von Christian Klein
»Die Logik der Geldrechnung ist unerbittlich, ob man sie begriffen hat
oder nicht.« -- Karl Walker
Der folgende Essay versucht in möglichst einfacher,
verständlicher Sprache dem gemeinen Laien die Idee der freiwirtschaftlichen Geldreform näherbringen.
Immer wieder fragen mich Zeitgenossen um was es den Geldreformern eigentlich geht, was denn bitte schön
Freigeld sei und inwiefern die Freiwirte ausgerechnet im Geldsystem eine der wichtigsten politischen
Fragen unserer Zeit sehen. Ich werde versuchen dies näher zu erläutern an dieser Stelle.
Eins
mal vorweg: ich betrachte mich selber, vor allem in gesellschaftspolitischen Fragen, als Liberalen. Die
grösstmöglichste Freiheit des Individuums liegt mir sehr am Herzen. Parteipolitisch vertreten wohl die
FDP oder die Grünen die Ideen, denen ich konkret noch am meisten zugeneigt bin. Meine Sympathien gehören
vor allem den Freiburger Thesen der FDP und insbesondere der ordoliberalen Freiburger Schule um Walter
Eucken, die als deutsche Variante des Neoliberalismus gilt. Soviel Staat wie notwendig, so wenig Staat
wie möglich, so mein Motto. Doch angesichts der zunehmenden wirtschaftlichen Probleme begab ich mich vor
ca. 3, 4 Jahren auf die Suche nach alternativen Ideen, jenseits der gängigen Vorschläge der Politiker und
Mainstream-Ökonomen. Ich spürte irgendwie, dass etwas nicht stimmte am "Kapitalismus". So landete ich
vorrangig auf "eher linken" Seiten, die unser Wirtschaftssystem kritisierten, aber mit vielem dort konnte
ich rein gar nix anfangen. Ich bin ein Verfechter einer möglichst freien und dezentral organisierten
Marktwirtschaft, auf denen Konsumenten bestimmen, was sie konsumieren (wollen), Produzenten, was sie
produzieren (wollen), in der die Preise für Güter und Dienstleistungen, die Zinsen und Kapitalrenditen,
die Arbeitseinkommen und Löhne sich auf Märkten nach Angebot und Nachfrage bilden und in der die
Produktionsmittel in Privateigentum überführt sind. Somit bin ich ein konsequenter Gegner marxistischer
Theorien, die oft nur auf die Vergesellschaftung der Produktionsmittel aus sind. Auch die Rolle des
Staates sehe ich vorwiegend nur in Schutz von Freiheit, Eigentum und Leben seiner Bürger, einer
ordnungspolitischen Gestaltung und einem Minimum an Sozialstaat. Er sollte wirtschaftlich möglichst wenig
intervenieren um die dynamische Kraft sich frei entfaltender, wirtschaftlicher Prozesse auf Märkten nicht
zu behindern und seinen Bürgern Freiheit und Wohlstand zu gewähren. Dies alles nur, damit der Leser nicht
fälschlicherweise glaubt, es hier mit einem Feind des Kapitalismus zu tun zu haben. Nach der gängigen
Lexikondefinition bin ich ohne jeglichen Zweifel durchaus ein Kapitalist !
Eines Tages jedoch
entdeckte ich die Freigeldtheorie, die ich zunächst lange Zeit nicht verstand, aber neben einer gesunden
Portion Neugierde auch irgendwie eine Art unerklärliche Faszination bei mir auslöste. Die sehr
alternative, total verrückt klingende Idee "alternden Geldes" zog mich in ihren Bann. Am Anfang hatte ich
noch die üblichen Fragen und Vorbehalte, die jeder hat, der in Kontakt mit dieser Theorie kommt. Ich
dachte es ginge darum, den Zins abzuschaffen bzw. auf Null sinken zu lassen. Ich Narr ! Leider gibt es
zuviele sogenannte Freiwirte im Internet, die dieses tatsächlich auch behaupten. In der Szene gibt es
Bücher mit Titeln wie "Geld ohne Zins und Inflation", "Das Märchen vom guten Zins", "Fehlentwicklungen
einer Zinswirtschaft" usw., die durchaus irreführend sein können. Dass die Schulökonomen dafür nur ein
müdes Lächeln übrigen haben, geschenkt. Ne andere traurige Tatsache ist die, daß in der sog.
