KTM-Krise - Restrukturierungsverfahren bei Pierer Industrie
Industrieholding mittelbar am Motorradhersteller KTM beteiligt
- Fälligkeit von Finanzierungen soll gestreckt werden -
Erstmals europäisches Restrukturierungsverfahren in Österreich
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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Lead geändert, Kreditschützer zu Restrukturierungsverfahren (3. Absatz), Details zu Verfahrensorganisation (letzter Absatz)
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Die Pierer Industrie AG des
heimischen Industriellen Stefan Pierer hat am Montag ein
europäisches Restrukturierungsverfahren nach der
Restrukturierungsordnung (ReO) eingeleitet. Die Industrieholding ist
mittelbar am angeschlagenen Motorradhersteller KTM beteiligt. Das in
Österreich erstmals angemeldete Restrukturierungsverfahren ist laut
Unternehmensangaben "notwendig", um Finanzierungen in Höhe von rund
250 Mio. Euro "in voller Höhe zurückführen zu können".
Im Rahmen des Verfahrens soll es "zu keiner Kürzung von
Zinszahlungen oder Tilgungen" kommen. "Gegenstand ist lediglich eine
Streckung von Fälligkeiten", betonte die Industrieholding am Montag
in einer Aussendung. Man sei "nicht überschuldet".
Neuartiges Vorinsolvenzverfahren seit 2021 noch nie angewandt
Das europäische Restrukturierungsverfahren nach der
Restrukturierungsordnung (ReO) gibt es in Österreich seit Mitte
2021. Es wurde aber laut Experten bisher noch nie angewendet. "Es
handelt sich um ein Vorinsolvenzverfahren, für Unternehmen deren
Bestand gefährdet ist", sagte AKV-Kreditschützerin Cornelia
Wesenauer zur APA. "Im Rahmen des Restrukturierungsverfahrens kann
der Unternehmer nun mit von ihm definierten Gläubigern, die in
Gläubigerklassen einzuteilen sind, einen Deal über einen
Schuldenschnitt ausverhandeln und sie von seinem
Restrukturierungskonzept überzeugen", hieß es vom KSV.
Die Pierer Industrie AG mit Sitz in Wels hält nach eigenen
Angaben 50,1 Prozent an der Pierer Bajaj AG, die wiederum 74,94
Prozent an der KTM-Mutter Pierer Mobility AG hält. Die
Industriegruppe verfügt außerdem über 80 Prozent am
Auto-Komponentenhersteller Pankl AG und über 100 Prozent am
österreichischen Elektronikentwickler abatec. Die KTM AG führt
derzeit Gespräche mit der Kernaktionärin Pierer Bajaj als auch mit
bestehenden Finanzgläubigern für eine Überbrückungsfinanzierung in
Höhe eines dreistelligen Millionenbetrages, teilte der Mutterkonzern
Pierer Mobility Mitte November mit.
Informationen zum Restrukturierungsverfahren in der Ediktsdatei
Die Pierer Industrie AG geht davon aus, dass bei Umsetzung der
bei KTM angedachten Maßnahmen "eine vorzeitige Fälligstellung" von
folgenden Finanzierungen droht: Einer 100 Mio. Euro Anleihe
(Laufzeit: 2020-2028), Schuldscheindarlehen in Höhe von 132,5 Mio.
Euro (Laufzeiten: 2020-2025 und 2020-2026) und einer privat
platzierten Anleihe in Höhe von 15 Mio. Euro. "Die vorzeitige
Fälligstellung dieser Finanzierungen würde zur Zahlungsunfähigkeit
der Pierer Industrie AG führen", so die Industrieholding.
Informationen zum Restrukturierungsverfahren werden auch in der
Ediktsdatei veröffentlicht. Die Gläubiger müssen bei einer
Tagsatzung bei Gericht über den Restrukturierungsplan abstimmen. Im
Gegensatz zum Insolvenzverfahren sind die Gläubigerschutzverbände
beim Restrukturierungsverfahren nicht Teil des Verfahrens.