Erste-Group-CEO-Spalt sieht bei Effizienz der Banken Luft nach oben
Digitalisierung wichtiger Hebel für Effizienz, aber
Kundenwünsche bleiben entscheidend - Kredithahn für Wohnraum
weiter offen
In einer Studie haben die Unternehmensberater von
PwC Strategy& jüngst errechnet, dass Österreichs Banken pro Kunde
einen Gewinn von 208 Euro machen. Im europäischen Schnitt befinden
sie sich damit gerade mal im Mittelfeld, Länder wie die Schweiz,
Belgien schneiden deutlich besser ab. Auch der Erste-Group-CEO und
WKÖ-Bankspartenobmann Bernd Spalt sieht noch Luft nach oben, wenn es
um die Effizienz der heimischen Banken geht.
"Österreichs Banken können insgesamt effizienter werden", sagte
Spalt im Gespräch mit der APA. "Wenn man sich die Cost-Income-Ratio
der Banken anschaut, dann sind die österreichischen Banken sicher
nicht berühmt dafür, die effizientesten zu sein", so der Bankchef.
Die Cost-Income-Ratio bezeichnet den Anteil der Kosten an den
Einnahmen, laut Daten der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) lag
diese 2020 bei 67 Prozent.
Es gebe nach wie vor eine hohe Filialdichte im Land und auch beim
Kostenmanagement sei noch Spielraum. Ein wichtiger Hebel sei vor
allem die Digitalisierung. Allerdings gehe es hierbei auch stark
darum, was die Kunden wollen. In der Coronakrise habe zwar man
gesehen, dass das Kundenverhalten sehr digital geworden sei. "Sobald
jedoch alles wieder offen war, waren die Kunden auch wieder in den
Filialen", so Spalt. Es brauche also eine Kombination aus
"physischer Erreichbarkeit und digitaler Kompetenz."
Die Kunden würden sicherlich nicht alles digital erledigen
wollen, ein Beispiel sei eine Wohnbaufinanzierung. "Da will man
einen Ansprechpartner, da will man einen Berater haben der einen
kompetent berät", so der Bankchef. "Das ist nichts, was ich wie ein
T-Shirt im Internet bestelle".
Einer Studie des Beratungsunternehmens zeb zufolge seien digitale
Angebote auch bei Wohnkrediten bei den Kunden durchaus erwünscht,
allerdings sei die persönliche Beratung nach wie vor sehr wichtig in
diesem Bereich. "Wie die Studie zeigt, sind Hypothekenkunden bereit,
einen Teil des Prozesses digital abzuwickeln. Kunden schätzen gute
Beratung, einen vertrauenswürdigen Partner, Transparenz und
Unterstützung bei der Navigation durch den komplexen Prozess", so
Christoph Fischer, Studienautor und Senior Consultant bei zeb, laut
einer Aussendung.
Automatisierte Prozesse bei Hypotheken seien für die Banken auch
durchaus lukrativ. "Online-Hypotheken sind eine bisher übersehene,
aber schnell wachsende Umsatzquelle von Finanzinstituten" sagte
zeb-Studienautorin und Senior-Consultant Laura Patsch. Banken
müssten rasch handeln, um sich frühzeitig einen Wettbewerbsvorteil
im digitalen Hypothekenmarkt zu verschaffen.
Dass der Kredithahn für Wohnraum demnächst stärker zugedreht
werden könnte, glaubt Spalt nicht. "Der Kredithahn bleibt offen",
sagte Spalt. Die heimischen Banken - sowohl die Erste Group, aber
auch alle Mitbewerber - sähen sich seinen Beobachtungen nach die
Kapitalausstattung der Kunden bei einer Kreditvergabe immer sehr gut
an. "Es wird großer Wert auf die Rückzahlungsfähigkeit gelegt," so
Spalt. Dass die OeNB die Lage aber genauer unter die Lupe nehmen
wolle, sei "völlig legitim", so Spalt.
Zu Beginn der Woche hatte die Nationalbank (OeNB) angekündigt,
die Wohnkreditvergabe der heimischen Banken genauer prüfen zu
wollen. Denn mehr als die Hälfte der Neukredite werde mit weniger
als 20 Prozent eigenen Mitteln finanziert. Zudem mache der
Schuldendienst bei einem Fünftel bereits mehr als 40 Prozent des
Nettoeinkommens aus.