Voest-Chef wünscht sich aktivere EU in Handelsfragen
"Eine" Stimme gefordert - CEO Eibensteiner für fairen Handel
und Schutz vor Dumping - Trotz Konjunkturdämpfer und
Autoschwäche: Ausblick muss nicht angepasst werden - BILD
Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner, dessen
Konzern unter den internationalen Handelskonflikten mit Strafzöllen
zu leiden hat, wünscht sich dazu von der Europäischen Union (EU)
eine aktivere Rolle: "Die EU sollte mit einer Stimme sprechen", um
"eine" Handelspolitik nach außen zu bringen. Die Industriepolitik
müsse gleichberechtigt mit Klimapolitik einhergehen, das gelte auch
für Österreich.
Es müsse einen fairen Handel geben, inklusive einen Schutz vor
Dumping, sagte Eibensteiner am Dienstag vor Journalisten. Durch
"border adjustments" sollte die Emissionslast von Importen
ausgeglichen werden, denn Europa sei nur für 10 Prozent der
weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, die USA für 18 Prozent,
China aber für weit über 40 Prozent.
Ein langfristig kalkulierbarer Rahmen sei für die Industrie
wichtig - auch der Abschluss von Handelsverträgen. Mit Japan und
Vietnam habe die EU solche abgeschlossen, zu Mercosur werde jetzt
offenbar gezögert. "Handelsverträge sind für die Industrie ganz
wichtig - für die Stabilisierung der Märkte", so der Voest-Chef:
Wenn jeder wisse, wie er dran sei, gebe es weniger Ansatzpunkte für
Handelskriege.
Das laufende Geschäftsjahr 2019/20 sei natürlich beeinflusst von
den weltweiten Handelskonflikten und der Konjunktureintrübung -
wobei letztere teils durch erstere entstehe. Zu schaffen mache dem
Stahl- und Technologiekonzern auch die Volatilität der
Rohstoffpreise, vor allem bei Eisenerz; der Eisenerz-Preis sei
zuletzt zwischen 125 und 80 Dollar pro Tonne geschwankt.
Auf die Widrigkeiten reagiere man mit Effizienzsteigerungs- und
Kostensenkungsprogrammen, in dem man die Kapazitäten anpasse, die
Kosten senke, die Strukturen verbessere, das Working Capital - das
betriebsnotwendige Vermögen - reduziere und die Einkaufsstruktur
durchforste, um Potenziale zu heben, erinnerte der CEO, der den
Konzern seit Anfang Juli lenkt.
Den Personalstand in Österreich bezeichnet er als künftig stabil:
"Wir haben keine Kündigungen in Österreich geplant in nächster
Zeit." Ausreichen sollen Einsparungen bei Leasingpersonal, der Abbau
von Überstunden und Nicht-Nachbesetzungen. Der Konzern zählt rund
52.000 Mitarbeiter und setzte im vergangenen Geschäftsjahr rund 13,6
Mrd. Euro um.
Die Strategie 2025 sehe die Weiterentwicklung der
technologiestarken Bereiche und ein wertsteigerndes Wachstum vor.
Den Fokus werde man in den nächsten Jahren verstärkt auf
Nachhaltigkeit legen, auch auf Digitalisierung. Und man arbeite an
einer Dekarbonisierung der Stahlerzeugung, zum Beispiel durch die
Nutzung von "grünem Strom". Derzeit seien die technologischen
Potenziale zur CO2-Einsparung in der Stahlherstellung fast
ausgeschöpft, mit den aktuellen Prozessen sei nicht mehr möglich.
Wasserstoff sei eine langfristige Lösungsmöglichkeit, es werde auch
Zwischenlösungen geben müssen, Stichwort Elektroöfen.
Die konjunkturelle Abkühlung werde "schon auf jeden Fall in das
nächste Jahr" dauern, befürchtet der Voest-Chef. Doch gebe es "keine
Indikation, dass wir den Ausblick jetzt ändern müssen oder werden",
meinte Eibensteiner auf die Frage nach der Haltbarkeit der
Jahresprognose. Es gebe Bereiche, die sehr gut laufen würden - wie
etwa die Bahninfrastruktur (Schienen, Weichensysteme) oder den
Flugzeugbereich und Schweißzusatzwerkstoffe. Schlechter laufe es im
Autosektor - dazu habe er schon bei der Vorlage der
Erstquartalszahlen (Anfang August) gesagt, es müsse hier erst einmal
der September abgewartet werden.
Chancen für Kapazitätsrücknahmen in der klassischen
Stahlindustrie sieht der voestalpine-Chef nicht - auch China habe
gesagt, man wolle Kapazitäten abbauen, habe aber welche dazu gebaut.
In den USA seien die Produktionszahlen noch nicht eingebrochen, doch
müssten die, die direkt zu OEMs liefern, mit 3 bis 5 Prozent
Rückgang leben. Der Zuliefermarkt in China sei dagegen schon stark
eingebrochen, sagte Eibensteiner in Bezug auf die weiter von den OEM
entfernten Lieferanten.