Freiwirtschaftsszene auch viele esoterische Spinner herumlaufen, die einen quasi-religiösen Glauben an
das Freigeld an den Tag legen, von Wirtschaft eigentlich nicht viel verstehen und sogar hanebüchene Dinge
behaupten, die jeder halbwegs intelligente Erdenbürger leider in Windeseile widerlegen kann. Nicht selten
finden sich dort auch- teilweise konspirative- Theorien, denen leider Anschlußfähigkeit zu
nationalsozialistischem und/oder antisemitischen Gedankengut vorgeworfen werden kann. Mit alldem hatte
und habe ich nix am Hut. Die nächsten Zeilen sollen erklären warum es mir geht.
Unsere Reise
beginnt in einem kleinen gallischen Dorf, was erbittert den Römern Widerstand leistet. Hier leben
Asterix, Obelix und Co., die vermutlich fast jedem Leser ein Begriff sein sollten. In diesem Dorf gibt es
neben dem Berufssoldaten Asterix einen Fischverkäufer Verleihnix, einen Hinkelsteinlieferanten Obelix,
einen Druiden oder "Braumeister" Miraculix, einen Barden namens Troubadix, einen Schmied namens
Automatix, einen Häuptling namens Majestix, der das Dorf führt, dessen Gemahlin Gutemine und einen alten
Haudegen namens Methusalix (natürlich gibt es noch andere Figuren in Goscinnys und Uderzos Comicwelt,
aber wir beschränken uns in der Folge auf die oben aufgezählten Protagonisten). Dieses kleine gallische
Dorf nun bildet eine kleine, geschlossene Volkswirtschaft. Geschlossen deshalb weil ja kein Handel mit
den Römern betrieben wird. Als Währung fungieren Denixe. Denixe sei in unserer Geschichte gallisches
Kreditgeld. Ein Kreditgeldsystem ist ein endogenes Geldsystem, ein Innengeldsystem. Im Gegensatz zu
exogenen Geldsystemen (wie zu Zeiten des Goldstandards, wo die Geldmenge von aussen durch das vorhandene
Gold vorgegeben war), kann die Geldmenge bei Kreditgeldsystemen sehr variabel gestaltet werden, es wird
quasi Geld aus dem Nichts gegen entsprechende Sicherheiten und versprochene, spätere Gegenleistungen
geschöpft und auch wieder vernichtet. Die Aufgabe der Zentralbank ist es, die Geschäftsbanken mit Geld zu
versorgen und die Geld- und die Kreditmenge durch die Festsetzung eines Leitzinses zu steuern. Dabei soll
darauf geachtet werden, bestmöglichste Preisstabilität zu gewährleisten. Auch die gallische Zentralbank
(kurz: GZB) versucht diesen Job nach bestem Wissen und Gewissen zu erledigen. Allerdings gibt es in
unserem kleinen Dorf der Einfachheit halber nur eine einzige Geschäftsbank, diese gehört dem alten
Methusalix und heißt Commerzix.
Jeder Gallier leistet seinen Job mit viel Fleiß und bekommt
im Gegenzug entsprechend Denixe. Was aber nun damit anfangen ? Selbstverständlich können die Denixe
konsumiert sprich bei anderen Dorfbewohnern ausgegeben werden. Selbstverständlich gibt es bald Gallier,
die nicht all ihr Denixe gleich ausgeben, sondern für später aufsparen und erst in der Zukunft ausgeben
wollen und umgekehrt Gallier, die sich schon heute mehr kaufen wollen als sie gerade Geld haben und daher
ihre Anschaffungen auf Pump finanzieren wollen, mit entsprechender Gegenleistung/Tilgung in der Zukunft.
Es gibt also Gallier, die sparen wollen und es gibt Gallier, die sich verschulden wollen. Jene müssen
zusammen gebracht werden, damit sie ihre jeweiligen Pläne realisieren können. Das ist nun die Aufgabe der
Commerzix-Bank von Methusalix. Sie soll die Pläne der Wirtschaftsmitglieder in Einklang miteinander
bringen. Es ist ja nicht gesagt, dass jemand, der einen Kredit von 100 Denixe zu einer Laufzeit von 2
Jahren und einem Zinssatz von 5% abzuschliessen wünscht, auch einen anderen Gallier finden wird, der eben
genau 100 Denixe über 2 Jahre auch anlegen will. Auch die gewünschten maximalen Risiken der
Kreditnachfrager und Kreditanbieter sind unterschiedlich. Aufgabe der Bank ist es also irgendwie zu
gewährleisten, dass die Pläne/Wünsche der Gallier in Erfüllung gehen. Für Leute, die mehr dazu lesen
wollen: Aufgabe von Commerzix sind Fristentransformation, Losgrössentransformation und
Risikotransformation.
