--------------------------------------------------------------------- AKTUALISIERUNGS-HINWEIS Neu:
Weitere Details und Zitate nach der Bilanzpressekonferenz
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Der Baukonzern Porr hat seine
Gewinne 2023 dank vieler Aufträge im Zuge der grünen Transformation und Energiewende ausgebaut. Unter dem
Strich blieben 95 Mio. Euro - um 15 Prozent mehr als im Jahr davor, wie das Unternehmen am Donnerstag
bekanntgab. Der Gewinn je Aktie legte um gut 34 Prozent von 1,65 auf 2,21 Euro kräftig zu. Von der
derzeitigen Flaute im Wohnbau ist die Porr weniger betroffen, da sie laut Eigenangaben nur zu etwa 10
Prozent in diesem Bereich tätig ist.
"In Österreich leidet der Wohnbau vor allem in Ein- und
Zweifamilienhausbau - das trifft natürlich das Gewerbe schwer", betonte Konzernchef Karl-Heinz Strauss in
der Bilanzpressekonferenz. Die Porr sei in diesem Segment nicht tätig - "eher im gemeinnützigen
großvolumigen Wohnbau". "Wir kalkulieren derzeit so viel wie nie - wir haben heuer schon erste Aufträge
für Wohnbau von Gemeinnützigen bekommen", berichtete der Konzernchef. Die Urbanisierung erfordere in den
Städten viel an Wohnungen. Bei der Knappheit sähen Wirtschaftsforscher "für 2025 bereits eine
Trendwende", glaubt der CEO an eine absehbare Entspannung der Situation.
2023 sei für die
Bauwirtschaft ein enorm spannendes und gleichzeitig herausforderndes Jahr gewesen. Auf der einen Seite
hätten positive Impulse in der Umwelt- und Energiepolitik das Baugeschehen dominiert. Auf der anderen
Seite habe die Branche besagten Rückgang im Wohnbau zu spüren bekommen, der aber bei der Porr mit zuletzt
rund 8 Prozent des Auftragsbestands untergeordnet sei.
Ausdrücklich begrüßt hat Strauss das
nunmehr geschnürte Wohnbaupaket der Regierung, vor allem die klare Widmungsverwendung für die Gelder. Die
mit 1,5 Prozent gedeckelten Zinssätze auf vier Jahre für Kredite im Zuge der Neubauförderung sähe er
allerdings gerne auf 20 oder 25 Jahre ausgedehnt. "Wohnbaupaket ja, richtige Maßnahmen ja, kann umgesetzt
werden - vorbehaltlich die Bürokratie in den Bundesländern macht das jetzt mit", vermerkte der Porr-Chef.
Das insgesamt 2,2 Mrd. Euro schwere Wohnbaupaket wurde gestern, Mittwoch, in großen Teilen im Nationalrat
beschlossen und beinhaltet 1 Mrd. Euro zur Förderung des gemeinnützigen Wohnbaus. Die Verteilung der
Gelder nach Bundesländern erfolgt nach Einwohnerstärke.
Die Produktionsleistung der Porr
erhöhte sich 2023 den Konzernangaben zufolge um fast 6 Prozent auf knapp 6,6 Mrd. Euro, der Umsatz um 4,5
Prozent rund auf 6,1 Mrd Euro. Über 95 Prozent der Leistung erziele das Unternehmen in den sieben
"Heimmärkten" Österreich, Deutschland, Polen, Tschechien, Slowakei, Rumänien und Schweiz. Fast die Hälfte
(45 Prozent) in Österreich, rund 25 Prozent in CEE. Auf Deutschland und Polen entfiel je mehr als 1 Mrd.
Euro. Weiters ist der Baukonzern auf sogenannten Projektmärkten tätig - dazu zählen derzeit Norwegen,
Doha (Katar) und Großbritannien, wo das Bauunternehmen bei der Bahnstrecke High Speed 2 zum Zug gekommen
ist. International beschäftigte die Porr im abgelaufenen Jahr im Schnitt 20.665 Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen, um 2,1 Prozent mehr als im Jahr davor.
Alleine die Bahnvorhaben in
Österreich und Deutschland sorgen laut Strauss auf Jahre hinaus für eine gute Auslastung der Baubranche
in diesem Bereich. Die ÖBB wollen demnach bis 2029 rund 21 Mrd. Euro in die Modernisierung und Sanierung
der Strecken investieren, die Deutsche Bahn plane bis 2030 ein Volumen von 90 Mrd. Euro ein. "Das wird
die ganze Bauindustrie in Europa auslasten." Weiters solle in Rumänien das Autobahnnetz von derzeit 1.000
auf 2.000 Kilometer ausgebaut werden und in Deutschland müssten 16.000 Autobahnbrücken saniert werden,
nannte Strauss weitere Beispiele für Infrastrukturprojekte. Über die EU stünden hier in Summe über 700
Mrd. Euro an Finanzierungsförderung zur Verfügung.
Zu den größten Neuaufträgen 2023 bei der
Porr zählte etwa das Baulos H53 des Brenner Basistunnels - das den Konzernangaben zufolge "größte Baulos
in der Geschichte Österreichs" mit einem Gesamtauftragswert von knapp 1 Mrd. Euro, das gemeinsam mit
einem ARGE-Partner durchgeführt werde. Im Bereich Infrastruktur habe die Porr wichtige Projekte im
Zusammenhang mit der Energietransformation gewonnen - etwa das 500 Mio. Euro schwere
Pumpspeicherkraftwerk Ebensee in Oberösterreich oder die Untertunnelung der Elbe für die leistungsstarke
Windstromleitung SuedLink in Deutschland, der Strom von der Nordsee nach Bayern liefern soll. "Den
wichtigsten Teil davon darf die Porr bauen, das ist die Untertunnelung der Elbe", so Finanzvorstand
Klemens Eiter. Im übrigen Hochbau bekam der Konzern unter anderem den Zuschlag für die Erweiterung des
Flughafens Wien-Schwechat und nahm auch die Renovierung und den Ausbau des Wien Museums vor.
