Der Totalausfall der russischen Gaslieferungen zwischen dem 7. und dem 20. Jänner 2009 war mit keinerlei Einschränkungen verbunden - hätten die Medien nicht über den russisch-ukrainischen Gasstreit berichtet, hätten die österreichischen Haushalte nichts davon mitbekommen, dass zum ersten Mal seit 40 Jahren das russische Gas ausgeblieben ist. Dass die Situation relativ geräuschlos bewältigt werden konnte, sei auf Managemententscheidungen, technische Leistungen, auf die Kooperation von Industrie und Stromerzeugern - und glückliche Umstände zurückzuführen, sagte Stromregulator Walter Boltz am Mittwochabend in einer ersten Auswertung der Krise.

Alle Beteiligten hätten "die Rolle erfüllt, die ihnen zugedacht war", resümierte Boltz zufrieden. Dies, obwohl bei den Planspielen niemals ein 100-prozentiger Ausfall aller russischen Lieferungen auf zwei Wochen angenommen worden war. Übernächste Woche werden OMV, E-Control und die anderen am Management der Krise beteiligten Parteien dem Wirtschaftsminister berichten.

Von zentraler Bedeutung war, dass bereits einen Tag nach dem Lieferstopp, der grenznahe Speicher Haidach an die "Regelzone Ost" (Ostösterreich) angebunden werden konnte - obwohl das Haidach-Gas üblicherweise nach Deutschland geliefert wird. Der Riesenspeicher gehört der Gazprom und deren deutschem Partner Wingas. Da die Deutschen über Weissrussland gut versorgt waren, durfte Gas aus Haidach nach Ostösterreich fliessen. Wesentlich war auch, dass flexible Gaskraftwerke etwa von EVN und Wienstrom auf Öl umgestellt werden konnten. Die ohnedies nur schwach ausgelastete Industrie wiederum hat auf freiwilliger Basis ihre Verbräuche untereinander abgestimmt.

Trotzdem ist es an besonders kalten Tagen wie etwa am 15. Jänner, zu einer Beanspruchung "im allerobersten Bereich gekommen", schilderte Michael Schmöltzer, der die Abteilung Gas in der E-Control verantwortet. An diesem Tag sei sich der Spitzenbedarf bei 2 Millionen m3 pro Stunde "haarscharf ausgegangen". Wäre es noch um fünf oder zehn Grad kälter ge wesen, hätten als gasbetriebene Kraftwerke abgeschaltet werden müssen.

Dies wäre eine erste Notmassnahme nach der "Energielenkungsverordnung" gewesen. (Die Abschaltung von Kraftwerken hätte laut Boltz aber nicht zu Stromausfällen geführt, weil der regionale Strommarkt zu dem Zeitpunkt gut versorgt gewesen sei.) Der kritische Faktor ist demnach die Entnahmeleistung gewesen, die das Limit erreicht hat - und nicht die schiere Menge, die in den Speichern reichlich vorhanden sein soll.

Obwohl alles glimpflich abgegangen ist, könne man eine Menge für die Zukunft lernen, meinte Boltz.So könne man mit relativ günstigen Umbaumassnahmen Flexibilität und Reservekapazitäten deutlich erhöhen; zweitens müsse es künftig mehr Daten und einen schnelleren Informationsaustausch geben. Und schliesslich müsse man besser über Landesgrenzen und Regelzonen hinweg planen. Bei den Ausbauvorhaben müssten Notfallmassnahmen mitgedacht werden.

2006, bei der letzten Krise, sei nur ein kleiner Teil der Gazprom-Lieferungen ausgeblieben, "die Öffentlichkeit war damals aber fünfmal aufgeregter" (Boltz). Heuer sei alles viel ruhiger abgelaufen, obwohl die Unterbrechung dramatisch gewesen sei. "Das Vertrauen in die sichere Gaslieferung aus Russland ist heute nachhaltig erschüttert. Das war bei der letzten Krise nicht so."

Glaubwürdige Alternativen zu Gas sieht Boltz in absehbarer Zeit dennoch keine. Neben mehr Energieeffizienz müsse die EU schleunigst Bezugsquellen und -wege diversifizieren, meinte er. Angesichts der wirtschaftlichen Situation rechnet er für die nächsten Jahren kaum mit den bisher üblichen jährlichen Verbrauchssteigerungen bei Gas und Strom.

(apa)

  

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