Man kann sich nun vorstellen, dass das Kreditangebot (KA) nicht
unbedingt per se mit der Kreditnachfrage (KN) übereinstimmen muss. Es muss also einen Mechanismus geben,
der dies miteinander in Einklang bringt (diesen Zustand nennt man "Gleichgewicht", Angebot und Nachfrage
stimmen überein). Die Lösung ist einfach je nach Fall und wir wollen sie mal nachspielen.
Fall
1: KA > KN (Nachfrage nach Kredit zu gering bzw. Angebot an Kredit zu hoch): um die Kreditnachfrage zu
erhöhen und/oder das Kreditangebot zu verringern, wird der Zinssatz für Sparer/Anleger gesenkt und der
Zinssatz für Schuldner ebenfalls. Die Differenz zwischen Spar- und Kreditzins geht an die Bank. Diese
Differenz besteht aus einem Risikoausgleich und einer sog. Bankmarge. Mit dem Risikoausgleich verschafft
sich die Bank die Möglichkeit, etwaige Kreditausfälle zu kompensieren. Wenn ein Schuldner nicht mehr
tilgen kann, kann die Bank ja nicht zu ihren Gläubigern sagen: euer Geld ist futsch. Das wäre das Ende
der Bank. Die "verantwortlichen" Schuldner zahlen also für die "unverantwortlichen" Schuldner mit. Die
Bankmarge dient neben Gebühren und Kommissionen als Einnahmequelle der Banken, die ja ihre Mitarbeiter
bezahlen müssen, ihre Räumlichkeiten, ihren Strom, ihre Informatiker usw. usf. Sie sind berechtigte
Einnahmen für ihre Dienstleistungen. Selbstverständlich konkurrieren Banken auch miteinander wie andere
Unternehmen auch, ihre Produkte unterliegen Marktgesetzen und sie wollen Gewinn machen. Das ist auch gut
so, ein Bankmonopol wie in unserem Beispiel, wäre- wie fast alle staatlichen oder privaten Monopole-
schlecht, aber darum geht es hier jetzt nicht. Wir nehmen an, daß Methusalix doch so handelt wie er es
unter Konkurrenz auch tun müsste und seine Kunden nicht "ausbeutet". In unseren Breitengraden ist jedoch
die erste Bankenstufe monopolisiert (durch die EZB). Darüber kann man streiten, ob das so sein muß, wir
gehen aber im weiteren Text davon aus, daß das sowohl bei uns in der EU als auch in unserem gallischen
Dorf erstmal so bleibt. Die ZB legt den Leitzins fest, nachdem GBen bei ihr entsprechend Kreditnachfrage
stellen. Dieser Leitzins ist eine Art Untergrenze für die normalen Kreditzinsen. Zurück zum vorliegenden
Fall. Der Zinssatz fällt bis zum gleichgewichtigen Zinssatz. KA=KN.
Fall 2: KN > KA
(Nachfrage nach Kredit zu hoch bzw. Angebot an Kredit zu niedrig): um das Kreditangebot zu erhöhen
und/oder die Kreditnachfrage zu verringern, wird der Zinssatz erhöht, bis gilt: KA=KN. Wir stellen fest:
der Zins hat ne sehr wichtige Allokationsfunktion. Er bringt die Pläne von Sparern und Schuldnern
miteinander in Einklang.
