OMV zieht Klage gegen "Dossier" zurück, hält aber Vorwürfe aufrecht
CEO Seele: Wollen Medium in wirtschaftliche Schwierigkeiten
nicht gefährden - Rückzug von OMV-Spitze auf Wunsch der
Familie, "kein Druck von Aktionären"
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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Mehr Details, Stellungnahme von CEO Rainer Seele zu seinem
angekündigten Rückzug und zur Untersuchung von Mitarbeiter-Handys.
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Die OMV wird ihre Klage gegen das Magazin "Dossier"
zurückziehen. "Wir wollen ein Medium in wirtschaftlichen
Schwierigkeiten nicht durch eine Klage gefährden und haben deshalb
im Vorstand beschlossen, dass wir die Klage zurückziehen werden",
sagte OMV-Chef Rainer Seele am Donnerstag. Den Vorwurf, dass
"Dossier" unrichtig und unsachgemäßüber die OMV berichtet habe,
halte man weiterhin aufrecht.
Die Klage gegen "Dossier" wegen der Berichterstattung des
Magazins über den Erwerb des Chemiekonzerns Borealis durch die OMV
sei damals gemeinsam im Vorstand gefasst worden, "nachdem man uns
eine juristische Empfehlung gegeben hat", erklärte Seele. "Wir
hatten mehrfach darauf hingewiesen, dass wir eine ausgewogene
Berichterstattung wollen und dass wir eine andere Sichtweise haben,
aber das wurde ignoriert."
Da man aber das Medium nicht wirtschaftlich gefährden wolle,
werde die Klage nun zurückgezogen. "Wir schicken Dossier einen
netten Brief", so Seele. "Wir sind für einen Dialog immer offen."
Das Zurückziehen der Klage sei "keinerlei Eingeständnis von
irgendetwas". Man begrüße auch kritische Äußerungen, sie sollten
aber "sachgemäß, nicht polemisch und nicht skandalös sein".
Sein Rückzug von der OMV-Spitze in einem Jahr erfolge aus rein
persönlichen Gründen, betonte Seele am Donnerstag anlässlich der
Präsentation des Quartalsergebnisses. "Ich lebe schon seit mehr als
einem Jahrzehnt in einem Flugzeug, seit ich CEO verschiedener
Unternehmen bin. Nun hat mich meine Familie ersucht, mehr Zeit zu
Hause zu verbringen. Meine Familie hat nun oberste Priorität." An
der Spitze der OMV will Seele bis zum Ende seines Mandats bleiben.
"Ja, natürlich, warum nicht?"
Druck vonseiten der Staatsholding ÖBAG auf ihn habe es nicht
gegeben, sagte Seele. "Es ist von keiner Seite irgendein Druck von
den Aktionären gekommen, im Gegenteil, ich habe mit dem
Aufsichtsratsvorsitzenden hierzu ein Gespräch geführt, und es ist
eine rein familiäre Entscheidung, und das betone ich, und bitte
akzeptieren Sie doch einfach diese Aussage, auch wenn sie Ihnen
vielleicht nicht gefällt: Es ist eine reine familiäre Entscheidung,
die ich getroffen habe."
Medienberichte über die Untersuchung von E-Mails und Handys von
OMV-Mitarbeitern hält Seele für stark übertrieben, "das wird häufig
skandalisiert". "Ich kann nur betonen, dass wir hier in vollem
Einklang mit den gesetzlichen Regelungen durch unsere
Konzernrevision Untersuchungen machen müssen. Dazu sind wir als
Vorstand der OMV gesetzlich verpflichtet."