Porr schrieb 2020 Verluste und streicht die Dividende
Nettoergebnis drehte gegenüber 2019 von plus 27,8 Mio. auf
minus 42,4 Mio. Euro - Abschreibungen stiegen um 7 Mio. auf
168 Mio. Euro - Zoff mit Wettbewerbshütern und zwei
Großaufträgen - BILD
---------------------------------------------------------------------
AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Ergänzt um die Höhe der gebildeten Rückstellungen (lt. Bericht
der "Presse").
---------------------------------------------------------------------
Die Coronapandemie hat den Baukonzern Porr 2020 tief
in die Verlustzone gedrückt. Unter dem Strich blieb ein Fehlbetrag
von 42,4 Mio. Euro. Im Jahr davor waren noch Gewinne in Höhe von
27,8 Mio. Euro erzielt worden. "Wir haben durch Covid eine Delle",
erklärte CEO Karl-Heinz Strauss am Montag bei der
Online-Bilanzpressekonferenz. Doch auch "Belastungen aus der
Neubewertung von Projekten" dämpften das Ergebnis, so Finanzvorstand
Andreas Sauer. Die Dividende wird gestrichen.
Für das heurige Jahr dürfen die Aktionäre des börsennotierten
Unternehmens - nach zwei Jahren Pause - dann aber mit einer
Ausschüttung rechnen: "Für 2021 erwarten wir wieder eine Dividende",
stellte Strauss in Aussicht. Die Anteilseigner waren auch schon für
das Jahr 2019 leer ausgegangen - der Gewinn der Porr hatte sich von
66,2 auf 27,8 Mio. Euro mehr als halbiert und im vergangenen
Frühjahr wurde damit auch gleich Vorsorge für das Coronajahr 2020
getroffen. Weiters summierten sich die Abschreibungen des
Baukonzerns im abgelaufenen Jahr auf 168 Mio. Euro - das waren laut
Finanzvorstand um 7 Mio. Euro mehr als 2019.
"Großbaustellen" finanzieller Natur hat der Konzern derzeit mit
der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) sowie im Konflikt um
Auftragskündigungen - zum einen mit der
Brenner-Basistunnel-Errichtergesellschaft BBT, zum anderen
betreffend eine Brücke im deutschen Leverkusen. Der fast 1 Mrd. Euro
schwere BBT-Konsortialauftrag wurde der Porr im Oktober 2020
entzogen - gestritten wird um die technische Ausführung -, die rund
300 Mio. Euro schwere Rheinüberquerung in Deutschland verlor die
Porr wegen der Qualität des eingesetzten Stahls aus China im April
2020. Die Rechtsstreitigkeiten dauern an. "Mit der BBT sind wir in
konstruktiven Gesprächen, in Deutschland werden wir eine Klage auf
Schadenersatz einbringen", so Strauss.
Für die Wettbewerbsverletzungen, die die BWB aufdeckte, wurden
laut Strauss "2020 Rückstellungen im mittleren Bereich gemacht".
Näheres wollte er mit Verweis auf das noch laufende Verfahren nicht
sagen. "Wir geben keinen Betrag bekannt, aber wir glauben, wir haben
hier vorgesorgt." Die "Presse" (online) bezifferte die
Rückstellungen am Montag mit 171,6 Mio. Euro.
In Summe seien von den Kartellvorwürfen 50 bis 60 Baufirmen
betroffen, "drei bis vier davon aus dem Porr-Konzern", räumte
Strauss ein. "Es wurden widerrechtliche Absprachen getroffen - seit
Bekanntwerden der Vorwürfe haben wir engstens mit der BWB
zusammengearbeitet, wir kooperieren vollumfänglich mit der Behörde",
betonte der Porr-Chef. Seit 2017 wird ermittelt, seit vergangener
Woche gibt es einen konkreten Bußgeldantrag der Wettbewerbshüter.