"Das »individuelle Streben all dieser Kreditanbieter und
Kreditnachfrager« bedeutet ein individuelles Streben von Abermillionen lebendiger "Partikelchen" im
System, und ihr Streben wird von Marktsignalen wie 'Zinsen' beeinflusst. Und 'gleichgewichtige
Marktsignale' bedeuten, dass ihr Streben bei diesen Marktsignalen zusammenpasst." (Ivan-systemfehler.de)
Das Kreditsystem ermöglicht also nicht nur Geld für die Zukunft zu sparen, es vorübergehend
anderen zu geben, die Vorleistung beziehen und diese dann später zurücktilgen, so daß man selber damit
wieder einkaufen gehen kann, sondern auch bei Knappheit an Geld Zinseinnahmen zu verdienen. Nach einem
Krieg bspw. wenn eine Volkswirtschaft erstmal wieder neu aufgebaut werden muß (bspw. das gallische Dorf
nach einer Schlacht mit Römern), würde Geld knapp sein und der Zinssatz entsprechend hoch, weil die Leute
erstmal selber konsumieren wollen. Die Zeitpräferenz der Menschen läge in der Gegenwart, im hier und
jetzt. Durch die weitere Entwicklung jedoch würde es den Menschen immer besser gehen, sie würden mehr
Geld verdienen als sie verkonsumieren würden und würden erstmal Geld für die Zukunft sparen wollen. Ihre
Zeitpräferenz läge mehrheitlich irgendwann in der Zukunft. Die Konsumquote ist niedriger und die
Sparquote höher, je nachdem wie groß das eigene Einkommen ist und natürlich auch die eigenen Präferenzen
was Produkte und Kaufverhalten angeht, austariert sind. Der Zins würde erfolgreich zum
Gleichgewichtszinssatz sinken, genauso wie es auch die Manchesterliberalen annahmen. Dazu später mehr.
Automatix hat beispielsweise diese Woche 100 Denixe verdient, er kauft sich für 10 Denixe
Fisch bei Verleihnix, für weitere 20 Denixe Zaubertrank bei Miraculix und einen Hinkelstein für den
Garten seiner Frau bei Obelix. Preis nochmal 30 Denixe. Es bleiben ihm 40 Denixe. Die trägt er zu
Methusalix. Dort wartet bereits Gutemine, die wieder mal all ihr Haushaltsgeld verprasst hat, sich aber
noch für 20 Denixe ein neues Kleid kaufen möchte, um ihren Mann Majestix zu gefallen. Sie wird nun von
Methusalix diese 20 Denixe nach Abschluß eines Darlehenvertrags erhalten. Diese 20 Denixe wird sie später
zurückzahlen müssen. Dass natürlich Methusalix dieses Geld jederzeit an Automatix zurückgeben muß, wenn
der es zurück haben möchte und nicht erst nach Tilgung Gutemines, versteht sich von selbst. Es ist
Aufgabe der Banken, so zu kalkulieren, dass sie ihren Verpflichtungen nachkommen können. Andernfalls
verlieren Anleger das Vertrauen und im schlimmsten Falle gibt es dann einen vernichtenden Bankrun. Die
Aufgaben der Bank wurden oben bereits angesprochen.
Ein kurzer Ausflug in die Theorie. Das
Einkommen ganz Galliens ist das Volkseinkommen (VE), das von den Galliern erwirtschaftete
Bruttosozialprodukt (BSP) steht diesem VE gegenüber. Damit Markträumung eintritt, das gesamte Angebot der
Volkswirtschaft also nachgefragt wird, muss das gesamte Volkseinkommen ausgegeben werden. John Baptiste
Say stellte 1803 das nach ihm benannte Sayesche Theorem auf. Dieses besagt: "Geplantes Angebot und
geplante Nachfrage müssen in einer geschlossenen Volkswirtschaft übereinstimmen. Wer am Markt ein Gut
(etwa auch die eigene Arbeitskraft) anbietet, tut dies, um Einkommen zu erzielen, damit er selbst Güter
kaufen kann. Er schafft durch sein Angebot von Gütern eine Nachfrage nach Gütern." Wenn die Gallier nun
alle ihr Einkommen verkonsumieren, ist das der Fall. Da viele aber auch sparen möchten, müssen nun Andere
statt ihrer dieses Einkommen ausgeben. Nur wenn es einen Mechanismus gibt, der dafür sorgt, dass sich die
Ersparnisse mit den Investitionen decken, ist das Theorem in einer modernen Geldwirtschaft also gültig.
Als diesen Mechanismus sehen die Anhänger meist den (gleichgewichtigen) Zinssatz. Wir haben oben dies
bereits näher erläutert.