Insgesamt vergrößerte sich der Orderpolster im abgelaufenen Jahr um 3 Prozent auf rund 8,5 Mrd. Euro.
Der Auftragseingang erhöhte sich um 2,7 Prozent auf 6,8 Mrd. Euro. "Das macht uns auch sicher für das
Jahr und das Jahr darauf, dass wir gut ausgelastet sind", sagte Strauss.
Die grüne
Transformation und die Energiewende lieferten im abgelaufenen Geschäftsjahr jedenfalls positive Impulse,
insbesondere im Tief- und Infrastrukturbau. "Ohne die Bauunternehmen und die Bauindustrie geht hier gar
nichts", ist sich Strauss hier weiterhin guter Aufträge für die Branche sicher. "Deshalb sind wir
zuversichtlich, dass wir in den nächsten vier, fünf Jahren gut ausgelastet sind."
Der 155
Jahre alte Baukonzern transformiert sich auch selbst - mittlerweile könne die Porr "bis zu 50 Prozent"
ihres Strombedarfs mit Eigenerzeugung via Photovoltaik decken. Für die Nachhaltigkeit wichtig sei auch
die lokale Beschaffung, die zu 80 Prozent innerhalb der Regionen erfolge. Weiters spielt Recycling eine
große Rolle - über 2 Mio. Tonnen Beton, Asphalt, Ziegel, etc. kommen dadurch wieder in den
Materialkreislauf. Im Herbst startete die Porr ihr erstes Gips-Recyclingwerk, da die Ablagerung von Gips
bald verboten sein wird.
Die Porr bekennt sich zu Nachhaltigkeit bzw. ESG (Umwelt- und soziale
Governance). Das kürzlich beschlossene EU-Lieferkettengesetz, das "ante portas steht", stößt bei Strauss
wegen der schwierigen Umsetzbarkeit auf Vorbehalte. "Zu glauben, dass wir fünf Ketten verfolgen können -
das hinterfragen und prüfen -, wie das genau gehen soll, werden wir sehen." Das Gesetz sei "eine
Selbstknebelung der Wirtschaft". "Das ist wieder einmal typisch europäisch und wahrscheinlich auch
österreichisch, dass wir Gold Plating machen." Er sieht darin eine Übererfüllung von EU-Mindeststandards.
"Wir haben das Thema immer schon ernstgenommen und ich glaube, das hätte auch gereicht", so der CEO. "Wir
stehen natürlich dazu", betonte Strauss. Das Gesetz sei beschlossen, nun seien die konkreten Verordnungen
abzuwarten. "Aber es schafft schon wieder Bürokratie, Lähmung in gewissen Bereichen." Für allfällige
Fehler in der Lieferkette haften laut Strauss die Geschäftsführer persönlich. "Das ist keine
Kleinigkeit."
Im Zuge des österreichischen Baukartells, in das die Porr gemeinsam mit
zahlreichen weiteren Baufirmen verwickelt war und im Herbst 2021 eine rund 62 Mio. Euro hohe Strafe wegen
illegaler Preisabsprachen zwischen 2002 und 2017 ausgefasst hat, gehe es jetzt um die
Schadenersatzforderungen. "Wir sind ganz klar für einen Generalvergleich, weil viele Trittbrettfahrer
daraus ein Geschäftsmodell machen wollen", erklärte Strauss. "Gemeint sind all die Anwaltskanzleien und
Prozessfinanzierer, die aus diesem Thema Kapital schlagen möchten", präzisierte der Konzernchef. "Wir
arbeiten an einem konkreten Vorschlag und ich persönlich bin positiv eingestellt, dass wir das schaffen -
im Interesse aller, dass hier nicht jahrzehntelang Prozesse geführt werden müssen."
Finanziell
sieht sich die Porr gut aufgestellt: Zusätzlich habe sich die Eigenkapitalquote zum Stichtag 31. Dezember
2023 um 1,5 Prozentpunkte auf 20,8 Prozent verbessert. Der Konzern verfüge nach wie vor über "einen
komfortablen Liquiditätspolster". Die Liquiditätsreserven hätten per Ende 2023 über 1 Mrd. Euro erreicht.
Das seien sogar 25 Prozent der Bilanzsumme, empfohlen seien 20 Prozent, betonte Finanzchef Eiter. "Wir
haben unsere Finanzschulden auf lange Sicht refinanziert - wir brauchen bis 2028 keine Refinanzierung
mehr, das heißt, wir sind unabhängig von den Entwicklungen, die am Kreditmarkt jetzt stattfinden", hielt
er fest.
Angesichts gut gefüllter Auftragsbücher rechnet das Management für 2024 "trotz eines
volatilen Umfelds" mit einer moderaten Leistungssteigerung sowie einer weiteren Verbesserung des
Betriebsergebnisses. Das erste Quartal 2024 bestätige diese Erwartungen. "Wir haben gute Aufträge, wir
haben Rohstoffquellen gekauft, wir kaufen kleinere Unternehmen - große Übernahmen oder andere Abenteuer
können wir ausschließen." Sollte sich die geopolitische Situation verschärfen, könnte dies negative
Auswirkungen auf die Porr und ihre Geschäftstätigkeit haben. "2023 war ein erfolgreiches Jahr, 2024 wird
besser, wenn nichts Schlimmes passiert", resümierte Strauss.