Frequentis durch Mattersburg-Affäre bis Juni mit 23 Mio. Euro Verlust
Nach 2,4 Mio. Euro Minus
ein Jahr davor - Verlust auch im Gesamtjahr - Orderstand wuchs um ein Viertel auf 445 Mio. - Umsatz bei
132 Mio. Euro gehalten - 2020 Unwägbarkeit wegen Corona
Die börsennotierte Wiener
Technologiefirma Frequentis ist durch die Mattersburger Commerzialbank-Affäre im ersten Halbjahr stark in
die Verlustzone gerutscht. Insgesamt verlor Frequentis dort fast 31 Mio. Euro Einlage, wovon sich samt
Steuereffekt 23,2 Mio. niederschlugen. Dadurch weitete sich der Verlust von 2,4 auf 23,4 Mio. Euro aus.
Operativ hielt man den Umsatz und baute den Auftragsstand aus.
Der Umsatz im Halbjahr blieb mit
132,3 (132,4) Mio. Euro unverändert, das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) stieg
auf 6,0 (2,4) Mio. Euro, und die EBITDA-Marge verbesserte sich auf 4,5 (1,8) Prozent.
Das
Betriebsergebnis (EBIT) sei - entsprechend dem üblichen unterjährigen Geschäftsverlauf - auch heuer mit
-1,0 (-3,9) Mio. Euro weiter negativ, die EBIT-Marge betrug -0,7 (-2,9) Prozent, teilte Frequentis am
Dienstag mit. Im Gesamtjahr 2019 war das EBIT mit 17,2 Mio. Euro positiv gewesen, unterm Strich standen
12,5 Mio. Nettogewinn.
Das Eigenkapital wird mit 94,1 (103,1) Mio. Euro beziffert, die
Eigenkapitalquote mit 36,5 (40,3) Prozent, das Nettoguthaben mit 51,2 (64,7) Mio. Euro. Beschäftigt
wurden im Schnitt 1.890 (1.853) Mitarbeiter. Frequentis notiert seit Mai 2019 an den Börsen Frankfurt und
Wien.
Ohne die Auswirkungen der Wertminderung der - verlorenen - Frequentis-Einlagen von 30,9
Mio. Euro bei der burgenländischen Commerzialbank Mattersburg hätte das Konzernergebnis im ersten
Halbjahr -0,2 Mio. Euro betragen, heißt es. Von den 30,9 Mio. Euro entfielen u.a. 10 Mio. Euro auf
langfristige Termingelder, 8 Mio. Euro auf kurzfristige Termingelder und 12,7 Mio. Euro auf täglich
fällige Bankguthaben. In der Causa habe man ein Anwaltsteam engagiert, das alle rechtlichen Möglichkeiten
prüfe. Es gehe um eine mögliche Geltendmachung und Verfolgung potenzieller Ansprüche gegen involvierte
Rechtsträger, Organisationen und Personen. Zudem wurden entsprechende Forderungen im
Commerzialbank-Konkursverfahren geltend gemacht.
Bei der Bank wurden bekanntlich
jahrelang Bilanzen gefälscht. Seit Juli ist die Bank behördlich gesperrt, die meisten höheren Einlagen
sind überwiegend verloren, nur bis zu 100.000 Euro deckt im Regelfall die Einlagensicherung ab. Auch
andere Unternehmen hatten Gelder in Höhe von jeweils rund 30 Mio. Euro verloren. Der Gesamtschaden durch
die Commerzialbank dürfte jedenfalls bei mehr als einer halben Milliarde Euro liegen.
Die
Einlagen-Wertminderung durch die Commerzialbank-Insolvenz habe keine Auswirkungen auf Kunden,
Lieferanten, laufende Projekte, Mitarbeiter oder M&A-Aktivitäten - das operative Geschäft geht in
gewohntem Umfang weiter, betont Frequentis. Aufgrund der Wertminderung wird aber von einem negativen
Konzernergebnis auch für das Gesamtjahr 2020 ausgegangen, wie es im Ausblick heißt.
Mit
Covid-19 seien Risiken verbunden, das laufende Jahr berge daher weiterhin Unwägbarkeiten. Die genauen
Auswirkungen auf die Kosten (z. B. Reisekosten), die Projektabnahmen, die Lieferketten, die zur Verfügung
stehenden Budgets und die potenzielle Verschiebung von Investitionen ließen sich nicht verlässlich
abschätzen.
Trotz der nicht prognostizierbaren weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie
"strebt Frequentis danach, den Umsatz und den Auftragseingang im Gesamtjahr 2020 in etwa zu halten, wenn
nicht zu steigern". Um trotz Reisebeschränkungen neue Aufträge zu akquirieren, habe man die Initiative
"Sales Goes Digital" gestartet.
Zum operativen Geschäftsverlauf erklärte
Frequentis, dass von den 132,3 Mio. Euro Halbjahresumsatz 89,9 Mio. Euro (-2,9 Prozent) auf das Segment
Air Traffic Management und 42,3 Mio. Euro (+6,4 Prozent) auf das Segment Public Safety & Transport
entfielen. Nach Regionen entfielen im Halbjahr 64 (58) Prozent der Erlöse auf Europa, 17 (20) Prozent auf
Amerika, 13 (14) Prozent auf Asien, 4 (6) Prozent auf Australien/Pazifik, 1 (2) Prozent auf Afrika.