"Wir haben aber einen sehr guten Auftragsbestand, einen guten
Ausblick für 2021 - 2022 wird dann deutlich positiv werden", sagte
der Firmenboss. Per Jahresende 2020 hatte die Porr ein Orderpolster
von 7,1 Mrd. Euro - um über 12 Prozent mehr als im Jahr davor. Der
Auftragseingang stieg um 8,6 Prozent auf 5,9 Mrd. Euro.
"Heuer werden wir eine Leistung von 5,3 bis eher 5,5 Mrd. Euro
haben und eine Marge von 1,3 bis 1,5 Prozent", bekräftigte Strauss
den bereits kommunizierten Ausblick. Im abgelaufenen Geschäftsjahr
sank die gesamte Bauleistung um 6,9 Prozent auf 5,185 Mrd. Euro. Die
Umsatzerlöse auf den eigenen Baustellen gingen um nur 4,7 Prozent
auf 7,4 Mrd. Euro zurück. Der Verlust je Aktie (EPS) summierte sich
auf 2,28 Euro, nach einem Gewinn von 0,5 Euro im Jahr davor.
Infolge der Pandemie machten dem Unternehmen Leistungsstörungen
und Betriebsunterbrechungen sowie Projektverschiebungen durch
Reisebeschränkungen, lokale Lockdowns und Ausfälle von
Subunternehmen zu schaffen. "Wir haben rasch reagiert und die
Bauleistung ab Sommer wieder kontinuierlich gesteigert", so Sauer.
Das Gros der Leistung entfiel mit 2,3 Mrd. Euro auf Österreich,
dahinter folgte Deutschland mit 1,3 Mrd. Euro. Die beiden Länder
"bilden mit einem Anteil von rund 70 Prozent an der Gesamtleistung
das Rückgrat der Porr". An dritter Stelle liegt Polen mit 12
Prozent, dahinter Tschechien und die Slowakei mit rund 7 Prozent,
die Schweiz mit 4 Prozent und Rumänien mit 3 Prozent, umriss der
Finanzchef die sieben "Kernmärkte".
"Im März hatten wir einen Lockdown - fünf bis sechs Wochen lang
sind unsere Baustellen zu 80 Prozent gestanden", berichtete der CEO.
Im April und im Mai machte der Konzern Gebrauch von der Kurzarbeit -
unter diesem Titel flossen den Angaben zufolge staatliche Zuschüsse
in Höhe von 23 Mio. Euro an die Porr. Seit Ende des zweiten Quartals
2020 sei niemand mehr in Kurzarbeit.
Der Personalstand ist im ersten Coronajahr - trotz stringenter
Sparmaßnahmen innerhalb des Konzerns - sogar gewachsen. Im
Jahresdurchschnitt 2020 beschäftigte die Porr 20.193 Arbeitnehmer,
das waren um 1,8 Prozent mehr als 2019. "Wir haben Verantwortung
übernommen und niemanden in der Pandemie abgebaut", so Strauss. Zu
der Aufstockung kam es im Bereich Bahnbau und in Rumänien.
"2020 war das Jahr, wo wir gelernt haben mit Covid umzugehen",
betonte der Konzernchef und verwies auf 7.000 bis 8.000 Coronatests,
die das Unternehmen alleine in Österreich jede Woche durchführt.
"Wir haben überall eine Testinfrastruktur aufgebaut, die auch sofort
in eine Impfinfrastruktur umgewandelt werden kann." Seit Herbst 2020
sei das "voll ausgebaut", auch auf den internationalen Märkten.
"Die Baukonjunktur ist trotz Covid gut gewesen und zeigt, dass
sie auch heuer und in den nächsten Jahren einer der
Konjunkturtreiber sein wird", erwartet Strauss mit Blick auf die
Investitionsprogramme der Regierungen wie etwa den
Bundesverkehrsplan 2030 in Deutschland oder "Step up" in der
Schweiz. Die Investitionsprämie in Österreich bedachte er mit Lob.
Die Porr hat laut Eigenangaben zu 40 Prozent öffentliche
Auftraggeber und zu 60 Prozent private Kunden.