropa und der Santander Group in Vereinigten Königreich, Europa
sowie Nord- und Südamerika soll "kombiniert" werden.
Erste Group strebt Santander-Umbenennung in Polen an
Sollte die Übernahme genehmigt werden, strebt die Erste Group
auch eine Umbenennung der Santander Bank Polska an. Man wolle mit
der Marke "Erste" in den Markt gehen, für genauere Überlegungen in
diese Richtung sei es aufgrund der ausstehenden Genehmigungen
allerdings noch zu früh, sagte Bosek. Klar sei auch, dass "Santander
aller Voraussicht nach ihren Namen behalten will". Nach dem Erwerb
würde die Banco Santander nach derzeitigem Stand gut 13 Prozent der
Anteile besitzen.
(Redaktionelle Hinweise: 0661-25, 88 x 144 mm)
tpo/cri/spa/kre