Eines Tages, nachdem Gallien über Jahre wirtschaftlich floriert
hatte, passiert das Unfassbare. Plötzlich gibt es Absatzschwierigkeiten, Arbeitslosigkeit, Entlassungen,
Insolvenzen und dadurch Streit zwischen den Dorfbewohnern. Der Zins ist richtig tief gesunken, tendiert
gar gegen null, aber es will dennoch keiner Investitionen tätigen, da sich keine Käufer finden lassen und
auch in Zukunft keine Besserung zu erwarten ist. Die Arbeitslosen wollen zwar Geld, kriegen aber von
Methusalix nichts, da sie nicht die nötigen Sicherheiten mitbringen und auch Methusalix Angst hat, pleite
zu gehen. Immer mehr Schuldner können ihre Kredite nicht mehr tilgen, gehen bankrott. Trotz niedrigster
Zinssätze: irgendwas funktioniert nicht mehr. Plötzlich scheint es an Geld zu fehlen. Die Reichen, die
Geld haben, allen voran der clevere Anleger Troubadix, verkonsumieren natürlich auch nicht alles, aber
Methusalix findet keine Kreditnachfrager mehr, denen er ernsthaft vertrauen kann und die, bei denen er es
könnte, sehen keinen Sinn in Kreditaufnahme, da sie ja ihre Produkte nicht loswerden können. Der mögliche
Grenzertrag einer Investition liegt unter den Mehraufwendungen für die Zinszahlungen eines möglichen
Kredits. Die Leute halten an ihren Denixen fest, wollen sparen für noch schlimmere Zeiten. Gallien ist in
ne Rezession geraten oder auch in die Liquiditätsfalle. Linke hetzen nun gegen die böse Bank, den bösen
Methusalix, das böse kapitalistische System, die bösen Reichen (Troubadix soll gar gehängt werden,
verlangen sie), Liberale meinen, die Löhne seien zu hoch und die Preise auch, daher sollen die Löhne
drastisch gesenkt werden, was den gesellschaftlichen Unmut noch erhöht, Keynesianer meinen, Majestix
solle doch die Wirtschaft mit staatlicher Nachfrage ( deficit spending ) ankurbeln. Ja, Majestix, bau uns
ne neue Strasse hier im Dorf und verschaffe uns somit Arbeit und Einkommen... Inflationsanhänger meinen
gar, die Geldmenge müsse expansiv gesteigert werden. Druckt Geld, schreien sie ... Gallien steht Kopf.
Alle sind ratlos, aber zugleich erzürnt und sie schlagen sich auf dem Markt die Köpfe ein. Verleihnix
ruft nun zum Krieg gegen Rom auf. Holen wir uns dort, was uns hier fehlt ! Andere, besonnere Kräfte wie
Miraculix meinen lapidar, es sei doch besser mit den Römern Handel zu treiben und Nettoexport zu
realisieren um die fehlende Nachfrage von aussen zu bekommen. Das wird auch ne Zeitlang versucht, doch
bei den Arbeitslosen steigt bald der Unmut über diese Globalisierung, von der mehr die Römer profitieren
würden als sie selber. Auf jeden Fall wird nach Wachstum und nochmal Wachstum geschrien, denn nur durch
möglichst großes Wachstum kann vor den eklatanten Problemen erfolgreich "geflüchtet" werden, das Volk
jammert über den Druck, der auf ihnen nun lastet, es ächzt und stöhnt, derweil die Reichen fröhlich ihrem
genügsamen Leben nachgehen. Das eigene Geld ist ja gut auf Giro- und Sparkonten angelegt.
Was
war in Gallien geschehen ? Die Pläne der verschiedenen Dorfbewohner stimmten nicht mehr überein. Sie
wollten ums Verrecken alle- was für sie, logisch gesehen- auch am Besten war. Aber Kreditangebot und
Kreditnachfrage stimmten nicht mehr überein. Es gab mehr Leute, die sparen und ihre Schulden tilgen
wollten, als welche, die Schulden aufnehmen und entsparen/konsumieren wollten. KA>KN, da bei den
meisten Leuten die Zeitpräferenz sich in die Zukunft verlagert hatte. Man gedachte zu sparen für spätere,
grössere Anschaffungen, für seine Rente und Pflege später (die staatlichen Versicherungen waren ja nicht
mehr so sicher). Es fanden sich nicht mehr genug Leute, die das Entgegengesetzte wollten. Wieso
funktionierte der Zinsmechanismus nicht mehr, der KA = KN setzen sollte ? Ganz einfach: der Kreditzins
konnte nicht unter den positiven (aktivseitigen) Leitzins des Geldmonopolisten (der GZB) sinken. Doch
dieselbe konnte den Leitzins nicht tief genug senken ohne Verluste zu machen. Daher tat sie das nicht,
was sie eigentlich hätte tun müssen. Auch die Geschäftsbanken konnten den Kreditzins nicht tief genug
absinken lassen wegen drohender Verluste. In einem anderen Geldsystem würden die Geschäftsbanken nun
evtl. einfach die Sparzinsen ins Negative sinken lassen, aber dies war heute nicht wirklich möglich, der
negative Nominalzinsbereich konnte nicht erreicht werden im gallischen Geldsystem. Alle Kreditbeziehungen
werden nunmal relativ zum Zentralbankgeldzinssatz verzinst. Dieser beträgt im heutigen System konstant
null (von leicht positiv verzinster Mindestreserve mal abgesehen). Es war unmöglich, dass der Zins auf
sein Gleichgewicht fallen könnte. Und selbst wenn der Zins negativ werden würde (wie mal vorübergehend in
Japan), es würde nur die Bargeldhaltung vergrössern und das Problem weiterhin bestehen lassen. Mit den
Konsequenzen Verschuldung, Insolvenzen usw.
