FMA und Nationalbank gehen mit der "Causa Meinl" und allen voran der Meinl European Land härter ins
Gericht als bisher bekannt
Wien – Nicht nur die Vorwürfe der Finanzmarktaufsicht (FMA) gegen
die Immobiliengesellschaft Meinl European Land (MEL) sind gravierend, auch die Nationalbank (OeNB)
kritisiert die Meinl Bank. Die FMA wirft der MEL ja Marktmanipulation vor, indem sie Informationen
verbreitet hat, die „irreführende Signale“ in Bezug auf die MEL-Zertifikate gegeben hätten. Das schrieb
die FMA in ihren Strafbescheiden gegen fünf MEL-Manager im November 2007, deren Vorhalte bisher nicht zur
Gänze veröffentlicht wurden.
FMA kritisiert, dass die MEL erst am 27. Juli 2007 ad hoc
bekanntgab, einen Rückkauf eigener Papiere zu planen, den man am 28. August 2007 in einer ao.
Hauptversammlung beschließen werde. An diesem 27. Juli waren die Rückkäufe laut FMA aber „bereits nahezu
abgeschlossen“, dies habe MEL „verschwiegen“. Tatsächlich seien bereits ab 9. Februar 2007 immer wieder
Rückkäufe durch die MEL durchgeführt worden; nach dem 27. Juli (da waren schon 75,2 Mio. Stück
MEL-Papiere zurückgekauft) wurden nur noch zwei Transaktionen abgewickelt, nämlich am 31. Juli und am 1.
August. In Summe waren es 88,8 Mio. Stück. Laut Recherchen des Standard kritisiert die FMA zudem, dass
die Zertifikate als „Aktien“ bezeichnet wurden, „der Markt konnte von der Vorstellung ausgehen, an der
Wiener Börse seien Aktien notiert. Es war ... nahezu unmöglich, über den Sachverhalt richtig ...
informiert zu sein“.
„Irreführende Information“
All diese Informationen
beschäftigten die Staatsanwaltschaft Wien. Sie führt unter Aktenzahl 608 St 1/08w Ermittlungen wegen
Verdachts des Betrugs gegen Julius Meinl V., Karl-Heinz Grasser und Ex-Verbund-Chef Hans Haider (gegen
letztere nicht wegen MEL, sondern der ähnlich konstruierten MIP Meinl International Power, Anm).
Ausgelöst wurde die „Causa Meinl“ 2007 durch Anteilsrückkäufe der MEL, der Aktienkurs stürzte ab. Für
alle Verdächtigen gilt die Unschuldsvermutung.
Dass die Meinl Bank die Rückkäufe im
MEL-Auftrag und als deren „Market Maker“ durchführte, geht laut FMA aus einem MEL-Schreiben hervor. Der
rechtliche Schluss: Verstoß gegen §48a Börsegesetz, Marktmissbrauch durch irreführende Information. Die
erwähnten Strafbescheide der FMA (20.000 Euro je Manager) sind wegen Berufungen noch nicht rechtskräftig.
Seit Jänner ist auch der Vor-Ort-Prüfbericht der OeNB fertig, auch er fördert Interessantes zutage, wie
Standard-Recherchen ergeben. Die Darstellung Julius Meinls, die Meinl Bank habe nichts mit MEL zu tun
(geschädigte Aktionäre wollen sich an der Bank schadlos halten) wird durchaus relativiert.
Zwischen Meinl Bank, MEL (und MIP und Meinl Airport International) sowie der Julius Meinl AG gibt es
demnach viele Organverflechtungen, die zu „Interessenkonflikten“ führen können. Und: Die
Market-Maker-Verträge zwischen MEL, MIP, MAI und Meinl Bank gingen weit über „das an der Wiener Börse
Übliche“ hinaus.
Zudem weisen die Prüfer auf die zentrale Rolle der Somal A.V.V. hin, einer
indirekten Tochter der Julius Meinl AG. 2006 und 2007 seien Teile der MEL-Kapitalerhöhungen nicht am
Markt oder am Nostro (Konto für Eigenhandel) der Bank, sondern in der Somal platziert worden. Diese
Zertifikate seien genau zu dem Zeitpunkt zu hohen Kursen verkauft worden, als die MEL via Treuhandkonto
(der Somal) 88,8 Mio. Zertifikate bei _steigenden Kursen gekauft hat. Somal habe so 31,5 Mio. Papiere
verkauft und einen Kursgewinn von rund 35 Mio. Euro realisiert.
Die Nähe zur Bank beschreiben
die Prüfer so: Ohne Somal könnte die Bank ihren vertraglichen Verpflichtungen „nicht nachkommen“, Somal
sei ein „Vehikel zur Vermeidung von Großveranlagungsgrenzen“. Meinl-Sprecher Herbert Langsner: „Es gibt
keine Interessenkollisionen, und es gab keine Organverflechtungen.“
Zwischen Bank und MEL
besteht laut OeNB allerdings ein „starkes Abhängigkeitsverhältnis“: Für das Bilanzwachstum (956 Mio. Euro
im Jahr 2003; 5,6 Mrd. Euro 2007) sei die Geschäftsbeziehung zur MEL „hauptverantwortlich“, die
Bankgruppe erwirtschaftete aus MEL-Beziehungen in dem Zeitraum Erträge von 322 Mio. Euro. 2006 machten
die MEL-Erträge 60 Prozent aller Betriebserträge der Bank-Gruppe aus.
Eine
Konsolidierungspflicht der MEL in die Meinl Bank sieht die OeNB nicht. Laut Langsner hat sie auch „keine
wirtschaftliche Beherrschung“ festgestellt.
Allerdings sei das hohe Gewinnniveau der Bank
„nicht aufrecht“ zu erhalten: Laut Planungen der Meinl-Bank-Manager selbst rechne man für 2008 im besten
Fall mit Ergebniseinbrüchen von 64 Prozent, im schlimmsten von 64 Prozent. Weitere Kritikpunkte der
Prüfer: Die Ablauf- und Aufbauorganisation der Bank sei „nicht mit ihrer Größe kompatibel“, man fand zu
hohe Managementfees und Lizenzgebühren.
Die Bank sei aber keinesfalls gefährdet, ihre
Liquiditätssituation „ ist stressresistent“. Nicht nur die Finanzmarktaufsicht geht mit der „Causa Meinl“
und allen voran der Immobiliengesellschaft Meinl European Land (MEL) hart ins Gericht. Auch die
Vor-Ort-Prüfer der Notenbank tun das, sie orten zudem ein „starkes Abhängigkeitsverhältnis“ der Meinl
Bank von MEL.
www.derstandard.at
13.3.2008