Neuigkeiten aus dem Kapitalmarkt-Busch
Die Vorgänge um die Meinl European Land sind
eigentlich ein unfassbarer Behördenskandal.
Im Immobilienmarkt hat es unschöne Dinge mit
Fonds und Aktien
gegeben. Die Bundespolizei bildet also eine Sondertruppe, führt
Razzien und
Verhaftungen durch. Gleichzeitig beginnt der Prozess
gegen Investmentbanker, die Anlegern
Wertpapiere empfohlen haben, die
sie selbst für "Junk" hielten. Man sieht schon: Die
Bundespolizei,
von der hier die Rede ist, heißt FBI und die (gerade aktuelle)
Geschichte spielt
in den Vereinigten Staaten, einem Land mit
entwickeltem Kapitalmarkt.
Hierzulande läuft
so etwas anders: Da werden kleine Leute von
Unternehmen im Einflussbereich der Bank eines
Milliardärs mit
falschen Argumenten (Sparbuchersatz, mündelsicher) in die Beteiligung
an einer
Immobilienfirma gelockt, dort dann mittels einer geschickten
Konstruktion unter dem Titel
"Management Fees" und "Lizenzgebühren"
jährlich um zweistellige Millionenbeträge ärmer gemacht und
zum
Schluss dann per Stimmrechts-Tricksereien kalt enteignet. Mehr als
hunderttausend im
wahrsten Sinn des Wortes "kleine Leute", die
geglaubt haben, wo "Meinl" draufsteht, müsse
irgendetwas Seriöses
drin sein, erleiden einen Gesamt-Vermögensschaden in dreistelliger
Millionenhöhe.
Garniert wird das Ganze mit Ad-hoc-Aussendungen, deren
Wahrheitsgehalt
nun, sagen wir, diskutierenswert ist, mit
Intransparenz, mit Verhöhnung von Kleinanlegern ("Steht eh
alles auf
Seite 204 des englischsprachigen Emissionsprospekts").
Das alles geschieht
unter den Augen der zuständigen Behörden: Die
Nationalbank schaut krampfhaft weg, die
Finanzmarktaufsicht verhängt
alibihalber ein paar Pseudo-Geldstrafen, der Kapitalmarktbeauftragte
der Regierung schweigt nobel, und der Staatsanwalt tut trotz
zahlreicher Anzeigen und
Sachverhaltsdarstellungen gar nichts.
So geht es zu im Kapitalmarkt-Busch Österreich. Wer die
richtigen
"Connections" hat, der kann fuhrwerken, wie er will. Die Behörden
sind ja schließlich
nicht dazu da, Anlegerschutz zu betreiben, nicht
wahr?
Im Ernst: Herrn Meinl trifft die
geringere Schuld an der Misere. Er
hat eine geschickte Konstruktion zur Umleitung von
Kleininvestorengeld aufs Familienkonto von anderen abgekupfert und
dann bis zum Exzess ausgereizt.
Er hat das von Anfang an nicht
verheimlicht. Die ganze Konstruktion war in den
Emissionsprospekten
genau beschrieben. Dort ist auch gestanden, dass die in Wien notierte
und
überwiegend im Besitz österreichischer Anleger stehende
Gesellschaft für sich Teile des
österreichischen Börsegesetzes und
den österreichischen Kapitalmarkt-Wohlverhaltenscode ausschließt.
Ein
Vorgehen, das in entwickelten Kapitalmärkten undenkbar wäre.
Diese Klauseln tragen
Stempel und Unterschriften der
Finanzmarktaufsicht. Die von sich behauptet, sie dürfe nur formal
prüfen (und in anderen Fällen durchaus beweist, dass sie könnte, wenn
sie wollte). Eine
Finanzmarktaufsicht, die Prospekte nur darauf
prüft, ob sie vollständig und richtig durchnummeriert
sind - das ist
ein Treppenwitz.
Ebenso eine Nationalbank, die Bankenaufsicht spielt, aber
in solchen
Fällen partout nichts finden will. Wäre ja auch peinlich, wo doch
einer ihrer
Generalräte als Meinl-Auftragsgutachter (das berühmte
"Göthachten" zur Mündelsicherheit) in die
Sache involviert ist.
Von der Staatsanwaltschaft, die nicht einmal den Anschein erweckt,
als würde sie nach Anzeigen so etwas wie Beweissicherungsaktivitäten
entwickeln, einmal ganz
abgesehen. Die ist aber weisungsgebunden.
Womit der Skandal politische Dimensionen annimmt.
Tatsächlich gibt es
ja nicht wenige, die hinter der merkwürdigen Behörden-Inaktivität im
Fall
Meinl ein politisches "Netzwerk" am Werk sehen. Immerhin ist ein
ehemaliger Finanzminister und
gerade noch verhinderter ÖVP-Chef
(wofür Andreas Khol ein Orden für Verdienste um die Republik
Österreich gebührt) in einer ähnlich konstruierten Meinl-Firma tätig.
Wie auch immer: Wenn
die Behörden nichts tun, ist die Politik
gefordert. Sonst verkommt der österreichische Kapitalmarkt
zur
absoluten "No-Go-Area" für Privatanleger. So über den Tisch gezogen
können Kleinanleger
nämlich selten wo auf der Welt werden, ohne dass
Handschellen klicken oder die Aktion schon im
Vorfeld gestoppt wird.
Zu einer guten Börse gehört ein Kapitalmarkt mit zivilisierten
Umgangsformen, die auch durchgesetzt werden. Lustiges
Kleinanleger-Absahnen dagegen macht jeden
Markt schnell kaputt. Ist
es nicht so, meine Herren Kapitalmarktbeauftragte, Minister und
Gouverneure?