Was passiert, wenn du arbeitest und monetäre
Aktiva aufbaust? Andere bauen monetäre Aktiva ab und/oder monetäre Passiva auf und bekommen die Früchte
deiner Arbeit. Entweder passiert das im Gleichgewicht freiwillig/vereinbar oder aber im Ungleichgewicht
unfreiwillig/unvereinbar. Im letzteren Fall kann es gut sein, dass es nicht lange dauert, bis die
unerbittliche Logik dich hindert, monetäre Aktiva aufzubauen: Auftragsrückgang, Erwerbslosigkeit. Die
Erwerbslosen wünschen monetäre Aktiva aufzubauen. Doch andere müssen entweder monetäre Aktiva abbauen
wollen (keine "Konsumzurückhaltung") und/oder monetäre Passiva aufbauen wollen. (Ivan-systemfehler.de)
In heutigen Kreditgeldsystemen sind die ZB-Geldhalter die Einleger der ZB. Die Gallier, die
Bar-Dinexe halten, verschaffen der GZB Vertrauen und somit Kredit. Nur dank diesem Kredit kann die GZB
Kredite an GBen vergeben, die diese wiederum an Kunden weitergeben, die damit dann die Waren herstellen,
die später u.a. gegen das Bargeld umgesetzt werden sollen. Und diesen Umsatz brauchen die Unternehmer
wiederum um überhaupt ihre Kredite tilgen zu können. An dieser Stelle finden wir nun den guten alten
Silvio Gesell wieder. Der, der vor der Vorherrschaft des Geldes warnte, vor seiner Überlegenheit über die
ihm entgegengebuchten Waren. So wie diese an Wert verlieren mit der Zeit, muss auch das Geld an Wert
verlieren.
Asterix hat nun auch den zündenden Einfall, die GZB solle doch einfach ihr Geld
variabel und im jetzigen Fall negativ verzinsen. Ein solcher negativer Zins ("passivseitiger Leitzins")
würde den ZB Einnahmen ermöglichen, mit denen die Verluste kompensiert werden konnten. Der Leitzins
konnte negativ werden und somit auch die Kredit- und die Sparzinsen. Das kommt nun auch Majestix´Budget
zugute, denn die Staatsverschuldung wuchs durch den Zinseszinseffekt fröhlich ins Grenzenlose weiter. Die
Guthaben der Reichen mussten bedient werden. Solange deren Wachstum nicht gebremst wurde, konnten die
Schulden gar nicht abgebaut werden, denn Schuldenabbau bedeutet auf der anderen Seite der Medaille
Guthabenabbau, denn allen Schulden stehen gleich grosse Guthaben gegenüber. Schulden/Guthabenpaare
sozusagen. "Befreien wir uns vor dieser Ausbeutung, vor diesem Krebsgeschwür, vor diesen
ungleichgewichtig hohen Zinssätzen, die unsere Gesellschaft zerstören, durch den Zinseszinseffekt die
Schulden exponentiell steigen lassen. Lassen wir die Wirtschaft zu Ruhe kommen, die Pläne aller Gallier
wieder in Einklang bringen und Frieden schaffen, bevor die Linken die Planwirtschaft wegen
offensichtlichen Marktversagens ausrufen", so der tapfere Krieger. Und in der Tat: was die
Freigeldanhänger hier kritisieren, ist im Grunde das, was Karl Marx die "Akkumulation des Kapitals"
nannte, er machte nur fälschlicherweise das Problem leider am Privateigentum an den Produktionsmitteln
fest und nicht an monetären Befindlichkeiten. Die GZB gehorcht, auch wenn anfangs einige Gallier wettern.
