Sedlaczek am Mittwoch
Der elektronische Korrektor versagt
Es hilft
nichts.
Obwohl die Rechner immer leistungsfähiger und die Programme immer besser werden – vor
Schreibfehlern schützen sie uns dennoch nicht.
Ich bin ein gewissenhafter Zeitungsleser, und
ein Vielleser. Dabei stoße ich oft auf horrible Fehler. Was ist los mit den Journalisten? Haben sie die
fundamentalen Kenntnisse der Rechtschreibung verlernt?
"Das hängt damit zusammen, dass wir
blind unseren Korrekturprogrammen vertrauen", sagt Ferdinand. "Wenn ein Text fertig ist, lasse ich das
redaktionsinterne Programm drübersausen. Was es entdeckt, wird ausgebessert. Was es übersieht,
bleibt."
Das Thema ist nicht nur für Journalisten interessant. Wer gewillt ist, richtig zu
schreiben, der will wissen, wie gut Korrekturprogramme sind.
Wie soll ich den Test anlegen?
Ich sammle aus Zeitungen und Zeitschriften dass/das-Fehler und prüfe nach, ob das Korrekturprogramm von
Word auf sie reagiert. Das Ergebnis ist niederschmetternd.
"Ein klares Statement, dass die
Frau mit einem tapferen Lächeln quittiert." Das Programm rührt sich nicht. "Wir geben das Bild eines
Landes ab, dass in Europa nichts bewegen möchte." Detto. "Er hat etwas geschafft, dass man ihm nie
zugetraut hätte." Wieder übersehen. "Ein Gefühl, dass unweigerlich entsteht, wenn . . ." Nichts.
Auch in der anderen Richtung werden Fehler nicht erkannt. "Es ist ein interessantes Phänomen, das im
Norden stärker eingedeutscht wird." Als Höhepunkt zeichnet das Programm sogar richtige Schreibungen als
falsch aus. Ich gebe ein: "Es ist ein Phänomen, dass im Norden stärker eingedeutscht wird." Jetzt sagt
Word, das wäre richtig!
Thomas Lutz, PR-Manager bei Microsoft-Austria, beantwortet meine
Anfrage in perfektem Denglisch: "Unsere kontextsensitive Rechtschreibprüfung hat gewisse Limitationen,
die darauf abgestimmt sind, die bestmögliche Kombination von Precision und Recall zu erzielen." Weil die
Schreibung dass bzw. das vom Satzbau abhänge, bestünde die Gefahr falscher Anzeigen. "Wir möchten aber
vermeiden, dass die Anwender zu viele falsche Anzeigen bekommen und sich dann darüber beschweren, dass es
sie in ihrer Arbeit verlangsamt."
Anschließend teste ich den "Duden-Korrektor Plus", angeblich
das Beste, was es auf dem Markt gibt. Das Programm meldet verdächtige Fälle mit folgendem Text:
"Kontrollieren Sie bitte, ob ‚dass‘ durch ‚das‘ ersetzt werden muss." Soll heißen: "Ich weiß nicht
weiter, jetzt ist der Anwender am Zug!" Aber auch hier das Problem: In drei von fünf Fälle schlägt das
Korrekturprogramm nicht aus!
Melina Alexa, Leiterin der Abteilung "Duden-Sprachtechnologie"
erklärt mir in einem Mail, dass die Satzanalyse oft nicht zu eindeutigen Ergebnissen führe. "In solchen
Fällen verhält sich die Duden-Software eher ‚konservativ‘ (wie bei den Testsätzen 2, 3 und 5) und
beanstandet keinen Fehler. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass es sich dabei um einen ‚Fehlalarm‘ handelt,
ist hoch."
Wenn ich aber ein Korrekturprogramm verwende, dann korrigiere ich den Text nicht
mehr so aufmerksam, ich werde nachlässig. Auch Melina Alexa scheint hin und wieder in diese Falle zu
tappen. Ich bin sicher, sie wird das Mail, ehe sie es an mich abgeschickt hat, durch den Duden-Korrektor
gejagt haben. Der erste Satz ihres E-Mails lautet trotzdem: "Vielen Dank für Ihr Interesse an den
Duden-Korrektor!"
Kann es sein, dass der Korrektor auch solche Fehler übersieht? Ich werfe ihm
diesen Satz zum Fraß vor – er merkt nicht, dass es ein faules Ei war! Er übersieht den Kasusfehler und
hält den Akkusativ für richtig: "Er hat Interesse an mich."
http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=4409&Alias=wzo&cob=398946