--------------------------------------------------------------------- AKTUALISIERUNGS-HINWEIS Neu:
Weitere Zitate und Details nach der Pressekonferenz
---------------------------------------------------------------------
Der heimische Stahlkonzern
voestalpine bekommt die schwache Konjunktur und die Autokrise in Deutschland mit voller Wucht zu spüren.
Jetzt kommen auch noch die neuen US-Zölle hinzu. In den ersten drei Quartalen 2024/25 halbierte sich der
Gewinn nach Steuern gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 207 Mio. Euro, bei einem Umsatz von 11,7 Mrd.
Euro, wie der Konzern am Mittwoch bekanntgab. Seit 1. April wurden bereits 919 Jobs abgebaut - rund 300
davon in Österreich.
Die voestalpine ist laut Eigenangaben in mehr als 50 Ländern mit rund 500
Konzerngesellschaften vertreten. Der Personalstand verkleinerte sich seit Beginn des laufenden
Geschäftsjahres um 1,8 Prozent auf 50.670 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - das bedeutet um 919
Vollzeitarbeitsplätze weniger, 600 davon im Ausland, vor allem in Deutschland.
Personaleinsparungen laufen
"Wenn man sich drei Jahre in einer Rezession befindet, reagieren
wir als Management natürlich auf diese Marktgegebenheiten", erklärte Konzernchef Herbert Eibensteiner bei
der heutigen Online-Ergebnispräsentation vor Journalisten. "In der gesamten voestalpine gibt es natürlich
auch Personalmaßnahmen", sagte er und verwies auf den Abbau von Leasingpersonal, Überstunden und
Urlauben. Auch Teilzeitmodelle seien möglich. Im Böhlerwerk in Kematen an der Ybbs wurde die Arbeitszeit
bereits um 10 Prozent reduziert. "Das ist ein Teilzeitmodell, um die Mitarbeiter auch tatsächlich halten
zu können", so der CEO.
Die aufgezählten Maßnahmen seien auch für die nächste Zeit adäquat und
wesentlich. "Ich kann nicht ausschließen, dass es zu einzelnen Maßnahmen beim Stammpersonal kommen wird",
räumte der Konzernchef ein. In Österreich beschäftigt der Konzern rund 23.600 Mitarbeitende.
Kosten in der Gießerei in Linz werden gesenkt
"Die Gießerei in Linz ist die Firma mit dem
höchsten Personalkostenanteil und natürlich besonders anfällig für Konkurrenz und wir sehen, dass wir
dort Effizienzmaßnahmen brauchen werden - die arbeiten wir aus und werden sie im März auch tatsächlich
kommunizieren", sagte Eibensteiner auf Nachfrage.
"Gerade in Europa, unserem größten Markt,
sehen wir das dritte Jahr einer wirtschaftlichen Stagnation - wir glauben, dass wir den Boden dort
erreicht haben, sehen aber keinen Aufwärtstrend", erklärte der Voest-Chef.
Strategie "local
for local" wird vorangetrieben
Der Konzern treibe seine internationale Strategie "local for
local" in unterschiedlichen Unternehmensbereichen weiter voran - gemeint ist damit der Ausbau der
Vor-Ort-Produktion in den Abnehmerländern. "Die breite Aufstellung in unterschiedlichen Branchen und
Regionen hat etwas geholfen, die Schwächen in Europa zu dämpfen", sagte der CEO mit Blick auf den
Gewinneinbruch in den ersten drei Quartalen. "Deutschland ist ein wichtiger Markt für uns und auch ein
besonders schwieriger."
Deutlich schlechtere Ergebnisse
Das Ergebnis vor Zinsen und
Steuern (EBIT) des Konzerns verminderte sich um rund 44 Prozent auf 391 Mio. Euro. Das Betriebsergebnis
sei von negativen Einmaleffekten in Höhe von rund 170 Mio. Euro beeinflusst und beinhalte beispielsweise
einen Abwertungsbedarf im Zusammenhang mit dem Ende Jänner abgeschlossenen Verkauf der deutschen Buderus
Edelstahl, die Reorganisation inklusive Werksschließungen des Automotive-Components-Bereichs in
Deutschland und Bewertungseffekte des konzerneigenen Gasspeichers.
Prognose für Gesamtjahr
weiter gesenkt
Der Blick auf die kommenden Monate verspricht wenig Verbesserung. Deshalb fuhr
der Konzern seine EBITDA-Erwartungen für das gesamte Fiskaljahr von zuletzt 1,4 Mrd. auf 1,3 Mrd. Euro
ein weiteres Mal zurück. Das EBIT soll "in etwa 500 Mio. Euro" betragen. Im vorangegangenen Geschäftsjahr
2023/24 war das operative Ergebnis (EBITDA) bei einem Umsatz von 16,7 Mrd. Euro bereits von gut 2,5 auf
1,7 Mrd. Euro eingebrochen und der Betriebsgewinn (EBIT) von rund 1,6 Mrd. auf 569 Mio. Euro
zusammengeschmolzen.
Es gibt auch Lichtblicke: Besonders gut habe sich in den ersten neun
Monaten vor allem der Bereich Bahninfrastruktur entwickelt. Auch der Bereich Luftfahrt habe den
bestehenden Aufwärtstrend weiter fortsetzen können, so der Konzern. Im Geschäftsbereich Lagersysteme habe
die Nachfrage nach automatisierten Hochregallagern dank des Onlineshopping-Booms angehalten.
Exposure bei US-Zöllen von rund 300 bis 500 Mio. Euro
Für Nordamerika sind die Erwartungen
der voestalpine zweigeteilt: Die lokalen nordamerikanischen Standorte des Konzerns sollten weiterhin von
der guten Wirtschaftsdynamik profitieren, "wohingegen Exporte in die USA aufgrund der angekündigten Zölle
auf Stahlprodukte mit Unsicherheiten behaftet sind", so das Management. Konkret bezifferte Eibensteiner
das Exposure mit "2 bis 3 Prozent des Konzernumsatzes", also mit rund 300 bis 500 Mio. Euro.
Mehr als Hälfte des US-Umsatzes der voestalpine in Höhe von 1,8 Mrd. Euro werde ohnehin vor Ort
produziert und sei daher von den Zöllen nicht betroffen. Das soll auch noch weiter ausgebaut werden. Beim
Export von Produkten in die USA wird die Voest den Zollaufschlag, soweit möglich, an die Endkunden
durchreichen. "Aus Sicht der voestalpine sind diese Zölle managebar."
Der Konzern sieht die
Eskalation des Handelskonflikts "natürlich kritisch", betonte Eibensteiner. Die Maßnahme sei
"inflationstreibend und wachstumsdämpfend" und führe zu einer weiteren Schwächung der
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie. "Das heißt, die EU muss dringend Verhandlungen mit den
USA aufnehmen."
Clean Industrial Act sei größeres Problem als die US-Zölle
Das
größere Thema für Europa ist laut Voest aber der Clean Industrial Act. Wenn sich da auf EU-Ebene nichts
tue, sei das für Europa viel belastender als die US-Zölle. "Es ist höchste Zeit, in Brüssel und in Wien
die zahlreichen Papiere und Ankündigungen zur Wettbewerbsfähigkeit und Industriepolitik konkret
umzusetzen", sagte Eibensteiner zur APA. Andernfalls drohe eine weitere, dramatische Abwanderung der
europäischen Industrie und damit ein dauerhafter Verlust von gut bezahlten Arbeitsplätzen.