Deutschland: Beispielloses Auftragsplus und Rekordverlängerung der Lieferzeiten lassen EMI im März auf Allzeithoch schnellen
Zum Ende des ersten Quartals hat sich das Wachstumstempo in der
Industrie deutlich beschleunigt, wie die jüngsten Umfrageergebnisse
zeigen. Demnach wurden sowohl beim Auftragseingang als auch bei der
Produktion die stärksten Zuwächse seit Umfragebeginn im Jahr 1996
verzeichnet. Die zunehmenden Kapazitätsengpässe und die nach wie vor
positiven Geschäftsaussichten führten unterdessen zum ersten Anstieg
der Beschäftigung seit mehr als zwei Jahren.
Die Daten signalisieren allerdings auch, dass sich die Situation im
Zulieferbereich weiter zuspitzt. Im März verlängerten sich die Lieferzeiten
in einem nie zuvor gesehenen Ausmaß, was unter anderem dazu führte,
dass die Kosteninflation auf den höchsten Stand seit über einem
Jahrzehnt kletterte.
Der saisonbereinigte IHS Markit/BME Einkaufsmanagerindex - eine
gewichtete Summe der Messwerte für Neuaufträge, Produktion,
Beschäftigung, Lieferzeiten und Vormateriallager - stieg im März mit
66,6 Punkten auf ein neues Allzeithoch. Das ist nicht nur eine deutliche
Verbesserung zum Vormonat (60,7), sondern auch zum bisherigen
Umfragehoch (63,3) vom Dezember 2017.
Der aktuelle Aufschwung geht in erster Linie auf das Rekordwachstum
beim Auftragseingang zurück. Zahlreiche Umfrageteilnehmer meldeten,
dass die Nachfrage nach Investitions- und Vorleistungsgütern besonders
kräftig angezogen hat. Aber auch im Konsumgüterbereich stieg die Anzahl
der Neuaufträge ein weiteres Mal.
Auch die Exportaufträge wuchsen mit einer in der 25-jährigen Geschichte
der Umfrage nie da gewesenen Rate. Laut Befragten zogen die
Verkaufszahlen vor allem in Asien (insbesondere China) und den USA
kräftig an.
Infolgedessen wurde die Produktion so massiv hochgefahren, dass die
Steigerungsrate sogar den bisherigen Rekordwert vom April 2010 übertraf.
Dennoch fiel sie damit niedriger aus als die des Auftragseingangs. Die
unerledigten Aufträge stapelten sich im Berichtsmonat ebenfalls in
rekordverdächtigem Tempo. Die Fertigwarenlager schrumpften derweil
zum zehnten Mal in Folge und so stark wie seit Juni 2009 nicht mehr.
Demnach verkauften viele Hersteller direkt vom Lager, um die hohe
Nachfrage zu bedienen.
Die dringende Notwendigkeit, die Kapazitäten zu erweitern, führte zum
ersten Anstieg der Beschäftigung in der Industrie seit Februar 2019. Das
Plus fiel solide aus, wenngleich die Zuwachsrate noch weit hinter denen
für Auftragseingang und Produktion zurückblieb.
Obwohl die Hersteller ihre Einkaufsmenge im März abermals deutlich
aufstockten, gingen die Bestände an Vormaterialien den elften Monat
hintereinander zurück. Ursächlich hierfür waren die weitverbreiteten
Verzögerungen bei der Anlieferung von Rohmaterialien.
Im März meldeten 76% der Umfrageteilnehmer eine Verlängerung der
Lieferzeiten. Damit wurden die 64% des Vormonats nochmals übertroffen
und ein neuer Rekord aufgestellt. Zu Engpässen kam es meist, da die
Nachfrage nach Rohmaterialien und Komponenten die Verfügbarkeit
überstieg. Ein weiterer Grund war die immer noch geringe Verfügbarkeit
von Schiffscontainern. Elektronikteile, Kunststoffe und Stahl zählten zu
den am häufigsten als Mangelware gemeldeten Artikeln.
Folglich zogen die Einkaufspreise für Rohstoffe und andere Vormaterialien
erneut kräftig an. Die Inflationsrate kletterte auf den zweithöchsten Wert
in dieser Serie (nach dem von Februar 2011).
Die steigenden Kosten und die hohe Nachfrage führten zu einer stärkeren
Anhebung der Verkaufspreise. Tatsächlich war es der stärkste Anstieg seit
Beginn der Erfassung dieser Daten im September 2002.
Die Einschätzungen der Hersteller hinsichtlich ihrer Geschäftstätigkeit
binnen Jahresfrist fiel erneut äußerst optimistisch aus. Dennoch äußerten
einige der Befragten Zweifel, ob das derzeit hohe Nachfrageniveau
aufrechterhalten werden kann. Dies spiegelte sich in einem leichten
Rückgang des Indexes gegenüber dem Allzeithoch vom Februar wider.
Phil Smith, Associate Director bei IHS Markit kommentiert
den finalen IHS Markit/BME Einkaufsmanagerindex:
"Der deutsche Einkaufsmanagerindex für die Industrie
feierte sein 25-jähriges Jubiläum im März mit dem
Rekordwert von 66,6 Punkten. Ein weiterer Beleg dafür,
dass das Wachstum immer mehr an Fahrt gewinnt.
Tatsächlich war der März in vielerlei Hinsicht ein
Rekordmonat. Allen voran das Exportgeschäft, das
aufgrund starker Verkaufszahlen in den USA und China
mächtig boomt und für ungeahnte Wachstumsraten bei
zahlreichen deutschen Herstellern sorgte.
Die Blockierung des Suezkanals hätte da nicht zu einem
schlechteren Zeitpunkt kommen können, denn mehr als
drei Viertel der befragten Industrieunternehmen meldeten
bereits im März längere Lieferzeiten für Rohmaterialien.
Angesichts des Rückstaus an Containern und der zu
erwartenden Überlastung der Häfen in den nächsten Tagen
und Wochen, könnte diese Zahl sogar noch weiter steigen.
Warten wir also gespannt auf die Flash-Daten vom April, um
zu sehen, welche Auswirkungen diese Havarie haben wird.
Die Verkaufspreise beispielsweise sind jetzt schon aufgrund
des hohen Kostendrucks und der schier ungebrochenen
Nachfrage stärker als je zuvor in der Umfragegeschichte
gestiegen."
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