Pfeifen im Walde.
Austriacard-Chef: Bankomatkarten werden auch in Zukunft gebraucht
Kontos: Trend zu digitalen Zahlungen über "Wallets", physische Karten werden aber auch in Zukunft
Anwendung finden - Austriacard Holdings seit 2023 in Wien börsennotiert - Expansion geplant
Der Chef der Austriacard Holdings, Manolis Kontos, erwartet nicht, dass das klassische Bankomat- und
Kreditkartengeschäft in den nächsten Jahren von der Bildfläche verschwinden wird. Zwar gehe bei Zahlungen
wie in vielen Bereichen der Trend in Richtung Digitalisierung, die "Menschen werden aber in Zukunft
weiter von physischen Karten Gebrauch machen", zeigte er sich im Gespräch mit der APA überzeugt. Was sich
ändere, seien die Bedürfnisse und damit das Nutzungsverhalten.
So werde seitens der Konsumenten
immer mehr auf schnelles und unkompliziertes Bezahlen Wert gelegt, etwa via digitalen Karten auf
sogenannten "Wallets". Dies vor allem in Teilen Mittel- und Nordeuropas, wo ohnehin schon elektronische-
und Kartentransaktionen das bevorzugte Zahlungsmittel seien und Bargeld nur mehr eine geringfügige Rolle
spiele. Für viele Personen wird das die Kartenzahlung unattraktiv machen, glaubt Kontos, der aber zu
bedenken gibt, dass das physische Produkt den Konsumenten auch eine bekannte Alternative biete und damit
eine bestimmte Sicherheit gebe. Bankomatkarten würden daher mittelfristig gewiss nicht vollständig vom
Markt verschwinden, selbst wenn sie weniger genutzt werden sollten.
Wachstumsmöglichkeiten für
das Kartengeschäft
Kontos machte ebenso darauf aufmerksam, dass die Verbreitung von Karten in
den verschiedenen Teilen der Welt sehr unterschiedlich ausgeprägt sei. In Afrika etwa seien viele
Menschen nach wie vor "underbanked", sprich ohne Konto und damit auch ohne Bankomatkarte. "Es bestehen
also immer noch Entwicklungs- und Wachstumsmöglichkeiten für das Kartengeschäft." Den Geldhäusern
wiederum werden Karten künftig mehr als Marketing-Instrument dienen, sollten sie weniger physische Karten
ausstellen, glaubt der Manager, seit heuer CEO des Konzerns. Zu beobachten sei dies vor allem bei
Neo-Banken wie N26 oder Revolut sowie aufstrebenden Finanztechnologieunternehmen ("Fintechs"), die ihren
Bekanntheitsgrad steigern wollen.
Mit Neo-Banken kommt die Austriacard Holdings, die ihren
Hauptsitz in Wien hat, regelmäßig in Berührung; sie gehören zum engeren Kundenkreis des
Kartenherstellers, dessen Portfolio neben Bankomat- und Kreditkarten unter anderem auch Personalausweise
sowie die österreichische E-Card als großes Vorzeigeprojekt umfasst. Sich selbst versteht das Unternehmen
allerdings mehr als Anbieter umfassender digitaler Sicherheitstechnologien mit diversen Anwendungen -
denn die Dienstleistungen gehen über das Herstellen und Personalisieren von Karten hinaus, wie Kontos
erklärt.
Austriacard als digitaler Dienstleister
"Was uns von anderen
Kartenherstellern unterscheidet, ist vor allem unser technisches Wissen in Bezug auf das operative
System, also den Chip der Smart-Karten." Beispielsweise kooperiere man eng mit Chip-Herstellern wie
Infineon, denen man technische Inputs zur Software liefere und ihnen damit die Weiterentwicklung ihrer
eigenen Chips ermögliche, etwa in Bezug auf Sicherheitsfeatures. Ähnliche Services biete man den Banken,
die ihre Karten von Austriacard beziehen. Diesen stelle man beispielsweise Analysedaten in Bezug auf das
Nutzungsverhalten der Konsumenten zur Verfügung, was den Banken wiederum ermögliche, ihr Angebot an
spezifische Kundenbedürfnisse anzupassen.
Die Austriacard Holdings, seit 2023 in Wien und
Athen börsennotiert, sieht sich aufgrund dieser technologischen Ausrichtung für die digitalen Umwälzungen
in der Zahlungsbranche vorbereitet, zumal sie die Umsätze nicht aus der Verwendung, sondern aus der
Herstellung der Karten und aus den erwähnten digitalen Services generiert. In der Banken- und
Zahlungsbranche erkennt Kontos ebenso wie beim Nutzerverhalten einen Umbruch: Derzeit drängten viele
Akteure auf den Markt, die mit neuen Funktionalitäten aufwarten - wie etwa vor einigen Jahren Paypal.
Austriacard werde daher den Fokus auch in Zukunft verstärkt auf digitale Dienstleistungen legen.
Mit der 2023 erfolgten Börsennotierung in Wien will die Austriacard Holdings, die heute über
2.500 Mitarbeiter beschäftigt, nach den Worten von Kontos ein "Signal an die lokalen Partner und die
finanzielle Community senden", um hierzulande an Popularität zu gewinnen und seine starke Verankerung in
Österreich zu untermauern. In Wien sitzt beispielsweise das größte Produktionszentrum der Gruppe, selbst
wenn die Personalisierung von Karten dezentral erfolgt und das Unternehmen auch sonst in vielen anderen
Ländern Europas operativ tätig ist.
Weitere Expansion geplant
Ihre Wurzeln hat die
heutige Austriacard Holdings im griechischen Unternehmen Inform, das im Jahr 1897 gegründet wurde, sich
1981 als IT-Unternehmen etablierte und 1994 an der Börse in Athen gelistet wurde. 2007 kaufte sie die
Mehrheit an der österreichischen Austriacard, damals Tochter der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB),
ehe sie nach weiteren Expansionsschritten mit der Börsennotierung in Wien parallel zu Athen zur
Austriacard Holdings verschmolz.
Ziel der Gruppe sei es, sich ausgehend von Wien weiter
international zu etablieren, so Kontos. So verfolgt das Unternehmen etwa Expansionspläne in den USA, im
Vereinigten Königreich, aber auch in Afrika. Was die Kartennutzung und Digitalisierung von Transaktionen
in Österreich betrifft, sieht Kontos eine "langsam vorangehende Entwicklung", wobei er auch hier - trotz
des hohen Stellenwerts von Bargeld in der Bevölkerung - mit einem Schwung in Richtung Kartenzahlung und
Digitalisierung rechnet.