Wienerberger Österreich: Hochphase am Bau hält 2020 an
Geschäftsführer: Werke laufen diesen Winter "volle Kanne" -
Erste Anzeichen für eine Abkühlung gibt es aber bereits -
Rückgang des Bauvolumens im heimischen Hochbau ab 2021 zu
erwarten
Den aktuellen Bauboom spürt auch der 200
Jahre alte Ziegelproduzent Wienerberger. "Dieses Jahr ist das erste
Mal, dass wir über den Winter in allen Werken 100 Prozent Auslastung
haben", sagte Österreich-Geschäftsführer Mike Bucher im Gespräch mit
der APA. "Zur Zeit müssen die Wartungen nebenher passieren und man
lässt die Werke volle Kanne laufen." Eine Abkühlung erwartet er erst
ab 2021.
Im vergangenen Winter lief bei Wienerberger nur die
Mauerziegelproduktion durch, die Dachziegelproduktion nicht.
Normalerweise gibt es in der kalten Jahreszeit einen Monat
Stillstand, der dann für Wartungen genutzt wird. "Ein Ziegelwerk
kann ich nicht auf 70 Prozent fahren, entweder auf 95 bis 100
Prozent oder null", erklärte Bucher. Der Markt in Österreich
befindet sich derzeit in einer Hochphase. Die Jahre 2017, 2018 und
2019 seien "sehr gut gelaufen".
Vorerst soll das so bleiben: "Es sieht für nächstes Jahr so aus,
dass sich das wieder auf gleichem Niveau abspielen wird." 2020
dürfte das Bauvolumen im österreichischen Hochbau "wieder das Niveau
der vergangenen zwei, drei Jahre erreichen". "Dass wir zusätzliche
Kapazitäten brauchen ist nicht der Fall", sagte der
Unternehmenschef. Denn nach dem kommenden Jahr könnte es beim
Auftragsvolumen in der gesamten Branche einen leichten Rückgang um
drei bis fünf Prozent geben, schätzt Bucher. "Nachdem wir
Marktführer sind, trifft uns das natürlich."
Erste Signale gibt es bereits. "Man kann jetzt schon sehen, dass
die Baugenehmigungen weniger werden, die Baustarts bleiben noch
gleich", berichtete der Österreich-Chef. Denkbar sei für die weitere
Zukunft auch, dass es zwar Genehmigungen gebe, dass aber nicht
gebaut werde, weil es zu teuer geworden sein könnte. "Es gibt
Projekte, die aus diesem Grund nie gebaut werden, oder nur verzögert
realisiert werden."
Rückgänge am Markt könne man etwa ein halbes Jahr vorher besser
einschätzen. "Derzeit sind die Handwerker bis Mai oder Juni 2020
voll", begründete Bucher seinen Optimismus für das kommende Jahr.
Die Baupreise haben aber stark angezogen. "Zum Teil muss man
abwarten, bis sich die Preise abkühlen."
Durch den Fachkräftemangel seien nicht genug Hände da, und die
Verarbeiter, die genügend Hände hätten, würden die Preise anheben.
Auch die Wienerberger sei mit den Preisen ihrer Baumaterialien
raufgefahren - "aber moderat, 2019 um etwa 3 Prozent". Die
generellen Baukosten hätten da in einer ganz anderen Dimension
zugelegt. Manche Gebäude seien nicht errichtet worden, weil sie um
15 Prozent teurer geworden wären. "Das ist spannend, aber es wird
wieder besser."
"Man muss den Abschwung der Bauwirtschaft durch die Sanierung
rechtzeitig abfangen", meinte Bucher. "Wir sanieren noch deutlich zu
wenig in Österreich." An die künftige Regierung setzte er den Wunsch
ab, die Sanierungsquote auf 2 bis 3 Prozent anzuheben. Momentan
betrage sie unter 1 Prozent, kritisierte er. Das hieße, dass man in
100 Jahren einmal durchsaniert, bei 2 Prozent hieße es 50 Jahre.
"Das ist beim Dach ein Problem, denn der Dachmarkt ist ein
Sanierungsmarkt."
Der Ziegelriese, der für die Herstellung seiner Baustoffe hohe
Temperaturen braucht und dabei naturgemäß auch viel CO2 erzeugt,
steht laut Bucher hinter dem "Green Deal" der Europäischen Union,
wonach die EU bis 2050 klimaneutral werden soll.
"Das ist nicht mehr lang - wir müssen sehr schnell schauen, dass
wir in Zukunftstechnologie investieren", sagte der Manager. "Auch
wir wollen es schaffen, dass wir unsere Ziegel CO2-neutral
produzieren." Wenn man in ein Ziegelwerk investiere, laufe die
Technologie normalerweise 50 Jahre. Man brauche "eine gewisse
Rechtssicherheit und eine gewisse Versorgungssicherheit". In
Österreich habe das Unternehmen den Einsatz an thermischer Energie
in der Produktion in den vergangenen fünf Jahren um 10 Prozent
senken können.
"Wenn wir weniger CO2 emittieren, spart das Geld, das heißt, wir
haben ein natürliches Interesse, weniger auszustoßen", erklärte der
Österreich-Chef. "2018/19 haben wir in Uttendorf (Oberösterreich,
Anm.) 4 Mio. Euro in Wärmepumpen investiert, damit möglichst wenig
Wärme verlorengeht", sagte Bucher. Für das Brennen der Ziegel seien
Temperaturen von 900 Grad im Ofen nötig, für das Trocknen nur 100
Grad.
"Im Prinzip hat man dieses Werk in Uttendorf als Labor
hergenommen, um das dann in anderen Werken einzusetzen", so der
Geschäftsführer. Das "Labor" wurde jetzt im Dezember eingeweiht. CO2
müsse aber nicht nur in der Produktion gespart werden, sondern auch
im Lebenszyklus von Produkten bzw. Gebäuden. Mit dickeren Ziegeln
seien Häuser im Sommer kühler und im Winter wärmer. Das Heizen und
Kühlen könne effizienter gemacht werden.
Wienerberger wird den Angaben zufolge 2020 wieder knapp 10 Mio.
Euro in Österreich investieren. 40 Prozent davon seien "mit der
Verbesserung von Energieeffizienz verknüpft".
Die Herstellung von Ziegeln erfolgt im Prinzip recht regional.
"Wir stellen die Werke dorthin, wo der Rohstoff ist - Ton und Lehm."
Ziegel seien schwer, deshalb wolle man diese im Idealfall nicht
weiter als 150 Kilometer transportieren. Je weiter sie befördert
werden müssten, desto schlechter sei der ökologische Fußabdruck.
"Wir sind so a bissl die Biobauern aus der Bauindustrie", so Bucher
augenzwinkernd.
In Österreich betreibt der weltgrößte Ziegelhersteller zehn Werke
mit 500 Mitarbeitern an acht Standorten - hinzu kommt das
Kunststoffrohrwerk ("Pipelife") in Wiener Neudorf mit 280
Arbeitnehmern. Die Beschäftigten in der Verwaltungszentrale
miteingerechnet kommt der Konzern hierzulande auf knapp über 1.000
Beschäftigte.
Weltweit ist Wienerberger mit rund 17.000 Mitarbeitern an
insgesamt 200 Standorten aktiv. In Europa gehören 160 Ziegelwerke
zur Unternehmensgruppe. 2019 feierte Wienerberger sein 200-jähriges
Jubiläum. Die erste Ziegelei übernahm Alois Miesbach 1819 am
Wienerberg. "Dass es so ein Tonvorkommen vor einer großen Stadt
gibt, ist ein Zufall", vermerkte Bucher.