Manche verstehen einfach nix und rufen, Asterix wolle ihnen ihr gerecht verdientes Eigentum wegnehmen.
Doch letzendlich setzt sich der Krieger durch und siehe da: plötzlich gibt es wieder Arbeit und Brot, es
geht den Galliern wieder besser und das Dorf frohlockt. Majestix fürchtet nun nix mehr, ausser daß ihm
doch noch der Himmel auf den Kopf fallen könne.
Entscheidend hier ist auch zu verstehen, daß
das Vorzeichen eines Zinssatzes nichts damit zu tun hat ob der Zinssatz gleichgewichtig ist oder nicht.
Selbst ein Zinssatz von -50% wäre noch zu hoch wenn KA>KN gelten würde. Auch können die Banken
weiterhin ihre Bankmarge kassieren im Freigeldsystem. Die Pläne der Gallier stimmen, seitdem die GZB auf
Frei-Denixe umgestellt hat, wieder überein und die Wirtschaft floriert wie nie zuvor. Majestix hat immer
weniger zu tun und frohlockt, dass nicht dauernd irgendwelche Leute nach "noch mehr Staat" schreien. Er
kann mit Gutemine nun öfters ins Grüne fahren. Überhaupt wurde den Galliern viel Druck von den Schultern
genommen und sie bedanken sich noch heute bei Asterix, der wieder mal seine Intelligenz unter Beweis
gestellt hatte.
Manchmal nachts vorm Einschlafen frage ich mich ob ich deppert geworden bin,
ob ich einfach einem kompletten Wahnsinn verfallen bin (schliesslich gibt es kaum Mainstream-Ökonomen,
die den von mir erkannten Systemfehler ausgemacht haben wollen) oder ob wirklich die Mehrheit aller
Menschen blind für die Geldproblematik ist, wieso auch immer. Ich weiß es nicht, ehrlich nicht. Ich weiss
auch nicht ob wir heute ein Kreditmarktungleichgewicht haben. Ich glaube halt nur, dass ein solches in
unserem Geldsystem theoretisch möglich wäre und solange das der Fall ist, wäre es möglich, dass ein
solches vorliegt. Die möglichen Symptome sind ja sogar im Überfluss vorhanden, auch wenn ein- und
diegleichen Symptome selbstverständlich auf diverse Krankheiten zurückführbar sein können. Hätten wir ein
Kreditmarktungleichgewicht, hätte dies jedenfalls Einfluß auf eigentlich alle anderen Märkte,
insbesondere auch auf den Arbeitsmarkt. Dies sollte jedem Leser klarmachen, wie eminent wichtig die
Klärung dieser Frage eigentlich ist. Andernfalls werden die Probleme, unter denen wir heute leiden,
eventuell nicht zu lösen sein und es Konflikte geben, die gerade den Ruf nach noch mehr Staat verstärken
werden. Der Staat, der dann in den Markt eingreifen muss, um noch Schlimmeres zu verhindern, um die
"Verlierer" des Systems ruhig zu stellen. Populisten von links und rechts werden "Ausbeutung" schreien
und nicht mal zu unrecht dann. Gerade Liberale, gerade Marktradikale, sollten doch egtl. Interesse daran
haben, dass es einen freien Kreditmarkt gibt, der auch die ihm zugedachte Aufgabe brav erfüllt. In dem
Sinne bitte ich jeden Leser dieses Essays, über Freigeld zu sinnieren und mit Politikern sowie Ökonomen
jeder Couleur und Schule darüber zu diskutieren auf daß die Geldreformidee vorangetrieben wird und
vielleicht irgendwann mal bei Sandra Maischberger oder Anne Will diskutiert wird. Ganz besonders zum
Nachdenken anregen möchte ich aber auch die Neue Linke, attac und co., die für meinen Geschmack leider zu
oft irrtümlicherweise glauben, das Problem läge in der Marktwirtschaft selbst. Ich hoffe ein
interessanter Dialog wird hier in Zukunft entstehen. Danke fürs Lesen jedenfalls schonmal ! gez. euer CK,
der sich durchaus bewusst ist, dass die Frage des Geldsystems eine kopernikanische Wende in den
Wirtschaftswissenschaften einleiten könnte.
http://www.cko.lu/Freigeld.html
ice